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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2015/0107
nomene im Freiburger Lazarettwesen zutage traten. Zum anderen gibt es auch im Meinungsaustausch
über das Kriegslazarettwesen einige zukunftsweisende Elemente der Modernität.
Wie an einigen Beispielen, die sich im Übrigen noch vermehren ließen,94 gezeigt wurde, führte
etwa gerade das selbstherrliche und autoritäre Auftreten der Militärverwaltung zu erheblichem
Unmut über den Staat des späten Kaiserreichs. Desgleichen ließ die starke Inanspruchnahme
der Krankenschwestern im Krieg Forderungen nach einer besseren sozialpolitischen Absicherung
des Pflegepersonals aufkommen. Dementsprechend mahnte ein reichsweiter Ausschuss
der Frauenvereine des Roten Kreuzes, der kurz vor Kriegsende Schlussfolgerungen für die zukünftige
Stellung und Tätigkeitsbereiche der Frauenvereine zog, in einem Bericht eine bessere
Versorgung des Pflegepersonals an, sollte es zu einem Unfall und einer Invalidität kommen.
Darin forderten die Frauenvereine zudem höhere Rentenzahlungen für ihr Personal. Auch dieser
Bericht enthielt interessanterweise eine Spitze gegen die Militärverwaltung, machte er doch die
Bereitstellung von Verbandsmaterial und Räumlichkeiten durch die Frauenvereine für kommende
Kriege explizit davon abhängig, dass die Heeresverwaltung eine ausreichende Entschädigung
hierfür garantiere.95

Ebenso wenig darf die Kampfbereitschaft, wie sie sich in Charlotte Herders Haltung pars
pro toto widerspiegelt, mit einem aggressiven und chauvinistischen Nationalismus verwechselt
werden. Auch nach dem Beginn der Gefechte gingen Kampfbereitschaft und Friedenssehnsucht
bei vielen Menschen Hand in Hand. Beispielhaft hierfür steht ein Gedicht, das sich auf der
Rückseite eines Kunstwerks befindet, welches der Verband deutscher Krankenpflegeanstalten
des Roten Kreuzes am 22. Mai 1916 an alle Badischen Frauenvereine verschickte. Neben einer
trauernden Rotkreuz-Schwester unter einer Taube mit Friedenszweig stehen die Zeilen:96

Riesenkampf voll Wehen
Facht der Weltenbrand,
füllt den Schmerzensbecher
bis zum Kelchesrand.
Herr!

Hilf der Menschheit Wunden
Heilen Jahr um Jahr,
Lass die Welt gesunden
Zum Frieden! Immerdar.

[-]

Die alles in allem wenig bellizistische Haltung vieler Zeitgenossen schlug sich auch in einer
insgesamt humanen Behandlung der zahlreichen französischen Soldaten nieder, die in den
Freiburger Lazaretten versorgt wurden. So berichten Charlotte Herder und Anni Aschoff in
ihren Kriegstagebüchern unabhängig voneinander, wie das Pflegepersonal nach anfänglichem
Erschaudern vor dem „Feind" Mitleid für das Schicksal der französischen Soldaten entwickelte
und sich zwischen letzteren und den deutschen Lazarettinsassen bald erste Kontakte und sogar

Vgl. z.B. die indirekte Kritik von Anni Aschoff am autoritären Verhalten eines Militärangehörigen im
Reservelazarett, Aschoff (wie Anm. 81), S. 8.

Sitzungsprotokoll des Siebener-Ausschusses der Frauenvereine vom Roten Kreuz, GLA, 69 Badische
Schwesternschaft, Nr. 33. Das Protokoll ist ohne Datum, doch geht aus dem Kontext hervor, dass die
Sitzung im September oder Oktober 1918 stattgefunden hat.

Verband deutscher Krankenpflegeanstalten vom Roten Kreuz an den Badischen Frauenverein, 22.5.1916,
GLA, 69 Badische Schwesternschaft, Nr. 31.

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