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in die Nacht in den Wirthshäusern angetroffen, oder wegen Schlägereyen eingezogen werden,
kommen nicht mehr auf die Polizeywache, sondern gerade in die Kasernen, wo die tauglichen
dem Militär übergeben [...] werden."15

Einzug zum Militär bedeutete in dieser Zeit aber so viel wie die unmittelbare Überführung
ins Kampfgeschehen. Das Jahr 1789 zeichnete sich durch vielerlei Scharmützel und insbesondere
drei große Schlachten aus. Mit russischer Unterstützung siegten die Österreicher sowohl in der
Schlacht bei Focsani, einer Stadt in der Westmoldau, am 1. August 1789 als auch in derjenigen bei
Martinestie in der Walachei am 22. September 1789, beide Orte im heutigen Rumänien liegend.
Der größte Erfolg gelang ihnen aber nach mehrwöchiger Belagerung mit der Eroberung von
Belgrad, der serbischen Hauptstadt, am 8. Oktober 1789. Wieder waren die türkischen Verluste
wesentlich höher als die ihrer Rivalen, doch einige hundert Tote und Verwundete hatten auch
diese zu beklagen. Allerdings lagen die österreichischen Verluste bei der Einnahme von Belgrad
ebenso hoch wie bei den beiden vorangegangenen Schlachten zusammen.16 Dessen ungeachtet
wurde die Eroberung Belgrads überschwänglich gefeiert und auch im Freiburger Münster
fand am 18. Oktober 1789 ein Dankfest statt, „um den Allmächtigen für den herrlichen Sieg zu
preisen"17 (Abb. 3).

Immerhin hatte sich Joseph II. nach mehrfachem Drängen endlich dazu entschlossen, die
Dauer der Militärzeit drastisch zu verkürzen: von bisher lebenslang (faktisch 20 Jahre) auf nunmehr
acht Jahre. Diese Reduktion der Dienstdauer wurde ganz geschickt mit einem erneuten
Generalpardon verknüpft. Nach einer Bekanntgabe vom 19. Oktober 1789 durften sich alle „vorderösterreichischen
Emigranten" dieser Vergünstigung erfreuen, „die sich binnen sechs Monaten
zurückmeldeten. Nach verstrichener Frist würde ihr Vermögen konfisziert, sie selbst aber würden
bei ihrer Gefangennahme auf lebenslänglich zum Militär gesteckt werden".18 Am 15. Dezember
1789 wurde der Generalpardon auf diejenigen vorderösterreichischen Untertanen ausgedehnt,
die sich mit Kapitulazion in fremden Kriegsdiensten befinden,19 die sich dort also für eine bestimmte
Zeit verpflichtet hatten.

Die Hervorhebung der österreichischen Siege in den vorhergehenden Monaten, die Kürzung
der Militärdienstzeit und der neue Amnestieerlass hatten sicher dazu beigetragen, dass sich die
Zahl der Entwichenen ab dem Herbst 1789 reduzierte.

Im folgenden Jahr 1790 setzten die Suchaufrufe nach entwichenen, abwesenden, ausgewichenen
oder ausgewanderten jungen Männern ab Mitte April ein und endeten Anfang September.
Die Gesamtzahl der Gesuchten war jedoch gegenüber dem Vorjahr erheblich abgesunken.
Unter den 108 ausgeschriebenen Personen sind 97 (90 %) mit großer Wahrscheinlichkeit als
Militärflüchtige anzusprechen. Was könnte diesen zahlenmäßigen Rückgang verursacht haben?

Kaiser Joseph II. verstarb am 20. Februar 1790. Sein Bruder und Nachfolger Leopold II.
verzichtete angesichts der möglichen Gefahr revolutionärer Unruhen nach französischem
Vorbild (die Französische Revolution hatte 1789 begonnen) auf die Konskription,20 verkürzte
die Militärdienstzeit um weitere zwei auf sechs Jahre, verringerte die Zahl der Rekruten und

Vorderösterreichische Provinzialnachrichten, XXXVIII. Stück, vom 10. Mai 1788, S. 307.
Vgl. die Zahlenangaben bei Bodart (wie Anm. 13), S. 264f.; Feldzug des k. k. galizischen Armeekorps,
im Jahre 1789 gegen die Türken. Nach den Original-Quellen, in: Oestreichische militärische Zeitschrift,
1. Band, 1. Heft, Wien 1826, S. 68 und A. K. Eichler: Vollständige Geschichte von der Belagerung und
Einnahme der Festung Belgrad, Prag 21790, S. 96.

Vorderösterreichische Provinzialnachrichten, LXXXIV. Stück, vom 21. Oktober 1789, S. 803.
Heinl (wie Anm. 6), S. 16.

Vorderösterreichische Provinzialnachrichten, VI. Stück, vom 20. Januar 1790, S. 45.

Vgl. Eberhard Gothein: Der Breisgau unter Maria Theresia und Joseph IL, Heidelberg 1907, S. 107.

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