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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2014/0110
erreicht, die Sozialdemokraten fast 18 Prozent und die katholische Zentrumspartei nur gut 32
Prozent. Bei der Stichwahl am 5. Februar 1907 erhielt der Kandidat der Nationalliberalen 54,4
Prozent und damit das Mandat, während der Zentrumskandidat auf 45,6 Prozent kam und leer
ausging. Nun stellten zwar in diesem Wahlkreis die Katholiken und die Protestanten jeweils fast
exakt die Hälfte der Wahlberechtigten, sodass die Niederlage der Zentrumspartei keine wirkliche
Überraschung war. Aber offenbar hatten auch im zu über 95 Prozent katholischen Ehrenstetten
andere Parteien als das Zentrum einen nennenswerten Stimmenanteil erreicht.

Welche Parteien dies waren, und auf wie viele Stimmen oder Prozent sich ihr Anteil belief,
vermag ich nicht zu sagen, aber das spielt auch keine Rolle: Aus Sicht der katholischen Kirche
war der Unterschied zwischen Nationalliberalen und Sozialdemokraten ungefähr so groß wie der
zwischen Teufel und Beelzebub: Die Nationalliberalen, das war die „Kulturkampfpartei", die vor
allem in der Bildungspolitik Positionen vertrat, die für die katholische Kirche unannehmbar waren
. Und die Sozialdemokraten waren aus Sicht der Kirche gott- und kirchenfeindlich und somit
eine Partei, der ein Katholik weder sich anschließen, noch [,..]sie fördern darf, wie es seinerzeit
in einer amtlichen Handreichung für die Seelsorger hieß.35

Auch im Erzbischöflichen Ordinariat witterte man Gefahr, hoffte aber, wie es im
Visitationsbescheid vom 20. Februar 1908 hieß, auf baldige Rettung: Die Pfarrei - gemeint ist
Kirchhofen - zählt zu den kirchlich gesinnten Gemeinden mit Ausnahme des Filials Ehrenstetten,
in welchem eine freiere Richtung sich geltend zu machen beginnt. Wir vertrauen, daß der Bau
einer eigenen Kirche dazu dienen wird, das Glaubensbewusstsein wieder zu befestigen?6

Anscheinend ist diese Hoffnung des Ordinariats in Erfüllung gegangen, denn siebeneinhalb
Jahre später konnte Ordinariatsassessor Dr. Adolf Rösch, der am 9./10. November 1915 die nächste
Visitation vorgenommen hatte, in Bezug auf den religiösen und sittlichen Zustand der gesamten
Pfarrei nur Gutes berichten: Die ganze Pfarrgemeinde kann als eine religiös und sittlich
gute bezeichnet werden, die treu am katholischen Glauben hängt. Der Empfang der /ze//[igen]
Sakramente ist ein erfreulich zahlreicher?1

Darüber, ob dies weitere siebeneinhalb Jahre später, nach all den Querelen um die geplante
und vorerst gescheiterte Pfarreierrichtung, immer noch so gewesen wäre, kann ich leider nichts
sagen, denn die nächste Visitation gab es erst Mitte der 1930er-Jahre, unter dann völlig anderen
Bedingungen.

Verordnung vom 28. März 1919, ausdrücklich als „Nicht für die Presse bestimmt!" bezeichnet.
EAF, B4/6016, Visitationsbescheid vom 20. Februar 1908.
Ebd., Visitationsbericht vom 15. November 1915.

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