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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2011/0177
Matsuyama/Japan 1988, Lemberg/Ukraine 1989, Granada/Spanien 1991 sowie Isfahan/Iran im
Jahr 2000. Sollen derartige Bindungen Früchte tragen, brauchen sie aufmerksame, auch kostenträchtige
Pflege.

Unter den Folgen verbrecherischer Politik und des verlorenen Krieges hatten alle Deutschen
zu leiden, Millionen von ihnen zusätzlich dadurch, dass sie aus dem Osten des Reiches und aus
Staaten Ost- und Südosteuropas vertrieben wurden, in denen sie und ihre Vorfahren seit Generationen
gelebt hatten. An solche Verluste erinnern die Königsberger Straße im Osten der Stadt
und ein im Jahr 1969 am Fahnenbergplatz aufgestellter, wie verloren wirkender Granitblock mit
der erklärungsbedürftigen Inschrift „Unvergessene Heimat".57

In der Nachkriegszeit gehörten französisches Militär und Einrichtungen der Forces
Frangaises en Allemagne zum Stadtbild. Nach Unterzeichnung des Zwei-plus-Vier-Vertrages
und der Wiedervereinigung (12. September bzw. 3. Oktober 1990) zog Frankreich mit dem
größten Teil seiner in Deutschland stationierten Streitkräfte auch seine Freiburger Garnison ab.
Die darauf folgenden Umwidmungen lassen an das berühmt gewordene Wort eines biblischen
Propheten denken: , Schwerter zu Pflugscharen' (Micha 4,3). Das ehemalige Stabsgebäude des
1. Korps der französischen Armee und später der 3. französischen Panzerdivision (am Fahnenbergplatz
) wurde 1954/55 gebaut und 1955 bezogen; in Freiburg liebevoll-abschätzig Panzerkreuzer
' genannt, steht es seit 1988 als Beispiel der Nachkriegsarchitektur unter Denkmalschutz
. Nach kostspieligem Umbau zogen das Archäologische Institut und, im Herbst 1997, das
Rektorat der Universität in dieses Gebäude ein. Auf dem Flugplatz, den jahrzehntelang französische
Militärhubschrauber genutzt hatten, fand die neu geschaffene ,Fakultät für Angewandte
Wissenschaften' ihr Zuhause.58

Am bemerkenswertesten ist die ,Befriedung' eines großen Areals im Südwesten der Stadt.
Dort war 1937/38 die Schlageter-Kaserne errichtet worden. Albert Leo Schlageter (1894-1923)
hatte zeitweilig in Freiburg studiert. Wegen Sabotage war er in dem von Frankreich und Belgien
besetzten Ruhrgebiet von einem französischen Militärgericht zum Tode verurteilt und dann erschossen
worden; in Deutschland hatte man ihn daraufhin wie einen Märtyrer verehrt. Im
Herbst 1945 bezog französisches Militär die Kaserne und weitete sie aus zum , Quartier
Vauban', nach dem schon erwähnten Festungsbaumeister. Nach dem Abzug der Franzosen
(1992) wurden die Kasernen in den Jahren 1998 bis 2006 abgerissen oder umgebaut zu Wohnungen
, Büros usf. - und zu Wohnheimen unter dem Leitgedanken „Studenten statt Soldaten".59
Der jüngste Stadtteil Freiburgs, durch den auch die Vaubanallee führt, heißt weiterhin ,Quartier
Vauban' - ein zusätzliches Zeichen der deutsch-französischen Verständigung, mit der bei
Kriegsende niemand hatte rechnen können.60

Der Freiburger ,Befund' widerspricht dem Gesamturteil von Eva Hahn/Hans Henning Hahn: Flucht und
Vertreibung, in: Deutsche Erinnerungsorte, Bd. I, hg. von Etienne Frangois und Hagen Schulze, München
2001, S. 335-351, hier S. 335: „Kaum eine andere Erinnerung wurde mit so viel Nachdruck in der Bundesrepublik
gehegt und gepflegt wie die an ,Flucht und Vertreibung'". Vgl. Rainer Münz/Rainer Ohliger: Auslandsdeutsche
, ebd., S. 370-388, vor allem S. 381 f.; Joachim Haug: Flüchtlinge und Vertriebene in Südbaden
während der ersten Nachkriegsjahre, in: Alltagsnot (wie Anm. 56), S. 39-43, sowie Monika Blaschke/Monika
Knöpfle: Zur Situation der Vertriebenen- und Flüchtlingsfrauen in Freiburg und Umgebung, in: ebd., S. 44-50.
Scherb (wie Anm. 26), S. 254-261 mit Abb. 164-169 (Abb. 168 der Stein ,Unvergessene Heimat', Abb. 166f. ein
früheres, bald wieder entferntes , Wegweiser-Denkmal' am Siegesdenkmal mit Städtenamen und Entfernungen ab
Freiburg: Königsberg, Danzig, Gleiwitz O/S, Breslau, Stettin, Berlin, Karlsbad).

Vgl. Festschrift 550 Jahre Albert-Ludwigs-Universität (wie Anm. 8), Bd. 1, S. 296-299 mit Abb. 346-348.
Scherb (wie Anm. 33), S. 56f.

Vgl. Norbert Ohler: Franzosen in Deutschland - Freiburg als Beispiel, in: „Franzosenzeit" im Lande Baden
(wie Anm. 40), S. 65-82.

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