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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2014/0173
Irene und Josef Mengele - cum grano salis - bereits in der zweiten Junihälfte 1943 in der SS-
Siedlung in Auschwitz zueinandergefunden haben.80 Familie Mengele sorgte in Sichtweite des
größten deutschen Vernichtungslagers für Nachwuchs; zu einer Zeit, als die vier neuen Gaskammern
und Krematorien in Auschwitz-Birkenau gerade ihren „Betrieb" aufgenommen hatten
und Tag um Tag die Züge des Reichssicherheitshauptamtes (RSHA) mit Tausenden von
deportierten Juden aus ganz Europa ankamen. Rolf Mengeies Erinnerung an Gespräche mit
seiner Mutter über deren Auschwitz-Besuch 1943 sei zitiert: „, Woher kommt dieser Gestank?'
soll Irene ihren Mann gefragt und dabei den Blick nach oben zum Schornstein und den dahinter
hängenden Rauchschwaden gerichtet haben. ,Frag mich nicht danach', habe Mengele ungerührt
erwidert. Wie Mengeies Sohn Rolf berichtet, soll ihm seine Mutter später erzählt haben,
das sei der Moment gewesen, da ihr die ersten Zweifel kamen und die Ehe zu bröckeln begann.
,Infolge des Krieges führten sie nie eine richtige Ehe', sagte Rolf. ,Meine Mutter war fröhlich,
lustig, voller Leben, ein gefühlsbetonter Mensch'."81 In Freiburg zurück, gab wohl die festgestellte
Schwangerschaft Irene Mengele Anlass, das Kunstgeschichtsstudium ohne Abschluss
abzubrechen und sich stattdessen auf ihre neue Rolle als Mutter vorzubereiten. Im Sommersemester
1943 (29. April bis 31. Juli 1943) war sie jedenfalls letztmals an der Freiburger Universität
immatrikuliert.82 Nach den fehlerhaften, späteren Meldekarten erfolgte im selben Jahr nun
auch ganz offiziell die Wohnsitzmeldung Irene und Josef Mengeies in Freiburg, Sonnhaldestr.
87 (recte Sonnhalde 81); warum erst jetzt und nicht schon 1940, bleibt unklar. Einen gemeinsamen
„Lebensmittelpunkt" hatten sie damit nicht gefunden. Josef Mengele schien eher bemüht
, bei Dienstbesprechungen und anschließenden Gesprächen in Auschwitz Persönliches,
Freiburg und die Familie Betreffendes grundsätzlich auszuklammern, so als gehörte es gar
nicht zu ihm selbst. Die Gespräche hätten sich immer und ausschließlich um den Lageralltag
in Auschwitz gedreht. Seine Familie habe er dabei grundsätzlich ausgespart, nicht einmal von
der Geburt seines Sohnes 1944 sei in Auschwitz gesprochen worden, so jedenfalls nach der
Erinnerung des in Freiburg geborenen SS-Untersturmführers Hans Münch (1911-2001), stellv.
Leiter des Hygiene-Instituts der Waffen-SS in Auschwitz-Rajsko, der mit Mengele etwas näheren
Umgang gehabt haben will.83 In den Auschwitz-Briefen deutet sich lediglich ein - vermutlich
oberflächlich gebliebener - Austausch mit dem aus Freiburg stammenden und in Freiburg
verheirateten SS-Lagerzahnarzt Elimar Precht und dessen Frau Charlotte Stiefvater an, die bei
der Familienpost der Mengeies zwischen Auschwitz, Freiburg und Günzburg vermittelten.84
Erschien ihm das „Persönliche" angesichts der „Größe" seiner „Forschungsvorhaben" und der

Posner/Ware (wie Anm. 31), S. 49, terminieren den Besuchsbeginn hingegen auf „Ende August 1943" und
beziehen sich darin auf ein Gespräch mit Rolf Mengele 1985: „Ende August 1943 reiste Mengeies Frau
Irene von Freiburg, wo sie den Krieg über zu bleiben gedachte, zu Besuch nach Auschwitz. Quarantänemaßnahmen
gegen Typhus hielten sie länger fest als beabsichtigt." Gehäufte Fälle von Flecktyphus traten
in Auschwitz allerdings ab Mitte Juni und nicht Ende August, Anfang September 1943 auf; vgl. Czech (wie
Anm. 69), u.a. S. 521 (15.6.) und S. 525 (21.6.).
Posner/Ware (wie Anm. 31), S. 49.
Matrikelkartei, UAF, B 16, Irene Mengele.

Vgl. Posner/Ware (wie Anm. 31), S. 49 und Zofka (wie Anm. 67), S. 262. Dass es diesbezüglich Ausnahmen
gab, belegt der überlieferte Auschwitz-Brief Mengeies vom 26.4.1944 an Irene Mengele, der u.a. die
kleine SS-Feierlichkeit anlässlich der Verleihung seines Kriegsverdienstkreuzes zum Gegenstand hat (siehe
unten), bei der auch auf das Wohl von Rolf und seinem lieben Mutterle [!] angestoßen worden sei. Vgl. Anhang
, Brief 6 (26.4.1944).

Vgl. Anhang, Brief 9 (6.12.1944) und Brief 10 (14.12.1944). Noch im Adressbuch des Jahres 1943 wird
Elimar Precht, damals SS-Lagerzahnarzt im KZ Natzweiler-Struthof, mit seiner Freiburger Praxis in der
Belfortstr. 4 geführt.

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