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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2011/0170
Österreich gehörten, knüpften die neuen Herren, die sich seit 1806 Großherzöge nannten, an das
Erbe der Herzöge von Zähringen an, die einst die Stadt gegründet hatten. Davon künden der
Bertoldsbrunnen38 (vormals Fischbrunnen), das Berthold-Gymnasium, die Bertoldstraße und
weitere Straßennamen. Als die Zugehörigkeit Freiburgs zu Baden als unumkehrbar galt, war es
möglich, Straßen nach Herrschern zu benennen, denen die Stadt lange Jahrhunderte treu ergeben
war: Habsburger, Joseph, Leopold, Maria Theresia und andere.

An den Deutsch-Französischen Krieg (1870-1871) erinnert das Siegesdenkmal (Abb. 4). Ein
Zeitgenosse hat hervorgehoben, dass es den Gegner nicht verunglimpfe: „Die fortschreitende
Humanität scheint uns zu verbieten, die Demüthigung eines Nachbarstaates auf Jahrhunderte
hinaus zur Schau zu stellen."39 Die weitsichtige Ritterlichkeit gegenüber dem Besiegten könnte
erklären, dass die Franzosen das Denkmal nach der Einnahme Freiburgs 1945 geschont haben.40
Sie haben auch nicht verlangt, Straßen umzubenennen, die an Politiker, Generäle und Schlachten
aus der Zeit des Krieges 1870/71 erinnerten: Bismarck und Wilhelm, Moltke und Werder,
Beifort und Sedan. Es durften sogar Namen bleiben, die auf das im Friedensvertrag von
Versailles 1919 abgetretene Land jenseits des Rheins hinweisen: Elsässer, Ensisheimer, Mülhausen
Rufacher, Schlettstadter Straße. Die Freiburger konnten auch weiterhin an den Land-,
See- und Luftkrieg 1914-1918 erinnern: Im ,HeldenvierteP heißen Straßen nach Admiral von
Spee, Langemarck, Richthofen, Skagerrak und Weddigen.41

Nach dem 1870er-Krieg erlebte das neu gegründete Reich einen Aufschwung, der sich auch
in Bauten spiegelt(e). Es entstanden die Kirchen St. Johann und Herz Jesu, beide ebenso wie das
Erzbischöfliche Ordinariat mittelalterlichen Stilrichtungen verpflichtet. Als Beispiel des zeitweise
verpönten Jugendstils sei das 1911 fertiggestellte Gebäude der Universität (Kollegiengebäude
I) genannt. Eine aus Polen stammende Wissenschaftlerin hat den Freiburgern die
Augen für architektonische Schätze geöffnet, die heil die Verwüstungen des Zweiten Weltkrieges
und die Demolierungen der folgenden Wiederaufbauphase überstanden haben.42

Zeugnisse aus der finstersten Zeit der deutschen Geschichte

Seit Ende Januar 1933 führten die neuen Machthaber einen erbarmungslosen, im Laufe der
Jahre systematisierten Krieg gegen große Gruppen des eigenen Volkes, den sie nach Ausbruch

Zum Bertoldsbrunnen vor der Zerstörung vgl. Scherb (wie Anm. 26), S. 22f. mit Abb. 1-3 (neuer Brunnen), S.
207-211 mit Abb. 129-131. Vgl. ferner Schadek/Untermann (wie Anm. 24), S. 107; Jan Gerchow/Hans
Schadek: Rückzug der „milden österreichischen Hand". Freiburg wird badisch (1806-1815), in:
Haumann/Schadek (wie Anm. 10), Bd. 3, S. 47; Schmidt (wie Anm. 35), S. 569f.

Zitiert nach Haumann/Kühl/Lallinger (wie Anm. 27), S. 171f. (Abb. Siegesdenkmal). Zur Entstehung und zum
zeitgenössischen Hintergrund vgl. ferner Scherb (wie Anm. 26), S. 66-74 mit Abb. 41-44 (Abb. 42 zeigt ein Foto
nach dem großen Luftangriff vom 27. November 1944 mit der ausgebrannten Karlskaserne im Hintergrund).
Ein Foto des Siegesdenkmals mit französischen Verkehrs schildern und den Ruinen des Jahres 1946 findet sich in:
Die „Franzosenzeit" im Lande Baden von 1945 bis heute. Zeitzeugnisse und Forschungsergebnisse. La presence
francaise dans le pays de Bade de 1945 ä nos jours. Temoignages et resultats de recherche, hg. von Joseph Jurt
(Rombach aktuell), Freiburg 1992, S. 11. Zu Erwägungen in Freiburg, nach 1945 das Denkmal durch einen
Brunnen und eine Marienstatue zu ersetzen, vgl. Scherb (wie Anm. 26), S. 195.

Zu umbenannten Plätzen und Straßen vgl. Mitteilungen der Militärregierung Freiburg Stadt und Land vom 13. Juni
1945, faksimiliert in: Thomas Schnabel/Gerd. R. Ueberschär: Endlich Frieden! Das Kriegsende in Freiburg
1945 (Stadt und Geschichte. Neue Reihe des Stadtarchivs Freiburg i.Br. 7), Freiburg 1985, S. 64. Der Autor lehnt
es ab, Schuldige der Jahre 1933 bis 1945 an dieser Stelle durch Erwähnung ihres Namens zu ehren. Spuren der
damnatio memoriae sind an der Westfront des Kollegiengebäudes I zu sehen: Oberhalb des Reliefs mit
Hieronymus, dem Patron der Universität, breitete einige Jahre lang der ,Hoheitsadler' (mit Hakenkreuz) seine
Schwingen aus. Selbstverständlich gab und gibt es in Freiburg auch ganz unverfängliche Straßennamen, benannt
etwa nach Dichtern und Komponisten.

Vgl. Joana Flawia Figiel: Jugendstil in Freiburg, Freiburg 1999.

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