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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2013/0037
Mitte der 1980er-Jahre kam die Auffassung ins Wanken: Jetzt ging man davon aus, dass der
spätgotische Chor um 1490 von dem Freiburger Münsterbaumeister Hans Niesenberger erbaut
worden sei.9 2001 wurde diese Variante ,amtlich4, wobei anzumerken ist, dass an anderer Stelle
beide Möglichkeiten nebeneinander dargestellt werden, ohne das Rätsel aufzulösen.10 Vermutlich
war man bei den Vorarbeiten zur Renovierung der Stadtkirche auf eine Verbindung zu
Niesenberger gestoßen. Das einzig greifbare und ausführliche Resultat dieser Entdeckung ist
der eingangs zitierte Artikel von Wilhelm Schneebeli.11 Aber stimmen die dort gemachten
Aussagen?

Wilhelm Schneebeli (1921-1997) war Grafiker, der als Autodidakt kunsthistorisch forschte.

Er lebte von 1981 bis 1992 in Sasbach am Kaiserstuhl, dann bis zu seinem Tod in Eichstet-

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ten. Sein Artikel „Der spätgotische Chor von Hans Niesenberger" besteht zu einem Teil aus
theologischen und historischen Interpretationen, ja Schwärmereien. Hinterfragt man den sachlich
-historischen Kern, so stößt man auf zahlreiche Widersprüche zu anderen Texten über
Niesenberger, auch in Arbeiten von solchen Autoren, die Scheebeli im Literaturverzeichnis
angibt.

Den bisher umfassendsten und mit Quellen gut belegten Artikel mit dem Titel „Hans Niesenberger
von Graz, Werkmeister des Freiburger Münsterchores 1471-1491 hat bereits 1912

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Hermann Flamm veröffentlicht. Einige Urkunden sind dort im Wortlaut angefügt, auch Bezüge
zu Emmendingen. Auf diesen Aufsatz bezogen sich viele nachfolgende Autoren, die sich
mit dem Grazer beschäftigten. Auch Schneebeli tat das, wobei er zu anderen Ergebnissen
kommt als Flamm, leider ohne nachvollziehbare Begründungen.

Während Flamm und andere Autoren das nicht bekannte Geburtsjahr gut begründet in der
Zeit zwischen 1420 und 1430 ansetzen, ist Schneebeli der Meinung, Niesenberger sei 1492
schon „im hohen Alter von über 80 Jahren" gewesen, also um 1410 geboren. Für Schneebeli
hatte Niesenberger „bereits 1450 die Leitung der Bauhütte des Grazer Domes" inne und „Kaiser
Friedrich III. ließ [sogar] seine Burg [in Graz] von [ihm] planen und erbauen".14 Lediglich
in einem Buch des Dompfarrers Dr. Rochus Kohlbach wird jedoch Niesenberger - ohne Quellennachweis
- als Baumeister des Grazer Domes genannt. Gleichzeitig wird darin allerdings
die Klosterkirche Weißenau bei Ravensburg wegen der ersten, in Verbindung mit diesem Bau
bezeugten Erwähnung 1459 als sein „Erstlingswerk" bezeichnet.15 Schneebeli erwähnt die in
diesem Zusammenhang spannenden letzten drei Lebensjahre Niesenbergers leider nur knapp.
Nachdem dieser bereits 1486 nach fast dreijähriger Arbeit am Dom in Mailand offenbar wegen
Unzufriedenheit der Auftraggeber entlassen worden war, kam es fünf Jahre später in Freiburg
zum Eklat. Auch hier wurde er angeblich wegen fehlerhafter Arbeit (unwerklichkeit und unge-
stalt) zusammen mit seinem Sohn und seinem Parlier (Polier) im Sommer 1491 angeklagt und

Ernst Hetzel/Otto Kehrer: Emmendingen einst und jetzt, Freiburg 1986, S. 62.

10 Wolfgang Stopfel: Kunstgeschichtlicher Überblick, in: Der Landkreis Emmendingen, Bd. I, hg. von der
Landesarchivdirektion Baden-Württemberg in Verbindung mit dem Landkreis Emmendingen, Stuttgart
1999, S. 211-229, hier S. 214; Ders.: Emmendingen, in: ebd., Bd. 11,1, hg. von der Landesarchivdirektion
Baden-Württemberg in Verbindung mit dem Landkreis Emmendingen Stuttgart 2001, S. 2-122, hier S. 28.

11 Siehe Anm. 1.

Zu Schneebeli siehe zuletzt Helmut Reiner: Die Historie und das Schöne. Erinnerungen an Wilhelm
Schneebeli, in: Die Pforte 32/33 (2012/2013), S. 307-314.

13 Hermann Flamm: Hans Niesenberger von Graz, Werkmeister des Freiburger Münsterchors 1471-1491,
in: Freiburger Münsterblätter 8 (1912), S. 66-84.

14 Laut Aussage von Werner Strahalm, Leiter der Stadtarchivs Graz, ist das „Stadtarchiv in den Wirren der
Napoleonischen Kriege (bes. 1809) fast vollständig verloren gegangen", Brief vom 19. November 2007 an
den Autor.

15 Rochus Kohlbach: Der Dom zu Graz. Die 5 Rechnungsbücher der Jesuiten, Graz 1948, S. 13 und 233.

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