Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2011/0196
fassungskrisen, die ein entsprechendes Eingreifen begünstigten. Dies ist so überraschend nicht, wurde bisher
aber noch nie auf breiter Grundlage untersucht.

Die Arbeit besticht durch ihre klare Gliederung, eine stringente Gedankenführung und ihre konsequente
Quellenfundierung, für die Archivalien aus nicht weniger als 23 Archiven, darunter auch dem Staats- und
Stadtarchiv Freiburg, herangezogen wurden. Wünschenswert wäre lediglich eine stärkere Berücksichtigung
von Formen symbolischer und zeremonieller Kommunikation gewesen (angedeutet S. 289f), ohne die eine
Verfassungsgeschichte der Vormoderne eigentlich nicht mehr zu schreiben ist. Methodisch richtungsweisend
ist der hier beschrittene Weg zwischen der traditionell getrennten Reichs- und Landesgeschichte. Die
Forschung wird daraus lernen, für die frühe Neuzeit noch viel weniger in fest gefügten Einheiten zu denken
und stattdessen noch stärker Handlungsfelder, EinflussSphären und Interessenlagen der jeweils Beteiligten
in unterschiedlichen Konstellationen auszuloten. Clemens Joos

Mythos Staufer, Akten der 5. Landauer Staufertagung 2010, hg. von Volker Herzner und Jürgen
Krüger, Verlag der Pfälzischen Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften, Speyer 2010, 194 S., S/W-
Abb.

In diesem Band haben die Verfasser des Vorwortes, Volker Herzner und Jürgen Krüger angemerkt, dass es
sich hier um den Abschluss einer Tagungsreihe handelt. Die Vortragenden setzten nämlich beim Zuhörer
einige Kenntnisse über die Geschichte der Staufer voraus, die in den früheren Sitzungen mitgeteilt wurden.
Wer demnach zu diesem Band greift, tut gut daran, sich entweder die vorher erschienen Beiträge durchzulesen
oder andere Literatur zum Stauferthema zu Rate zu ziehen.

Die bedeutendsten Herrscher des Adelsgeschlechtes, das seinen Ursprung im schwäbischen Büren (nahe
Göppingen) hatte, waren Friedrich I. genannt Barbarossa (1122-1190) und sein Enkel Friedrich II. (1194-
1250). Ihr hauptsächliches Anliegen als Inhaber des Kaiserthrones war es, den Machtbereich der Stauf er
zwischen Nordsee und Sizilien auszubauen und zu sichern. Nur annähernd gelang dies dem Sohn Friedrich
I., Kaiser Heinrich VI. (gest. 1197). Sowohl Barbarossa als auch sein Enkel konzentrierten ihre Aktivitäten
insbesondere auf den Machterhalt in Italien. Beide sahen sich dabei vor allem dem Widerstand des Papstes
aber auch der italienischen Kommunen ausgesetzt. Nach recht wechselvollen militärischen Unternehmen,
in deren Verlauf besonders Barbarossa mit äußerster Brutalität gegen die oberitalienischen Städte vorging,
siegten schließlich die Kommunen. Nach der Hinrichtung des letzten Stauferkönigs Konradin in Neapel im
Jahr 1268 endete dann ihre Herrschaft endgültig.

Die wechselvolle Geschichte der Stauferdynastie im Mittelalter bildete vor allem im 19. Jahrhundert den
Hintergrund für mannigfaltige Mythenbildungen. Nach Hansmartin Schwarzmaier wurde der Untergang
der Staufer als Symbol für den Zusammenbruch Preußens im Verlauf der napoleonischen Kriege verwendet
. Gleichzeitig aber verband man damit auch die Sehnsucht und die Hoffnung auf eine Rückkehr des mittelalterlichen
Imperiums im 19. Jahrhundert. Dies fand vor allem im kleindeutschen Reich nach 1871 seinen
Ausdruck. Die Errichtung des Kyffhäuserdenkmals und der Bau der Hohkönigsburg im Elsass bildeten
dabei die augenfälligsten Symbole.

Um den „Erbfeind" Frankreich zu treffen, sind, wie Ulf Häder anhand zeitgenössischer Bilder zeigt, die
Ereignisse um die Hinrichtung Konradins in Neapel mit antifranzösischen Motiven (Guillotine) versehen
worden. Denn auf Befehl von Karl von Anjou wurde Konradin getötet. Man versäumte es auch nicht, dabei
gleichzeitig die katholische Kirche als Feind auszumachen, weil sie die Franzosen in Süditalien unterstützt
hatte. Der Autor folgert daraus, dass sich „ das junge deutsche Nationalbewusstsein wesentlich durch die
Auseinandersetzung mit äußeren Feinden konstituierte" (S. 168f).

Die Mythologisierung der Stauf er nach 1871 ist insofern ein außerordentliches Phänomen als bereits 50
Jahre zuvor, nach der Niederwerfung Napoleon Bonapartes, erste Zweifel laut wurden, ob die Stauferherr-
schaft im Mittelalter ohne weiteres als Vorbild für eine neue deutsche Zentralmacht in Europa dienen könnte
. Julian Eilmann zeigt am Beispiel des Scheiterns von Christian Dietrich Grabbes Stauferzyklus, dass sich
der unbedingte Herrschaftsanspruch der Staufer nicht für die Vision einer modernen Reichsidee im 19.
Jahrhundert eignete. Grabbe kam letztlich zu dem Schluss, dass die Staufer - und hier besonders Barbarossa
- den vergleichsweise modernen, merkantilen Stadtverwaltungen Italiens keine in die Zukunft weisende
Vision entgegen setzten konnten. Es ist demzufolge bezeichnend, dass die Staufer gerade nach 1871
wieder an mythologischer Bedeutung gewannen. Allein ihre Absicht, möglichst zahlreichen Ländereien
ihren unbedingten Willen aufzuzwingen, genügte wohl nach 1871, sie als visionäre Herrscher zu glorifizieren.

196


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2011/0196