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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2013/0132
Meyer war seit dem Tod ihres Mannes 1926 in eine kleine Pension umgezogen. Man darf annehmen
, dass das Zusammenleben der beiden Frauen nicht allein aus familiären Gründen,
sondern auch unter dem Eindruck der neuen politischen Lage erfolgte: die Region Braunschweig
diente dem Nationalsozialismus gleichsam als Basislager zur Eroberung der Macht in
Deutschland und zeichnete sich nach der „Machtergreifung" durch eine besonders rücksichtslose
Verfolgung der politischen Gegner aus. Für die jüdische Bevölkerung begann wie überall
im Deutschen Reich unmittelbar die Entrechtung und Diskriminierung.

Es dauerte allerdings noch drei Jahre, bis sie sich entschlossen hatten, gemeinsam ihre Heimat
zu verlassen. Am 17. März 1938 zogen sie in eine kleine Wohnung der Freiburger Goe-
thestr. 73 und wurden ab 1940 im gleichen Haus Gäste der Privatpension Maria Kluthe, welche
in diesem Jahr vom Nebenhaus hier eingezogen war. Vieles deutet auf den Versuch hin, die
nahe Schweiz als rettendes Ufer zu erreichen und von Freiburg aus leichter alle notwendigen
Formalitäten für eine Emigration zu beschaffen. Doch der Plan scheiterte. „Langwierige Verhandlungen
mit den Schweizer Behörden über eine Emigration in die Schweiz, bei denen sie
von Freunden in Zürich unterstützt wurde, endeten offenbar mit einer Ablehnung des Ge-

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suchs." Finanzielle Gründe waren wohl ausschlaggebend. Mitte 1939 band eine „Sicherungsanordnung
" der Zollfahndungsstelle Freiburg die freie Verfügung über das gesamte Vermögen
von Mutter und Tochter an die Genehmigung der Devisenstelle in Karlsruhe, und ähnliches
geschah mit dem Witwengeld von Johanna Meyer, das auf ein Sonderkonto mit Sperrvermerk
überwiesen werden musste. Waren sie diesen Schikanen als Emigrationswillige ausgesetzt, so
traf sie ab Januar 1939 die Judenvermögensabgabe wie jede jüdische Familie gleichermaßen
hart mit dem Verlust eines Viertels des gesamten Vermögens. Schließlich entzog die 11. Verordnung
zum Reichsbürgergesetz vom 25. November 1941 allen im Ausland lebenden oder
dieses Ziel anstrebenden Juden mit ihrer Staatsbürgerschaft auch das gesamte Eigentum.

Natürlich mussten diese Maßnahmen mit dem Zweck der finanziellen Ausblutung die Chancen
, in der Schweiz aufgenommen zu werden, erheblich mindern; erfolgreicher waren nur
diejenigen, die nachweisen konnten, dass sie dem dortigen Staat nicht zur Last fallen würden.

Josef und Sophie Levi - Emigration ohne Ende?

Auch in der Familie Levi steht das Thema Emigration im Mittelpunkt jahrelanger Überlegungen
. Von den vier Kindern, die der Ehe entstammen, wandern drei rechtzeitig aus; der älteste,
1895 in Konstanz geborene Sohn Oskar Felix war als Medizinstudent 1916 im Alter von 21

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Jahren an der Front in Frankreich gefallen. Und die Eltern?

Josef Levi, 1864 in Worblingen/Bodenseekreis geboren, lernt Freiburg durch schulische und
universitäre Ausbildung kennen und erhält hier seine medizinische Approbation. Es folgen
Jahre der Rückkehr nach Konstanz, seine Heirat mit Sophie, geb. Kiefe aus Baisin-
genAVürttemberg, und die Geburt der älteren beiden Kinder; schließlich 1903 die Übersiedlung
nach Freiburg in das Haus Karlstr. 2, welches Levi bereits 1900 erworben hat. Das Haus
bietet genügend Platz für Praxis und Wohnung der bald vielköpfigen Familie, denn zwei weitere
Jungen, Ernst Friedrich und Heinz Otto, werden 1904 und 1912 geboren. Die Wahl fällt auf
Freiburg, um allen Kindern die bestmögliche Ausbildung zu bieten (Abb. 2).

Boock (wie Anm. 9), S. 255. Nachforschungen zur Emigrationsabsicht der beiden Frauen im schweizerischen
Bundesarchiv in Bern verliefen ohne Ergebnis.
13 Zu den Biografien: StAF, F 196/1-04872 (Josef Levi), -09419 (Sophie Levi), F 200/7-855, -858 und -1521
(Josef Levi).

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