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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2011/0211
Sales Pfaff. Vielleicht werden diese und andere ja in einer wünschenswerten dritten, erweiterten Auflage
enthalten sein. Johannes Mangei

Uwe Schellinger/Rolf Oswald/Egbert Hoferer: Deportiert aus Nordrach. Das Schicksal der letzten
jüdischen Patientinnen und Angestellten des Rothschild-Sanatoriums, mit einem Beitrag von Prof. Dr.
Paul Sauer hg. vom Historischen Verein für Mittelbaden - Mitgliedergruppe Nordrach, Verlag Schwarzwälder
Post, Zell am Harmersbach o. J. [2009], 96 S., zahlr. S/W-Abb.

Ein unscheinbares dünnes blaues Bändchen hat der Historische Verein für Mittelbaden herausgebracht,
aber sein Inhalt wiegt schwer und erschüttert den Leser mehr als ihm lieb ist. In mühevoller Forschungsarbeit
haben drei Autoren anhand von „Reichsseifenkarten", Gestapo-Transportlisten, Datenbanken
zu NS-Opfern, „Gedenkbüchern", Auskünften von nationalen und internationalen Archiven,
Gemeindeverwaltungen und Standesämtern Lebensdaten und zum Teil auch Fotos zu 34 Personen zusammengetragen
. Sie alle sind in der NS-Zeit aus dem Schwarzwaldkurort Nordrach deportiert und in Konzentrationslagern
umgebracht worden. 23 von ihnen waren lungenkranke jüdische Frauen, die sich zur Kur
in der Rothschild-Lungenheilstätte befanden. Sie kamen nicht nur aus Deutschland, sondern auch aus
Tschechien, der Ukraine und vor allem aus Polen. Zwischen August und September 1942 holte man sie ab,
die älteste Patientin zählte 67, die jüngste 24 Jahre. Mit ihnen wurde auch das Personal der Lungenheilanstalt
mit ihrem Chefarzt Dr. Nehemias Wehl sowie zwei weiteren jüdischen Männern verschleppt
und umgebracht.

Mitglieder des Historischen Vereins, Rolf Oswald und Egbert Hoferer aus Nordrach, haben zwölf bzw.
sechs Portraits von Jüdinnen beigetragen, der Freiburger Historiker Uwe Schellinger sechzehn. Er ist unter
anderem bekannt durch zahlreiche Veröffentlichungen zur jüdischen Bevölkerung in der Ortenau. Er konnte
sich auf Forschungen von Paul Sauer stützen, der sich zusammen mit Franz Hundsnurscher und Gerhard
Taddey seit 1962 mit der Aufklärung des Schicksals jüdischer Bürger in Baden-Württemberg befasste.

Uwe Schellinger schildert die Geschichte des aus einer Stiftung von Adelheid de Rothschild (1853-
1935) hervorgegangenen Sanatoriums, das seit 1905 nach orthodoxen Richtlinien speziell für lungen- bzw.
tuberkulosekranke jüdische Frauen betrieben wurde. Mitten im Dorf Nordrach liegt dieses imposante
Gebäude, das auch heute noch steht. Wohl aufgrund ihrer ansteckenden Krankheit wurden die Frauen 1940
nicht nach Gurs deportiert. Erst am 22. August 1942 wurden fünf ältere Patientinnen nach Theresienstadt
verschickt, am 29. September löste man das Rothschild-Sanatorium ganz auf und evakuierte die letzten 18
Patientinnen samt den noch verbliebenen Angestellten, wie der Nordracher Bürgermeister meldete. Die
durchweg alleinstehenden Personen waren über ihre bevorstehende Deportation informiert, aber wie hätten
sie sich ihr entziehen können? Wohin sie schließlich verbracht wurden, konnte auch Uwe Schellingen
nicht eindeutig feststellen. Sicher ist nur, dass niemand überlebte.

In die ehemalige Lungenheilstätte zog ein paar Wochen später der SS-Verein „Lebensborn e.V.", eine
Art Gebärfabrik nach rassischen „Zuchtkriterien". Nach zweieinhalb Jahren endete mit dem „1000-jährigen
Reich" auch diese Institution. Heute befindet sich ein Pflegeheim im ehemaligen Rothschild-Gebäude.
Seit 2007 erinnert ein Gedenkstein an die deportierten Jüdinnen und Juden. Ursula Huggle

Vom Schüler der Burse zum „Lehrer Deutschlands". Philipp Melanchthon in Tübingen, hg. von Sönke
Lorenz, Reinhold Rieger, Ernst Seidl und Karlheinz Wiegmann (Veröffentlichungen des
Alemannischen Instituts 78), Stadtmuseum Tübingen, Tübingen 2010, 212 S., 79 Färb- und S/W-Abb.
sowie 2 Karten.

Die 450-jährige Wiederkehr des Todesjahres 1560 von einer der bedeutendsten Gestalten der deutschen
Reformationsgeschichte, des Humanisten und Reformators Philipp Melanchthon, gab Anlass zu der
Ausstellung „Vom Schüler der Burse zum ,Lehrer Deutschlands'. Philipp Melanchthon in Tübingen", die
vom 24. April bis zum 18. Juli 2010 im Stadtmuseum Tübingen gezeigt wurde. Die zwölf Beiträge aus der
als Begleitkatalog erschienenen Publikation analysieren die vielfältige Tätigkeit und die Beziehung
Melanchthons zur Tübinger Universität, mit besonderer Hervorhebung des Zeitraums vom 1512 - dem
Jahr der Einschreibung an der Tübinger Artistenfakultät - bis 1518 - Berufung Melanchthons durch
Kurfürst Friedrich den Weisen von Sachsen auf den neu errichteten Lehrstuhl für Griechisch an die
Wittenberger Universität. Ausstellung und damit indirekt der Sammelband möchte nach Aussage der

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