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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2011/0111
Selbst im Zeitalter der Eisenbahn waren solch ausgedehnte Reisen äußerst anstrengend.
Bereits die Fahrt von Berlin nach Freiburg hatte über 19 Stunden gedauert. Die „Freiburger
Zeitung" schrieb dazu nach Liszts Ankunft am 29. April: Um so mehr bleibt zu bewundern, daß
unser fast siebenzigjähriger Meister, dem die dichten, bis auf die Schultern herabhängenden
Locken das zwar alters gefurchte, aber dafür nur um so freundlicher und milder dreinblicken-
de, durchgeistigte Antlitz umrahmen, - daß der Meister jenen Reisestrapazen sich so völlig
gewachsen zeigte.

In Freiburg wohnte Liszt als Gast in der Villa des Fabrikanten Jeremias Risler in der
Hildastraße.19 Nachdem er am Abend noch den Proben zu seinem Oratorium „Christus" beigewohnt
hatte, besuchte er am nächsten Morgen bereits um sechs Uhr die Heilige Messe im
Münster. Seitdem er 1865 in Rom die niederen Weihen empfangen hatte, gehörte dies zu seinen
geistlichen Pflichten.

Am folgenden Tag, dem 1. Mai, stand zunächst ein Konzert des Kapellmeisters Hlawatsch
aus St. Petersburg auf dem Programm, welcher auf einem neu konstruierten „Concert-
Harmonium" im Saal der Museums-Gesellschaft in der Münsterstraße ein umfangreiches
Repertoire darbot, dabei u.a. Wagners „Lohengrin"-Vorspiel, Rossinis „TelF'-Ouvertüre, und
zahlreiche für Klavier gesetzte Stücke von Schumann, Bach, Beethoven und Chopin.2®

Im Lauf des Tages besuchte Liszt u.a. den Pastoraltheologen Alban Stolz und ließ sich von
Heinrich von Langsdorff in dessen Atelier gegenüber dem Hauptbahnhof fotografieren (Abb.
2).21 Am Abend folgte dann der Höhepunkt des Musikfestes, die Aufführung von Liszts
Oratorium „Christus" in der Kunst- und Festhalle. Bereits im Jahr 1878 hatte Dimmler in
Freiburg Liszts Oratorium „Die heilige Elisabeth" aufgeführt. Der „Christus" war eine der
umfangreichsten Kompositionen Liszts, an der er fünfzehn Jahre gearbeitet hatte. Für die
Aufführung des monumentalen, dreistündigen Werkes wurden zwei Chöre aus Baden-Baden
und Lahr nebst Verstärkung durch eine bedeutende Anzahl hiesiger tüchtiger Gesangskräfte
aufgeboten. Das Orchester vereinigte Musiker aus Basel, Baden-Baden und Freiburg. Als der
Komponist in der Festhalle eintraf, wurde er mit Orchestertusch und begeistertem Beifallsgruß
des Publikums empfangen. Über die Qualität der nachfolgenden Aufführung urteilte die
Tagespresse: Wiewohl das Werk namentlich an den Chor und das Orchester weitgehende
Anforderungen stellt, wurde den letzteren doch in bester Weise Genüge geleistet. Daher sprach
man die Überzeugung aus, dass für die kunstverständigen Einwohner ... die Aufführung des
„ Christus " stets eine Quelle freudiger, genussreicher Erinnerung bleiben würde. Nach dem
Konzert folgte ein Festbankett im Hotel „Zähringer Hof beim Haupbahnhof.22

Das Musikfest nahm am folgenden Tag seinen Fortgang mit einem reinen Liszt-Konzert in
der Festhalle. Auf dem umfangreichen Programm23 standen die Symphonische Dichtung
„Tasso", „Hymne de l'enfant ä son reveil" für die außergewöhnliche Besetzung Frauenchor,
Harmonium und Harfe, das Impromptu Fis-Dur, die „Spanische Rhapsodie", das Zweite
Klavierkonzert in A-Dur sowie die Fantasie über Beethovens „Die Ruinen von Athen" mit
Liszts Schüler Bertrand Roth als Solisten. Daneben trugen die Gesangssolisten des Vorabends
einige Lieder vor, darunter den „Sonnengesang des Hl. Franziskus" für Bariton und Orchester,

Heute Landsknechtstr. 4. Ein jüngerer Verwandter von Jeremias Risler, der in Baden-Baden geborene Edouard
Risler, wurde später ein gefeierter Pianist. Er war ein enger Freund von Hermann Dimmler und durch seine Ausbildung
bei Bernhard Stavenhagen und Eugene d'Albert Enkelschüler von Liszt (vgl. Gilles Saint-Arroman:
Edouard Risler [1873-1929] et la musique francaise, Paris 2008).
Freiburger Zeitung vom 4.5.1881, Nr. 103.

Vgl. das Tagebuch des Jeremias Risler, Stadtarchiv Freiburg (StadtAF), Kl/100a Nr. I, 2, S. 119.

Vgl. Breisgauer Zeitung vom 3.5.1881, Nr. 102.

Zum Programm vgl. Breisgauer Zeitung vom 8.5.1881, Nr. 107.

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