Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2011/0121
Adelheid Steinmann war um 1890 zusammen mit ihrem Mann, der damals auf einen Lehrstuhl
berufen wurde, nach Freiburg gezogen. Spätestens nachdem ihr 1887 geborener einziger Sohn
Gustav zur Schule ging und damit nicht mehr ihrer vollen Aufmerksamkeit bedurfte, begann
Adelheid Steinmann, sich mit großem Engagement für die Frauenbildungsbewegung einzusetzen
. 1897 wurde sie Schatzmeisterin des Ortsverbandes „Frauenbildung-Frauenstudium". Dies
war die Freiburger Zweigstelle des schon erwähnten Vereins „Frauenreform", der in Karlsruhe
das Mädchengymnasium eingerichtet und sich kurz zuvor umbenannt hatte, um sein wesentliches
Anliegen, die Frauenbildung, schon im Namen zu führen.

Es ist davon auszugehen, dass sie als Professorengattin über den Stand der Diskussionen um
das Frauenstudium genauestens im Bilde war. Tatsächlich hatte der Freiburger Prorektor Heinrich
Rosin im selben Jahr 1897, als Adelheid Steinmann ihre erste Funktion im Verein übernahm
, eine in Deutschland einmalige Initiative gestartet und alle Universitätsleitungen im
Reich um Auskunft über die jeweilige Haltung zur Einführung des Frauenstudiums gebeten.17
Inzwischen hatte auch das Kultusministerium in Karlsruhe verlauten lassen, dass es ernstlich
mit dem Gedanken spiele, den für 1899 erwarteten ersten Abiturientinnen des dortigen Mädchengymnasiums
das gleichberechtigte Universitätsstudium zu erlauben.18 Bislang nämlich lag
es in der Entscheidung jedes einzelnen Professors, ob er gewillt war, Frauen zu seinen Vorlesungen
zuzulassen - und das nur als geduldete Hörerinnen ohne Anspruch auf ein staatlich
anerkanntes Examen und immer mit dem Risiko verbunden, wegen einer Stimmungsschwankung
ihres Professors unvermittelt wieder ausgeschlossen zu werden.19

Rosins Umfrage ergab, dass neben Marburg und Gießen die Freiburger Universität als eine
der wenigen zumindest partiell bereit war, das Frauenstudium zuzulassen, allerdings keinesfalls
im Alleingang.20 Gemeinhin wird der Jurist wegen dieser Umfrage als Förderer des Frauenstudiums
gefeiert.21 Da ist freilich Vorsicht geboten: Nachdem aus Karlsruhe eindeutig signalisiert
worden war, dass den Abiturientinnen die Hochschulen des Großherzogtums nicht länger
versperrt werden dürften, war schnelles Handeln zwingend erforderlich: Wie anders als mit
einer quasi wissenschaftlichen Erhebung konnte man die Regierung davon überzeugen, dass ihr
Alleingang in puncto Frauenstudium nur im Desaster enden konnte? Die Schreckensvision
„Frauenuniversität", in den Augen der Männer einen rapiden Verlust an wissenschaftlicher
Reputation nach sich ziehend, hatte sich in vielen Freiburger Professorenköpfen festgesetzt und
dominierte die Diskussion auch noch, als Rosins Nachfolger Gustav Steinmann 1899 das
Prorektorenamt übernahm.22 Er befand sich damit an der Spitze der universitären Hierarchie,
denn das Prorektorenamt entsprach dem heutigen Rektorenamt - der (Stellvertreter-)Titel
wurde deshalb verwendet, weil der Rektorentitel traditionell dem Großherzog vorbehalten war.

Sicherlich wird sich Steinmann mit seiner Frau über die Frage der Einführung des
Frauenstudiums an seiner Universität ausgetauscht haben, und so dürfte sie über die Haltung

Vgl. Scherb (wie Anm. 6), S. 34-36.

Als im Frühjahr 1897 Margarete Heine in Heidelberg vorstellig wurde und dort ihr extern an einem deutschen
Gymnasium erworbenes Abiturzeugnis vorlegte, befürwortete das Kultusministerium für derartige Ausnahmefälle
die Immatrikulation, konnte sich aber gegenüber der Universitätsspitze nicht durchsetzen. Kultusministerium
an Immatrikulationskommission in Heidelberg, 8.5.1897 (Abschrift), und Kultusministerium an Senat der Universität
Freiburg, 10.6.1897, Universitätsarchiv Freiburg (UAF), B 37/541; siehe auch Scherb (wie Anm. 6), S.
33f.

Vgl. Scherb (wie Anm. 6), S. 32f.

Zusammenstellung der an den deutschen Universitäten bestehenden Einrichtungen und Anschauungen betreffend
das Frauenstudium, 29.1.1898, UAF, B 37/541.

Vgl. Margit Lemberg: Es begann vor hundert Jahren. Die ersten Frauen in Marburg und die Studentinnenvereinigungen
bis zur „Gleichschaltung" im Jahre 1934, Marburg 1997, S. 56-64.

Vgl. Alexander Hollerbach: Heinrich Rosin, in: Freiburger Universitätsblätter 137 (1997), S. 137-141, hier S.
139.

121


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2011/0121