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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2011/0216
neue Anlage arbeitete bis 1951, wurde dann generalüberholt und 1958 ersetzt.

Die „Schlussfolgerungen" greifen nochmals die Gedanken zur Rolle der Predigt im Gottesdienst seit
dem frühen 19. Jahrhundert auf und führen sie in einer Betrachtung des Einflusses der Technik auf die
Liturgie fort. Die zunehmenden technischen Möglichkeiten führen zu einem besseren Verständnis der
Inhalte. Dies kommt der liturgischen Bewegung nach dem Ersten Weltkrieg entgegen, in der die Messe als
Gemeinschaftsfeier verstanden wird. Das Miterleben setzt den verbesserten Sicht- und Hörkontakt zum
Zelebranten voraus. Latein wird als Kultsprache fragwürdig, weil es die durch die Technik ermöglichte Verbindung
wieder aufhebt. Letztlich führten die Entwicklungen zur Liturgiereform des Zweiten Vaticanums,
deren Kritiker bemängeln, dass nun der Schleier des Geheimnisvollen verschwunden sei, die tridentinische
Messe in ihren „sakral verhüllten Texten" zu einer „Lehrveranstaltung" mutiert sei und kein Freiraum für
Phantasie mehr bestünde. Doch auch die Technik, die heute aus der Liturgie nicht mehr wegzudenken ist,
bietet die Möglichkeit, symbolische Aussagen zu treffen und Zusammenhänge aufzuzeigen, wie Volk-
Nägele in ihrem kurzen Nachwort am Beispiel aufwändiger Inszenierungen mit Licht- und Toninstallationen
in Kirchenräumen aufzeigt.

„Das Münster unter Strom" widmet sich einem bisher weitgehend unbeachteten Aspekt der Geschichte
des Münsters. Dabei geht das Buch weit über die reine Baugeschichte hinaus und stellt die Beleuchtung
und Beschallung des Kirchenraums in den Rahmen der Rezeption, der Liturgie, der Vermittlung von Stimmungswerten
und theologischen Inhalten aber auch den der Technikgeschichte vom Allgemeinen bis zum
konkreten Freiburger Beispiel. Die Autorin hat das auf den ersten Blick spröde Thema höchst interessant
und in jedem Fall äußerst lesbar umgesetzt. Peter Kalchthaler

Wolfram Wette: Karl Jäger. Mörder der litauischen Juden, mit einem Vorwort von Ralph Giordano,
Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt a.M. 2011, 284 S., zahlr. Abb.

Seitdem 1989 in Waldkirch öffentlich bekannt wurde, dass der SS-Standartenführer Karl Jäger lange Zeit
in dieser Stadt gelebt hatte, hat es dort immer wieder heftige Diskussionen darüber gegeben, wie man mit
dessen Verbrechen der NS-Zeit umgehen solle. Der Historiker Wolfram Wette, der an diesen Diskussionen
intensiv beteiligt war, hat nun nach langjährigen Forschungen ein Buch vorgelegt, das auf der Auswertung
aller zugänglichen Quellen beruht. Wette zeichnet ein differenziertes Bild Jägers, dem er gerecht werden
will, und macht zugleich die Zusammenhänge deutlich, in denen er zu sehen ist.

Karl Jäger wurde 1888 in Schaffhausen geboren. Drei Jahre später zog die Familie nach Waldkirch, wo
der Vater als Musikschullehrer und Dirigent der Stadtmusik wirkte. Auch Karl Jäger erhielt eine gründliche
musikalische Ausbildung. Später arbeitete er in verschiedenen Orgel- und Klavierfabriken. 1914 heiratete
er die Tochter eines Waldkircher Unternehmers, der mechanische Musikinstrumente herstellte. Schwer
traf ihn der Selbstmord seiner Mutter im selben Jahr. Sein weiteres Leben prägten die Erfahrungen als
Soldat während des Ersten Weltkrieges. Davon konnte er sich nach Kriegsende nicht mehr lösen. Er betätigte
sich in einer geheimen, illegalen Militäreinheit, die den Sturz der Republik und die Errichtung einer
nationalen Diktatur anstrebte. Bereits 1923 trat er der NSDAP bei und baute die Waldkircher Ortsgruppe
der Partei auf, nach 1931 dann auch den SS-Sturm mit über 100 Mitgliedern. Zu dieser Zeit wurde er
arbeitslos, nur kurzzeitig fand er noch einmal eine Beschäftigung. Die Ehe scheiterte, 1940 wurde sie
geschieden. Aufgrund seiner nationalsozialistischen Überzeugung war Jäger aus der katholischen Kirche
ausgetreten. 1936 begann eine hauptamtliche Karriere des „Waldkircher Hitler", wie er genannt wurde, in
der SS. Im Sommer 1941 erhielt Jäger den Befehl, das Einsatzkommando 3 aufzustellen. Er selbst wurde
Kommandeur der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes in Litauen. Bei der Einweisung in sein
Amt wurde ihm wie anderen SS-Kommandeuren erklärt, dass die Ostjuden auszurotten seien - ein wichtiger
Hinweis darauf, dass sich die Politik gegenüber den Juden zunehmend radikalisierte, bis dann Ende
1941 die „Endlösung", die systematische Massenvernichtung, beschlossen wurde.

Jäger kam seinem Auftrag nach. Neben den litauischen Juden waren auch Juden aus Deutschland, die
man nach Litauen deportiert hatte, Opfer dieser Aktivitäten, darüber hinaus zahlreiche Russen und Litauer,
die als Kommunisten und Partisanen verdächtigt wurden. In einer Aufstellung aller bis zum 1. Dezember
1941 durchgeführten Exekutionen, die als „Jäger-Bericht" in die Geschichte einging und durch weitere
Berichte ergänzt wurde, listete der SS-Standartenführer buchhalterisch sämtliche Morde an Juden,
Jüdinnen, Judenkindern und anderen Personen auf, bis dahin 137.346 Menschen. Er meldete Litauen judenfrei
, stellte allerdings bedauernd fest, dass es ihm untersagt worden sei, rund 34.500 Arbeitsjuden und deren

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