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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2011/0164
der heiligen Katharina gestiftet, damit die Heilige zu den im Münster versammelten Gläubigen
gehöre und zu ihnen spreche. Andere Fenster erinnern an Bergleute, die unter Gefahren für
Gesundheit und Leben im Schauinsland silberhaltige Erze gefördert und damit zur Finanzierung
des Münsterbaus beigetragen haben.16 Unverfänglich scheinende Szenen im Rundfenster des
nördlichen Querhauses deuten Spannungen an, die das Christentum wiederholt fast zerrissen
haben: Uber die ewige Seligkeit soll nicht der Besuch des Gottesdienstes, erst recht nicht der Bau
von Kirchen entscheiden, sondern das Verhalten dem Bedürftigen gegenüber; denn der Weltenrichter
wird einst sprechen: Ich war hungrig, durstig, nackt, fremd, krank, eingesperrt - und
wo wart ihr?! „Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr für mich
getan ... Was ihr für einen dieser Geringsten nicht getan habt, das habt ihr auch für mich nicht
getan."17

Aus der großen Zahl weiterer Gedenkorte am und im Münster sei eine Glocke hervorgehoben.
Die Inschrift auf der ,Hosanna' bezeugt mit dem Datum des Gusses, dem 18. Juli 1258, einmal
mehr das Streben nach zeitlich genauer Bestimmung. Hinzugesetzt sind fordernd klingende
Gebete, die ihr Klang zum Himmel tragen soll: O REX GLORIE VENI CUM PACE („O König
der Herrlichkeit, komm mit Frieden!"); ME RESONANTE PIA POPVLO SVCVRRE MARIA
(„Wenn ich ertöne, wie es Gott gefällt, dann komm dem Volk zu Hilfe, Maria!"). Mehrfach
haben die Freiburger ihre ,Hosanna' unter hohen Opfern ausgelöst; noch in den Weltkriegen
sollte sie der Rüstung dienen. Aus heutiger Sicht unbegreiflich: Zu einer Zeit, da die schlimmste
Not schon überwunden war, 1959, wollte man die 701 Jahre alte Zeugin einschmelzen.18

Erinnerungen an städtisches Leben im Mittelalter

In den Stein geritzte und sogar datierte Maße am Hauptportal zeigen, wie die Bürgerkirche19 in
den Alltag eingebunden war: Durch Vergleich konnte man prüfen, ob das auf dem nahen Markt
(heute Kaiser-Joseph-Straße) gekaufte Brot die vorgeschriebene Größe, ein Stück Stoff die
erwartete Länge hatte.20

Wie in ländlichen Gemeinden noch heute, so bildeten einst auch in Freiburg die Pfarrkirche
und in ihrer unmittelbaren Nähe der Friedhof eine Einheit. An beiden Orten schlössen die
Lebenden die Verstorbenen in ihr Gebet ein. Zum Friedhof gehörten auf der Nordseite des
Münsters ein Beinhaus und darüber die Andreaskapelle. Steine sind so in das Pflaster eingelassen
, dass die Umrisse des einstigen Gebäudes deutlich werden.21

Vgl. jetzt das imposante Werk von Rüdiger Becksmann: Die mittelalterlichen Glasmalereien in Freiburg im
Breisgau (Corpus Vitrearum Medii Aevi, Deutschland II, Baden/Pfalz, Teil 2, Bd. 1 und 2), Berlin 2010, S. 290-
306 zum Katharinenfenster, S. 279, 347f. und 350 zum Bergbau. Die Bergbauszenen sind auch abgebildet in:
Haumann/Schadek (wie Anm. 10), Bd. 1, S. 177 und 340f.

Mt 25, 34-46, die Zitate 35f. und 42f. Abgebildet in: Becksmann (wie Anm. 16), S. 135-146; Ulrich P. Ecker:
Bettelvolk, Aussätzige und Spitalpfründner. Armut und Krankheit als zentrales Aufgabenfeld der Stadtverwaltung,
in: Haumann/Schadek (wie Anm. 10), Bd. 1, S. 468-500, hier S. 469.

Kurt Kramer: Ein klangvolles Jubiläum. 750 Jahre Hosanna, in: Münsterblatt. Jahresschrift des Freiburger
Münsterbauvereins 15 (2008), S. 26-30, hier S. 28.
Bischofskirche, Kathedrale ist das Münster erst seit 1821/27.

Jan Gerchow/Hans Schadek: Stadtherr und Kommune. Die Stadt unter den Grafen von Freiburg, in:
Haumann/Schadek (wie Anm. 10), Bd. 1, S. 133-214, hier S. 179 (zwei Abb. mit Maßen am Münster, 13. und 14.
Jahrhundert). Vgl. Heiko Haumann: Von Ordnungen und Unordnungen. Lebensformen in der mittelalterlichen
Stadt, in: ebd., S. 501-523, hier S. 514.

Vgl. Ralf Burgmaier: Der Freiburger Münsterplatz im Mittelalter - ein archäologisches Mosaik, in: Münsterblatt.
Jahresschrift des Freiburger Münsterbauvereins 3 (1996), S. 5-21 mit Abb. und Plänen. Das Titelblatt dieses Heftes
reproduziert einen Teil des sogenannten „Großen Sickingerplans" von 1589, auf dem die 1752 abgetragene
Andreaskapelle zu erkennen ist. Vgl. auch Becksmann/Kobler/Kurmann (wie Anm. 12), S. 376-379. Der vorgegebene
Umfang dieses Beitrages erlaubt es nicht, einen weiteren ehrwürdigen Ort vorzustellen. Vgl. Ingrid
Kühbacher: Sie lebten in Freiburg. Erinnerungen beim Gang über den Alten Friedhof, 4., erweiterte und überarbeitete
Auflage, Freiburg 2006.

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