Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2011/0195
und nimmt Überraschendes wahr, zum Beispiel dass keiner der sieben Regierungschefs vor Stefan Mappus
die volle Amtszeit bis zum Ende der Wahlperiode absolvierte: Oettinger wie Teufel wurden von der eigenen
Fraktion zum Rücktritt gedrängt, Späth und Filbinger traten aus persönlichen Gründen oder Problemen
zurück, Kiesinger ging 1966 als Bundeskanzler nach Bonn, Gebhard Müller wurde 1958 an das
Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe berufen.

Matz zeigt Entwicklungslinien auf und bindet die Vorgeschichte mit den drei von den Besatzungsmächten
geschaffenen Ländern ein. Er beleuchtet das BevölkerungsWachstum, das auf Zuwanderung beruht und
differenziert die Migrantenströme. Er nennt Gründe für die starke Wirtschaftsleistung des Landes, darunter
den selten genannten, dass es sich nach dem Krieg als Vorteil erwies, nicht an alte Traditionen gebunden
zu sein wie die Kohle- und Stahl-Reviere an Rhein-Ruhr und Saar, sondern gleich das Schwergewicht
auf „neue" Industrien wie Maschinenbau, Elektrotechnik, Chemie und Automobilbau legen zu können.
Ausführlich behandelt Matz die Bildungspolitik und ihre Akteure in Gestalt der Kultusminister, die bis
1978 Schule und Wissenschaft aus einer Hand verwalteten, und verweist auf den „herausragenden Platz",
den das Land in der Forschung außerhalb der Hochschulen einnimmt. Ein informatives Buch, elegant und
streckenweise originell formuliert, bezüglich der jüngsten Zeit ein Beitrag zur wissenschaftlichen Aufarbeitung
. Im Anhang finden sich statistische Basisdaten, eine Zeittafel ermöglicht das Nachschlagen der
wichtigsten Stationen, was man vermisst, ist ein Personen- und Sachregister.

Renate Liessem-Breinlinger

Axel Metz: Der Stände oberster Herr. Königtum und Landstände im süddeutschen Raum zur Zeit
Maximilians I. (Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-
Württemberg: Reihe B, Forschungen 174), W. Kohlhammer Verlag, Stuttgart 2009, XLII und 398 S., 6
Abb.

... in ansehung des, dz wirytz zumal alls romisch künig ir her sein, ließ König Maximilian den sicherlich
verwunderten Landständen von Bayern-Landshut im März 1504 erklären (S. 206). Der römische König als
„der Stände oberster Herr"? Dieser Frage, genauer gesagt, der Frage, „inwiefern das Reichsoberhaupt eine
Zusammenarbeit mit landständischen Gruppen praktizierte, welche Formen diese konkret annahm und ob
sie eine Herrschaftsoption des Königtums um 1500 darstellte" (S. 4) geht, eine Anregung von Peter Moraw
und Volker Press von 1975 aufgreifend, die Freiburger Dissertation von Axel Metz nach. Sie tut dies vergleichend
für drei Territorien - Tirol und die österreichischen Vorlande, Bayern und Württemberg - und
in unterschiedlichen Situationen, in die sich Maximilian mit wechselndem Erfolg einschaltete: erfolgreich
bei der Entmachtung Erzherzog Sigmunds 1486-1490, im Landshuter Erbfolgekrieg 1504 und über weite
Strecken hinweg in Württemberg, erfolglos in den bayerischen Erb Streitigkeiten von 1514 und im
Württemberg der Jahre 1516-1519.

Die Untersuchung geht ihr Thema in zwei größeren Schritten an: Ein erster Teil zeichnet Ereignisse und
Strukturen nach, wobei die Darstellung des Handlungsverlaufs und seine theoretische Reflexion einander
in kluger Weise abwechseln. Ein zweiter analysiert noch einmal systematisch einzelne Problemkreise, wie
Maximilians Rechtfertigungsstrategien für sein Eingreifen in die Territorien, die Kommunikationsformen,
auf die er zurückgreifen konnte, und die Möglichkeiten der Bindung territorialer Eliten an den Königshof,
und stellt schließlich die wichtigsten Ansprechpartner des Königs - für die nähere Region Kaspar von
Mörsperg, Wilhelm von Rappoltstein und Konrad Stürtzel - biografisch vor. Ganz im Sinne Peter Moraws
wird Verfassungsgeschichte hier von der Personengeschichte her betrachtet. Durch die verschiedensten
Formen von Gunsterweisen knüpfte Maximilian ein enges Netz informeller Bindungen zu führenden
Vertretern innerhalb der Territorien. Im Idealfall traten ihm dann seine eigenen Vertrauten als Verhandlungspartner
gegenüber oder die Verhandlungen wurden von Vertretern ein und derselben Familie geführt,
sodass die „Gesandten von den Ständen gar nicht als Fremdkörper wahrgenommen" wurden (S. 281 und
371 f.). Allein in diesem Teil stecken viele Detailerkenntnisse, etwa eine Neubewertung der Rolle der württembergischen
Ehrbarkeit und Konrad Breunings vor dem Tübinger Vertrag 1514 (S. 357-363).

Metz kommt zu dem Ergebnis, dass die direkte Beeinflussung der Stände zu Beginn des 16.
Jahrhunderts durchaus noch eine Handlungsoption des Königs darstellte, die mitunter so selbstverständlich
war, dass sie nicht einmal weiter begründet zu werden brauchte. Der Einsatz dieses Instruments sei
aber nur in bestimmten Situationen möglich gewesen, die vom König auch nicht selbst herbeigeführt werden
konnten: Es waren vor allem Krisenzeiten der jeweiligen Dynastie und damit einhergehende Ver-

195


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2011/0195