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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2014/0154
und, wenn möglich, seinen derzeitigen Wohnsitz [..^festzustellen. Die Ermittlungen sollten im
Übrigen so durchgeführt werden, dass sie den Angehörigen nicht zur Kenntnis kämen.12 Den
Kriminalisten dürfte es in ihren Ermittlungen 1958 unter Heranziehung amtlicher Meldekarten
aus Günzburg und Autenried nicht unbekannt geblieben sein, dass Irene und Rolf Mengele im
November 1944, aus Freiburg kommend, im Stammhaus der Mengeies in Günzburg, Am Stadtbach
4, untergekommen und 1949 aus dem nahegelegenen Autenried auch wieder nach Freiburg
zurückgezogen waren. So lag es nahe, die Freiburger Behörden um Amtshilfe zu bitten und die
Causa Mengele zu einer Freiburger Angelegenheit zu machen. Schon Ende August 1958 konnten
die Günzburger Beamten das Ergebnis ihrer, wie sich noch herausstellen sollte, keineswegs verdeckten
und überdies fehlerhaften Ermittlungen verkünden, dass der letzte polizeiliche Meldeort
des Dr. Josef Mengele von 1943 bis 1944 der Wohnsitz seiner Familie in Freiburg/Breisgau,
Sonnenhalde [!]. Nr. 87 war, und dass sich dieser zuletzt im Jahre 1954 aus der Hauptstadt
von Argentinien, Buenos Aires, Sarmiento 1875 Olivos, meldete.13 Wegen der letzten, Freiburger
Melde- und Wohnadresse in Deutschland vor 1945 wurde der Fall postwendend an die Staatsanwaltschaft
in Freiburg abgetreten, was dem Memminger Staatsanwalt sicher nicht ganz unrecht
war. In dem am 25. Februar 1959 von der Freiburger Staatsanwaltschaft erlassenen Haftbefehl
gegen den sich an unbekanntem Ort aufhaltende[n], geschiedene[n] Arzt Dr. phil, Dr. med Josef
Mengele war wie auch im zweiten, erweiterten Freiburger Haftbefehl vom 5. Juni 1959 zu lesen,
was schon im Ermittlungsergebnis der Günzburger Polizei stand: Mengele sei früher wohnhaft
gewesen in Freiburg im Breisgau, Sonnhalde Nummer 87. Diese Adressangabe stützte sich mit
ziemlicher Sicherheit auf die fraglichen Freiburger Einwohnermeldekarten von Josef und Irene
Mengele, sofern sie 1958 vorlagen. Auf beiden Karten findet sich als Wohnadresse der Eheleute
Mengele entsprechend Sonnhaldestr. 87 eingetragen. Eine genauere Sichtung und Überprüfung
der Dokumente und Eintragungen war indessen unterblieben, sonst hätte sich ihre Fehlerhaftigkeit
leicht erkennen lassen. Vor allem die nachträglich, um 1950 maschinenschriftlich angelegte,
handschriftlich mehrfach ergänzte Meldekarte von Josef Mengele hält einer näheren Überprüfung
nicht stand. Unter Zu- und Abgang finden sich hier, trotz des Verweises auf die besondere
Karte Irene Mengeies, eigentümliche Mischangaben: Irene Mengeies Neuanmeldung vom 1.
Mai 1949 - von Autenried, Kreis Günzburg, Haus 36 [heute: Benno-Bichler-Platz 4] kommend-
mit dem bereits zu diesem Zeitpunkt zumindest sehr zweifelhaften Vermerk Ehemann unbekannter
Aufenthalt sowie deren vorübergehende Abmeldung nach Düsseldorf am 3. Dezember 1953
und schließlich die korrekten Angaben zur Ehescheidung vor dem dortigen Landgericht am 25.
März 1954. Als unerklärliche Falschangaben erweisen sich die Einträge zum Tod von Mengeies
Vater, Karl Mengele sen., der 1959 starb und seiner Mutter Walburga („Wally"), die 1946 starb;
beide jedoch in Günzburg und nicht, wie in der Meldekarte geschrieben, in Freiburg. Ebenso
unerklärlich bleibt, dass als Glaubensbekenntnis des Zeit seines Lebens katholischen Josef Mengele
von der Freiburger Meldebehörde ev. [angelisch] eingetragen worden war.

Nicht zuletzt ist es die in beiden Meldekarten angegebene Wohnadresse der Eheleute Mengele
1943 bis 1944, die nachweislich falsch ist: Sonnhaldestr. 87. Dem ausstellenden Einwohner-

12 Ebd., Bl. 11. Zit. ebd.

Ebd., Bl. 33-36. Zit. ebd. Simultan mit den Memminger Ermittlungen stellte das Internationale Auschwitz
Komitee (IAK) unter seinem Generalsekretär Hermann Langbein eine erste Strafanzeige gegen Mengele.
Dem Auschwitz-Überlebenden Langbein war es gelungen, die Düsseldorfer Scheidungsunterlagen
Mengeies von 1954 und damit u.a. dessen damalige Adresse in Argentinien ausfindig zu machen (vgl.
Anm. 107). Langbein wurde aufgrund des in den Scheidungspapieren erwähnten letzten Freiburg-
Aufenthalt ebenfalls beim Freiburger Staatsanwalt vorstellig. Vgl. Staatsanwaltschaft LG F/M, AZ 4.Js
340/68, Ermittlungsakten Mengele, Bd. 1, S. 282. Vgl. Wojak (wie Anm. 9), S. 310.

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