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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2014/0039
Die sieben Generationen der Familie Levi Mager

in Müllheim und Badenweiler

Die Badenweiler Linie 1730-1940

Von

Rolf Schuhbauer
Steinerne Archive

Alte Friedhöfe seien, so sagt man, zu Stein gewordene Archive und die Grabmale die Archivalien.
Das gilt vor allem für die jüdischen Friedhöfe. Zum einen lässt sich an der Form ihrer Grabsteine,
der Schmuckelemente, der Gestaltung der Inschriften und der verwendeten Materialien ein
Wandel des Traditionellen ablesen. Dieser ist insbesondere durch die zunehmende Emanzipation,
verbunden mit der Übernahme bürgerlicher Stilelemente des nicht-jüdischen Umfelds, eingetreten
und soll in den folgenden Kapiteln zum Ausdruck gebracht werden.

Zum anderen bilden die Grabinschriften wichtige und oft die einzigen Dokumente genealogischer
Zusammenhänge. Erbliche Zunamen waren vor 1809 bei Juden in Baden noch nicht
die Regel. Männer und Frauen trugen der rituellen Tradition nach die Namen, die ihnen bei
der Beschneidung, beziehungsweise den Mädchen beim „Hollekreisch" gegeben wurden. Bei
Männern und unverheirateten Frauen wurden sie mit dem Vatersnamen („bar" = Sohn des, „bath"
= Tochter des), bei verheirateten Frauen mit dem des Ehemannes (eschet = Frau des) verbunden.
Diese Kombination wurde dann so auf dem Grabstein angegeben. Einen weiteren Namenszusatz
gab es nur dann, wenn der Verstorbene der Familie der Leviten, also der Tempeldiener („ha-Levi"
oder „Segal") oder der Priester (ha-Kohen) des alten Tempels angehörte.

So weiß man durch den Namen Arje bar Avigdor ha-Levi den Namen des Vaters, ohne allerdings
viel mehr über den Vater zu erfahren. Sollte man aus der Zeit auf anderen Friedhöfen
andere Namen mit der Verbindung „bar Avigdor ha-Levi" finden, könnte man Geschwister von
Arje gefunden haben. Schriftdokumente darüber gibt es nicht.

In ihrem profanen Umfeld trugen Männer wie Frauen andere Namen, die oft, aber nicht
immer an den rituellen Namen angelehnt waren („Löwel Levi" für „Arje bar Avigdor ha-Levi
"). Mit diesen Namen finden wir sie in Schriftdokumenten der Ämter. Sie stehen aber natürlich
nicht auf den ausschließlich hebräisch beschrifteten Grabsteinen, und die in späterer Zeit
angenommenen erblichen Zunamen erscheinen erst sehr spät in lateinischen Buchstaben im
Sockelbereich.

Neben den Namen enthalten die Inschriften Angaben zu den Verstorbenen („aus Müllheim",
„ein weiser Mann", „eine tugendhafte, tüchtige Frau", „Rabbi", „Mohel und Schochet"). Sind
diese Zusätze auf den älteren Gräbern oft sehr formal und stereotyp, werden sie später individueller
und geben wichtige Hinweise („gestorben bei ihrer Tochter in Lichtenau").

Die größte Bedeutung haben die Inschriften aber durch die Angabe des Sterbe- und
Begräbnisdatums und gelegentlich durch die Angabe des Alters. Für die Zeit vor 1810, bevor
die Pfarrämter angewiesen wurden, sogenannte „Standeslisten der Israeliten" zu führen, sind
sie oft die einzige Quelle personenbezogener Daten. Die Angaben beziehen sich auf den jüdischen
Kalender und man benötigt Konkordanzen, wenn man sie in den gregorianischen Kalender
übertragen will. Auch hier wird erst in späterer Zeit das Datum in dieser Form im Sockelbereich
hinzugefügt.

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