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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2011/0094
Goullon starb am 10. August 1839 in Weimar und wurde auf dem Historischen Friedhof vor der
Fürstengruft zur letzten Ruhe gebettet.17 Angeblich sollen, so wird berichtet, noch heute die
Weimarer Köche am Geburtstag des Gastronomen (1. Oktober) dessen Grab mit Blumen ehren.18
Doch wir haben mit unseren Ausführungen zur Geschichte der Weimarer Familie Ortelli
bereits weit vorgegriffen. Kehren wir nochmals zurück zum Livre de Commission der Jahre
1782/83, so müssen wir nur wenige Seiten zurückblättern, um unter den Einträgen, die verschiedene
Kunden in Kassel betreffen, auch einen M.r Le Goullon ausfindig zu machen, der von
Seiinger als Traiteur bezeichnet wird und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit
jenem Frangois Le Goullon gleichzusetzen sein dürfte, der als Vater des Weimarer Hofkochs
noch rund sechs Jahre nach dem Wegzug seines ältesten Sohnes als Traiteur und Weinhändler
im „Hotel de la Place Royale" wirkte.19 Dass Le Goullons am Kasseler Königsplatz gelegene
Lokalität nicht nur eine exzellente, sondern auch eine sehr bekannte Adresse gewesen sein muss,
bezeugt der Umstand, dass auch Goethe hier mehrfach einkehrte.20 Mehr noch: Seiner im
Dezember 1792 erfolgten Ankunft auf dem damals von ihm als prächtig und tageshell empfundenen
Königsplatze an dem wohlbekannten Gasthofe, die freilich nicht ganz ungestört verlief,

Ergänzend sei bemerkt, dass Le Goullon drei Fachbücher verfasst hat: 1809 „Der elegante Theetisch oder die
Kunst, einen glänzenden Zirkel auf eine geschmackvolle Art ohne großen Aufwand zu bewirten" (Weimar), 1821
das „Kochbuch für die vornehmen Herrschaften" (Leipzig) und 1829 „Der neue Apicius oder Die Bewirthung vornehmer
Gäste" (Weimar) (vgl. Ragwitz [wie Anm. 14], S. 274). „Der elegante Theetisch" wurde 1988 in Leipzig
nachgedruckt (als Neuausgabe der 4., verbesserten und vermehrten Auflage, Weimar 1829), und auch „Der neue
Apicius" liegt inzwischen (als Bd. 8 der Reihe „Klassische Kochkunst") als Nachdruck vor (hg. von Manfred
Lemmer. Mit einem Nachwort von Hans und Renate Henning, München 1984). Übrigens ist auch Le Goullons
Gattin Johanna als Buchautorin hervorgetreten: 1825 erschien ihr Werk „Der Führer durch Weimar und dessen
Umgebung. Zum Nutzen der anwesenden Fremden und zur Angenehmen Rückerinnerung für alle die, welche einst
hier waren" gleich in zwei Auflagen. Hierzu siehe Seifert (wie Anm. 4), S. 297 (mit Exemplarnachweisen auf S.
310, Anm. 61).

Hierzu siehe etwa Sucher/Wurlitzer (wie Anm. 5), S. 119.

Seiinger lokalisiert Le Goullon denn auch konsequenterweise sur La place R.ale a La poste ä Cassel. Diese Angabe
bezieht sich auf den 1767/68 von dem Kasseler Oberhofmeister und Architekten Simon Louis du Rys (1726-1799)
als Verbindungsglied zwischen Altstadt und Oberneustadt angelegten Königsplatz, an dem auch die sogenannte
„Alte Post" stand, die mit Le Goullons Lokal verbunden war. Die Identität des 1783 genannten Kasseler Traiteurs
mit dem Vater des Weimarer Kochs ergibt sich überdies aus dem Aufgebots- und Heiratsschein, der im Zuge der
1787 erfolgten Eheschließung zwischen Francois Rene Le Goullon und Johanna Christiana Antonetta Ortelli
gefertigt wurde. Im Text dieser Verlautbarung heißt es nämlich ausdrücklich: Es sind auch christliche Personen
vorhanden welche nach göttlicher Fügung in den Stand der heiligen Ehe zu treten sich entschloßen und werden
daher öffentlich prodamiret [sie! Gemeint ist wohl proclamiret, d.h. ,in amtlicher Form bekannt gemacht'] und
aufgeboten zum 3ten male Herr Renee Francois le Goullon, Fürstl. Säch.sch. Mundkoch allhier, Herrn Francois
le Goullon, Traiteurs und Weinhändlers im Hotel de la Place Roial zu Caßel, eheleiblicher ältester Herr Sohn, und
Jungfer Johanna Christiana Antonetta Ortelli, Herrn Stephan Andreas Ortelli, Italienischen Kaufmanns allhier
eheleibliche älteste Jungfer Tochter. Zitiert nach Seifert (wie Anm. 4), S. 296 (mit Nachweis des
Aufbewahrungsortes auf S. 309, Anm. 54).

Für Goethe sind insgesamt vier längere Aufenthalte in Kassel bezeugt, die mit Le Goullons Lokalität in Verbindung
gebracht werden: 14.-16. September 1779 (Beginn der 2. Schweizer Reise), 2.-5. Oktober 1783 (2.
Harzreise), Ende Dezember 1792 (auf der Rückreise von Münster) sowie 15.-21. August 1801 (auf der Rückreise
von Pyrmont). Zu diesen persönlichen Besuchen gesellen sich noch Beziehungen zu mehreren Kasseler Künstlern
, Architekten und den Brüdern Jacob (1785-1863) und Wilhelm Grimm (1786-1859), die hier von 1814 bis
1830 als Bibliothekare tätig waren. Hierzu siehe von Wilpert (wie Anm. 7), S. 552 (mit Literatur). Der soeben
erwähnte letzte Aufenthalt Goethes (im August 1801) führte den Dichter u.a. mit seiner späteren Frau Christiane
Vulpius (1765-1816) zusammen. Hierzu siehe etwa Robert Steiger: Goethes Leben von Tag zu Tag. Eine dokumentarische
Chronik, Bd. 4: 1799-1806, Zürich/München 1986, S. 220, sowie neuerdings Klauss (wie Anm. 6),
S. 98. Weiter: Conrady (wie Anm. 13), S. 289f. Die im Zusammenhang mit dem Aufenthalt erhaltenen Quellen
bezeugen die von Goethe verwendete Bezeichnung der Lokalität als Posthaus am bzw. auf dem Königsplatz. Zu
Goethes Beziehungen zu Kassel siehe immer noch Edward Schröder: Goethes Beziehungen zu Kassel und zu
hessischen Persönlichkeiten, in: Zeitschrift des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde 52 N.F. 42
(1919), S. 21-36.

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