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Familien Freiübungen, Exerzieren, Turnen, leichte Marsch- und Feldübungen, [...] Reinigen
und Instandsetzen der Uniformen. An Stelle des begreiflichen Mitgefühls mit den Verwundeten
und Leidenden, schlussfolgerte Fabricius, müsse daher wieder der Gedanke an den Sieg unserer
Waffen in den Vordergrund treten.56

Deutlicher, als Fabricius es tat, konnte man den unauflösbaren Widerspruch zwischen der
Aufrechterhaltung der militärischen Disziplin einerseits und dem Wunsch, andererseits die Soldaten
durch die Rückkehr ins Heimatgebiet und die Gewährleistung eines angenehmen Aufenthalts
in den Lazaretten seelisch wiederaufzurichten, kaum formulieren. Nebenbei bemerkt, ist
das Schreiben von Fabricius ein äußerst bemerkenswertes Dokument deutscher Zeitgeschichte
des 20. Jahrhunderts, widerlegt es doch eindrucksvoll das gängige Bild vom kriegerisch-militaristischen
Wesen des Deutschen in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts. Der „gemeine
" deutsche Soldat schien jedenfalls wenig Lust zu haben, so heldenhaft, kriegerisch und
opferbereit zu sein, wie es der Kathedernationalist Fabricius von ihm erwartete.

(K)ein einheitlicher vaterländischer Wille:
Die Zusammenarbeit zwischen Stadtverwaltung, Militär und Hilfsorganisationen

Der Zielkonflikt zwischen Bewahrung der „militärischen Zucht" und Schaffung angenehmer
Lebensverhältnisse in den Lazaretten des Heimatgebiets war nicht das einzige grundlegende
Problem bei der Sicherung einer wirksamen Verwundetenversorgung in Freiburg. Wie bereits
angedeutet, führte auch die teilweise subsidiäre Struktur des Kriegslazarettwesens zu vielfältigen
Konflikten zwischen Heeresleitung, Stadtverwaltung und Wohlfahrtsorganisationen. Sie
steht im Widerspruch zu den eingangs zitierten Worten Werthmanns, wonach sich das Freiburger
Lazarettwesen des Ersten Weltkriegs durch eine von einem einheitlichen patriotischen Willen
beseelte, ebenso reibungs- wie selbstlose Zusammenarbeit aller maßgeblichen Protagonisten
ausgezeichnet habe. In Wirklichkeit waren die Verhältnisse viel differenzierter. Zwar gibt es in
den einschlägigen Schriftwechseln jener Jahre zahlreiche Beispiele dafür, wie es immer wieder
zu Kompromissen zwischen den unterschiedlichen Interessen der beteiligten Akteure kam. So
bat das Rote Kreuz die Stadtverwaltung am 16. August 1914 um eine kostenlose Versorgung
der Lazarette mit Strom, Gas und Wasser durch die kommunalen Wasser- und Elektrizitätswerke
. Der Stadtrat lehnte die Bitte zwar ab, war jedoch zur Gewährung eines niedrigeren Tarifs
bereit, eine Regelung, mit der sich das Rote Kreuz am Ende einverstanden erklärte. Manchmal
war es auch die Stadtverwaltung, die gegenüber dem Roten Kreuz und dem Heeressanitätsamt
einlenkte. Als beispielsweise die Verwaltung des Lazaretts in der Hildaschule auf Veranlassung
der Ärzte für acht Pflegerinnen Essen aus der städtischen Volksküche bestellt hatte, ohne dass
die Frage der Bezahlung geklärt war, übernahm die Stadt nach längeren Auseinandersetzungen
den entstandenen Fehlbetrag, obwohl gemäß den abgeschlossenen Verträgen die Militärverwaltung
bzw. das Rote Kreuz dafür hätten aufkommen müssen. Schließlich einigte man sich im
November 1914 darauf, dass die Stadt die Essensrationen für die Pflegerinnen zu einem verbilligten
Satz lieferte.57 Für diese Bereitschaft zum Kompromiss, die die ernsthaften Bemühungen

Bericht des Reservelazaretts-Delegierten Prof. Dr. Fabricius an den Territorialdelegierten der freiwilligen
Krankenpflege für Baden, Minister Freiherr von und zu Bodman, Karlsruhe, 25.12.1914, ADCV, 420.025,
Fasz. 2.

Vgl. hierzu den ausführlichen Schriftwechsel in: StadtAF, C3/775/4.

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