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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2015/0128
nationalsozialistische Regime wollte, kurz vor seinem Ende, auch diese Gruppe ausmerzen. 26
von diesen 54 Menschen überlebten. Uber eine Mitwirkung Selbers findet sich der Hinweis,
dass er zwei der Deportationszüge begleitete, darunter einen bis nach Theresienstadt.50 Dass
Selber mit Judenangelegenheiten befasst war, zeigt auch die Rückseite der Einwohnermeldekarte
von Hedwig Levy: Nicht mehr da //lt. Gestapo (Selber). 21.10.1941. Das Schicksal von
Hedwig Levy, 1890 in Koblenz geboren, verheiratet, zwei Kinder, französische Staatsbürgerin,
habe ich bislang nicht aufklären können.51

Daneben stehen Zeugnisse von Jüdinnen und Juden, die nach Kriegsende für Eugen Selber
eintraten. Jeanne Loeb berichtete, sie habe es ihm zu verdanken, dass sie nicht in ein KZ eingewiesen
worden sei. Nathan Rosenberger (1874-1953), 1941/42 der letzte Bevollmächtigte der
Israelitischen Gemeinde in Freiburg, 1942 nach Theresienstadt deportiert und nach 1945 erster
Vorsteher der neu gegründeten Gemeinde,52 bestätigte, Selber habe ihn vor Maßnahmen der
Gestapo gegen Juden vorweg unterrichtet und bei den Deportationen den Betroffenen Lebensmittel
verschafft und Menschlichkeit gezeigt. Bei Verstößen gegen die geltenden Bestimmungen
habe er nichts gegen die betreffenden Personen unternommen, sondern sie über ihn gewarnt, in
Zukunft vorsichtiger zu sein. Auch habe Selber empfohlen, sich krank schreiben zu lassen, um
Transporten zu entgehen. Albert Wertheimer, in der Nazi-Terminologie ein „Halbjude", erinnerte
sich an einen gemeinsamen Tanzkurs 1918 mit Eugen Selber. Seitdem hätten sie sich immer
wieder getroffen, auch nach 1933. Selber habe ihn über Vorgänge bei der Gestapo informiert
und versprochen, ihn bei Gefahr zu warnen. Ahnlich sagten mehrere Juden zugunsten Selbers
aus.53

Haumann (wie Anm. 19), S. 338; Clausing (wie Anm. 19), 322f.; speziell zu den Deportationen 1942
und 1945: Peter Künzel: Auf behördliche Weisung eröffnen wir Ihnen ... Die Deportation der jüdischen
Bürger Freiburgs nach Theresienstadt am 21. August 1942 - Ein Beitrag zum 70. Jahrestag. In: Schau-
ins-Land 132 (2013), S. 125-149; Ders.: Aber es war eine Verschleppungsaktion ... Die Deportation der
jüdischen Bürger Freiburgs nach Theresienstadt am 13. Februar 1945, in: Schau-ins-Land 134 (2015).
Die Deportationslisten, zusammengestellt von Nathan Rosenberger, in: StadtAF, C5/2587. Zu Selbers
Mitwirkung: AOFAA, 1BAD 935 (handschriftlicher Bericht Selbers, vermutlich 1945, vgl. seine Aussage
vom 27.6.1949, Berichte von Albert Strupp 1948/49, Nathan Rosenberger und Wilhelm Alt-Rhoden
1949).

StadtAF, Einwohnermeldekartei; Archives Strasbourg, fichier domiciliaire no. 3 de la ville de Strasbourg
(603 MW 506: periode 1919-1939); für die Periode 1940-1985 liegt keine Karte vor (Auskunft
vom 24.2.2015). Am 28.2.1942 wurde in Straßburg notiert, Hedwig Levys Ehemann Samuel sei aus der
Evakuierung nicht zurückgekehrt.

Haumann (wie Anm. 19), S. 338f, und Gabriele Blod/Heiko Haumann: Zwischen Integration und „Judenhaß
", in: Geschichte der Stadt Freiburg (wie Anm. 1), S. 507-512, hier S. 510f.

AOFAA, 1BAD 935. Auf das Entnazifizierungsverfahren komme ich noch zurück. Ein Großteil der Unterlagen
in der Entnazifizierungsakte ist auch in Selbers Personalakte vorhanden (StAF, F 30/1 Nr. 1956).
Immer wieder finden wir in Erinnerungen verfolgter Personen - nicht nur jüdischer Herkunft - Hinweise
auf Warnungen durch Kriminal- oder Gestapobeamte, ohne dass deren Namen genannt werden. Wahrscheinlich
gab es mehrere, die sich derart verhielten. Möglicherweise ist in einigen Fällen aber auch
Selber gemeint. Nach einer Aussage Gertrud Luckners haben Gestapobeamte in Freiburg mehrfach bei
Menschen, die sie nicht antrafen oder die krank waren, von einer Inhaftierung abgesehen; vgl. Clausing
(wie Anm. 19), S. 303, Anm. 1295. Hans Kaufmann jüdischer Herkunft und Kommunist, berichtet, dass
ein Kriminalbeamter seinen Vater kurz vor dem 9.11.1938 warnte und ihm nahe legte, schnellstens in die
Schweiz zu flüchten: Bernd Hainmüller: Erst die Fehde - dann der Krieg. Jugend unterm Hakenkreuz
- Freiburgs Hitler-Jugend, Freiburg 1998, S. 128. Der abenteuerlichen Flucht der Brüder Martin und
Gerhard Bier im März 1944 ging ebenfalls eine anonyme Warnung vorweg (Hinweis von Ulrich Tromm,
31.5.2015, vgl. StadtAF, K 1/112). In einem Fall ist inzwischen Näheres bekannt. Karl Judas, der später

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