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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2011/0192
Katja Leschhorn: Die Städte der Markgrafen von Baden. Städtewesen und landesherrliche Städtepolitik
in der Frühen Neuzeit (Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-
Württemberg: Reihe B, Forschungen 183), W. Kohlhammer Verlag, Stuttgart 2010, 201 S., 8 S/W-Abb.

... dem durchleuchtigen hochgebornen fürsten und herren, hern Ernsten, margraven zu Badenn und
Hochberg, landgravenn zu Susennburg ... verdankten 1536 die Bürger von Durlach ihr Stadtbuch, in dem
alle bisherigen Stadtordnungen und Rechte aufgezeichnet waren. Aus der Dissertation von Katja Leschhorn
entstand eine Abhandlung, die sich mit den markgräflichen Städten befasst, vorwiegend im 16. Jahrhundert.
Auf der Grundlage umfangreichen Archivmaterials widmet sie sich der Verfassung und Verwaltung der
badischen Städte, deren Wirtschaftswesen und vor allem der Städtepolitik der Markgrafen. Durch die
Teilung der zerstreuten Gebiete der Markgrafschaft im Jahr 1535 entstanden die Markgrafschaft Baden-
Baden mit ihren hauptsächlich im Mittelbadischen angesiedelten Besitzungen und die Markgrafschaft
Baden-Durlach im Oberbadischen. Diese Teilung hatte vor allem Folgen für die Konfession der beiden
Gebiete: Baden-Durlach wandte sich dem neuen Glauben zu, während Baden-Baden katholisch blieb. Ausführlich
- auf 30 Seiten - und kompetent untersucht Katja Leschhorn die kirchlichen Verhältnisse und die
wechselnde Einstellung der Markgrafen zur reformatorischen Bewegung. In der Markgrafschaft Baden-
Baden reagierte vor allem die bürgerliche Oberschicht noch in den 1570er-Jahren mit Verweigerung des
Gottesdienstbesuches auf den gegenreformatorischen Kurs Philipps II. Aber cujus regio, ejus religio - die
Bürger mussten sich der Herrschaft fügen.

Ähnlich unruhig verlief 1556 die Einführung der Reformation unter Markgraf Karl II. Hier wehrten sich
Klöster gegen ihre Auflösung. Die Bürger und Pfarrer im badischen Oberland opponierten gegen die vom
Markgraf bevorzugte lutherische Lehre statt der bisherigen, während in Pforzheim die reformierte Lehre
auf Ablehnung stieß.

In diesen Auseinandersetzungen zeigt sich, wie sehr die Bevölkerung in diesen umwälzenden Jahren
Partei ergriff und sich engagierte. Auch wenn Katja Leschhorns Untersuchung nur für die Städte den Widerstand
der Bürger aufzeigen konnte, ist doch anzunehmen, dass es auch auf dem Land zu heftigen Auseinandersetzungen
, zu Verweigerung und Auflehnung kam. Die gewählte Konfession hatte natürlich Auswirkungen
, sowohl im kirchlichen als im sozialen Bereich. Wurde dem Pfarrer die Pfründe entzogen, erhielt
er künftig vom Landesherrn ein Einkommen. Statt der durch die Klöster und Bruderschaften geleisteten
Armenfürsorge musste eine neue Institution geschaffen werden. In der Markgrafschaft Baden-Baden wurden
evangelische Beamte entlassen, in Baden-Durlach katholische. Ob nun die Reformation auch
Auswirkungen auf die Wirtschaft der Städte hatte, ließ sich wohl aufgrund der kurzen Zeitspanne nicht
belegen. Dies müsste für den Zeitraum bis 1771, der Wiedervereinigung der Markgrafschaften, noch untersucht
werden.

Schon vor der Teilung hatte es keine einheitliche Verwaltung in wirtschaftlicher oder rechtlicher Hinsicht
gegeben, daher fielen auch die Privilegien - das jeweilige Stadtrecht - unterschiedlich aus. Um was
für Städte handelt es sich nun in dieser Untersuchung? Ausschließlich um Kleinstädte mit ca. 800-2.000
Einwohnern. Zu den größten zählten Pforzheim und Durlach mit etwa je 2.000 Einwohnern, während
Baden (-Baden) nur 1.200 aufwies. Um sich äußerlich vom Dorf abzugrenzen war die Stadtmauer unabdingbar
, sodass der erst 1590 zur Stadt erhobene Marktflecken Emmendingen alsbald mit Mauern, Gräben
und Türmen zu befestigen war. Nur so konnten sie auch ihrer Funktion als militärische Stützpunkte gerecht
werden. Entscheidend für Verwaltung, Wirtschaft und privates Leben der Stadtbewohner war das Stadtrecht
, zunächst ein mündlich überliefertes Gewohnheitsrecht, das sich erst im 16. Jahrhundert zu schriftlich
fixierten Stadtprivilegien entwickelte. Ungewöhnlich im Vergleich zu anderen landesherrlichen Städten ist
nicht nur, dass das Stadtrecht erst so spät erteilt wurde, sondern auch, dass die Stadtbewohner erst seit Ende
des 15. Jahrhunderts allmählich aus der Leibeigenschaft entlassen und freie Bürger wurden.

Katja Leschhorn untersucht Verwaltungsorgane und Gerichtsbarkeit der Städte und stellt dabei fest, dass
es keine einheitlichen Richtlinien zur Wahl der Räte als auch der Richter gab. Gleich für alle war jedoch
der Amtseid, den sie sowohl der Stadt als auch dem Markgrafen zu schwören hatten. Eng gefasst war die
Kompetenz des Gerichts, da den Städten nur die Niedergerichtsbarkeit zustand; der Landesherr beanspruchte
die Hochgerichtsbarkeit für sich, wie es auch in anderen landesherrlichen Städten üblich war.
Dadurch konnte der Markgraf erheblichen Einfluss auf die Rechtssprechung ausüben. Die Mitbestimmung
der Bürger war im 16. Jahrhundert ebenfalls eingeschränkt, schon dadurch, dass an der Spitze der Stadt der
Schultheiß als Vertreter des Landesherrn stand. In den wirtschaftlichen Bereich griffen die Markgrafen

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