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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2015/0094
tern jetzt auf Veranlassung der Berliner Zentralregierung Schwerarbeiterzulagen gewährt.39
Dennoch brachten diese Maßnahmen keine wesentliche Änderung. Im Gegenteil: Als im August
1918 auch noch das kriegsdienstfähige männliche Sanitätspersonal zur Front eingezogen und
durch Frauen ersetzt wurde,40 konnte die Bereitstellung ausreichenden Pflegepersonals nur noch
gewährleistet werden, indem das Rote Kreuz keinen Anträgen seiner Schwestern auf Beurlaubung
oder Entlassung mehr stattgeben durfte.41 Doch diese Maßnahme verschlimmerte die Lage
sogar noch: Die schon zuvor aufgekommenen Klagen der Schwestern über ihre extreme Überlastung
häuften sich nun massiv, und als sich die Reservelazarettzentrale Freiburg am 17. Oktober
1918 an den Badischen Landesverein des Roten Kreuzes mit der Bitte um sofortige Überweisung
von fünf Lazarettschwestern wandte, musste der Landesverein nach Rücksprache mit dem Badischen
Frauenverein Fehlanzeige erstatten: Wie der Badische Frauenverein mitgeteilt habe, würden
es die zahlreichen Erkrankungen der Lazarettschwestern unmöglich machen, auch nur eine
einzige Schwester nach Freiburg zu entsenden.42 Am Ende des Krieges hieß es deshalb auch für
das vergleichsweise gut organisierte badische Kriegslazarettwesen: „Rien ne va plus".

Zur „Verweichlichung" erzogen? Der Alltag in den Lazaretten

Seit den 1870er-Jahren war der Versorgung der verwundeten Soldaten in Lazaretten des Heimatgebiets
, wie geschildert, nicht zuletzt aus Gründen der höheren militärischen Beweglichkeit eine
immer größere Bedeutung zugeschrieben worden. Darüber hinaus war den leitenden Militärs und
Sanitätsärzten bewusst, dass die Pflege der Verwundeten in der Heimat auch aus psychologischen
Gründen von Vorteil war. Hotz brachte es in dem erwähnten Aufsatz auf den Punkt, als er schrieb:
„Die Gewissheit, bald in die Heimat zu kommen, ist [für die Verwundeten] das beste Analepti-
kum und Sedativum."43 In den Heimatlazaretten angekommen, versuchte man den Patienten aus
ähnlichen Beweggründen heraus ihren Aufenthalt so angenehm wie möglich zu gestalten, wobei
hier noch das Motiv der an der „Heimatfront" verbliebenen Menschen hinzutrat, durch eine fürsorgliche
Behandlung der verletzten Soldaten einen Teil ihrer patriotischen „Bringschuld" gegenüber
den Frontsoldaten einzulösen, die aus Sicht der allermeisten Zeitgenossen für den Schutz der
vaterländischen Heimat vor dem „Feind" Leib und Leben riskierten.44

So traten gerade in den ersten Monaten nach Kriegsausbruch Freiburger Bürger mit Vorschlägen
an die Stadtverwaltung heran, wie man die Lebensumstände der verletzten Soldaten
verbessern könne. Ein unbekannter Absender regte etwa am 19. August 1914 gegenüber der
Stadtverwaltung an, sie solle doch in der Nähe jener Schulen und städtischen Gebäude, in denen
Verwundete untergebracht seien, Sitzbänke mit Fußbänken aus städtischen Anlagen aufstellen,

Stellvertretender Militärinspekteur der freiwilligen Krankenpflege, Berlin, 2.2.1918; Staatssekretär des
Kriegsernährungsamts, Berlin, an sämtliche Bundesregierungen und den Statthalter von Elsass-Lothrin-
gen, 29.1.1918, GLA, 69 Badische Schwesternschaft, Nr. 33.

Schreiben des Kriegsministeriums Berlin, 18.8.1918, GLA, 69 Badische Schwesternschaft, Nr. 32.
Stellvertretender Militärinspekteur der freiwilligen Krankenpflege, Berlin, an die Territorialdelegierten,
3.9.1918, GLA, 69 Badische Schwesternschaft, Nr. 33.

Badischer Landesverein des Roten Kreuzes an die Abteilung III des Badischen Frauenvereins, 17.10.1918;
Abteilung III des Badischen Frauenvereins an den Badischen Landesverein des Roten Kreuzes, 23.10.1918,
GLA, 69 Badische Schwesternschaft, Nr. 80.
Hotz (wie Anm. 5), S. 1.

Vgl. hierzu Roger Chickering: Freiburg im Ersten Weltkrieg. Totaler Krieg und städtischer Alltag 1914-
1918, Paderborn 2009, S. 348-354.

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