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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2015/0101
zum Besten bestellt war und diese oftmals wenig Bereitschaft an den Tag legten, ihre eigenen
Interessen auch nur einen Fingerbreit hintanzustellen, zeigt ferner ein Vorgang des Frühjahrs
1918, der sich ebenfalls um Raumfragen drehte. Damals kündigte die Militärverwaltung angesichts
der prekären militärischen Lage an der Westfront gegenüber der Universität Freiburg
vorsorglich an, dass man für den Fall größerer Kriegshandlungen im Westen beabsichtige, das
Kollegiengebäude I ebenfalls als Lazarettgebäude zu requirieren. Darüber hinaus müsse man im
äußersten Notfall eventuell sogar auf einzelne Institute zurückgreifen. Dies stieß jedoch auf großen
Unwillen der Universität. Sogleich versuchten die angefragten Institute mit spitzfindigen
Argumenten zu begründen, warum ausgerechnet ihre Einrichtung für Lazarettzwecke besonders
ungeeignet sei. Das Geologische Institut beispielsweise beteuerte, dass seine Sammlungssäle
allein schon aus hygienischen Gründen nicht infrage kämen. Ebenso sei die Treppe zum
Dachboden zu schmal, um die Sammlungsschränke dort hinaufbringen zu können.70 Ähnlich
schrieb das Geographische Institut an das Akademische Direktorium der Universität, dass man
das Direktoren- und Seminarzimmer des Instituts in der Hebelstraße zwar ohne Mühe für Lazarettzwecke
einrichten könne. Doch sei das dazwischenliegende Bücher- und Kartenzimmer
nicht auszuräumen, habe man doch beim Aufbau der Schränke dereinst feststellen müssen, dass
sie als Ganzes nicht durch die Tür gepasst hätten. Ein Abbau der Schränke aber sei nicht zumutbar
, denn: Dieses Opfer stünde in gar keinem Verhältnis zu dem zu erzielenden Raumgewinn. Es
wird sich also empfehlen, auf die fraglichen Räume für Lazarettzwecke zu verzichten, solange
irgendwelche anderen zur Verfügung stehend

Die Universitätsleitung und das Kultusministerium waren nur unwesentlich solidarischer.
Sie erklärten sich zwar mit der Requisition des Kollegiengebäudes für Lazarettzwecke einverstanden
. Doch dürfe dies, so das Kultusministerium in einem Brief an die Heeresverwaltung
vom 8. April 1918, nur für den äußersten Bedarf erfolgen. Vorher müssten städtische Gebäude
wie die Oberrealschule in Anspruch genommen werden. Im Übrigen geschehe die Überlassung
des Kollegiengebäudes auf rein freiwilliger Basis.72 Die zögerliche Haltung der Universität
und des Kultusministeriums und der Versuch, die Angelegenheit auf die Stadt abzuwälzen,
brachten wiederum die Stadtverwaltung auf die Palme, zumal die Kriegslazarett-Direktion
40 der Stadt gegenüber bereits unmissverständlich klargemacht hatte, im Notfall auf weitere
städtische Gebäude zurückzugreifen. Unter Verweis auf einschlägige juristische Kommentare
zum Kriegsleistungsgesetz von 1873 schrieb das städtische Quartieramt am 11. April 1918 an
den Stadtrat: Es wäre ein unmöglicher Zustand, die gemeindlichen Schulgebäude beschlagnahmen
zu dürfen, die staatlichen aber verschonen zu müssen. Nach unserer Ansicht können die
staatlichen Schulgebäude, auch die Universitäten, ebenso für Kriegsbedürfnisse in Anspruch
genommen werden wie die der Gemeinde gehörigen^ Diese Beispiele zeigen: Zwar gelang es
den beteiligten Akteuren in einigen Fällen, ihre unterschiedlichen Interessen in längeren Aushandlungsprozessen
zu einem fairen Ausgleich zu bringen. Gleichzeitig kam es aber auch vor,
dass es die Verantwortlichen an Verständnis für die Belange des Anderen fehlen ließen. Vom
einmütigen Zusammenstehen in schwerer Zeit, wie es Werthmann im Vorwort des Buches über
das Freiburger Lazarettwesen beschworen hatte, war man jedenfalls, wie die beschriebenen
Auseinandersetzungen verdeutlichen, in erheblichem Maß entfernt.

Geologisches Institut an Akademisches Direktorium, 9.2.1918, UAF, B 1/377.
Geographisches Institut an Akademisches Direktorium, 12.21918, ebd.

Großherzoglich Badisches Ministerium des Kultus und Unterrichts an das Etappenkommando 28,
8.4.1918, ebd.

Städtisches Quartieramt an Stadtrat, 11.4.1918, StadtAF, C3/775/5.

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