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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2015/0133
Ex.[ekution] fuhren wir dann jeweils in eine Gaststätte ausserhalb der Ex.-Gemeinde und
tranken eine Kleinigkeit. Dies sollte zur Herstellung des seelischen Gleichgewichts dienen,
wie es allgemein hieß.61

Anscheinend geriet Eugen Selber innerhalb der Gestapo immer mehr unter Druck. Schon
sein Verhalten in Tarnöw und im Fall der Bauersfrau war als unangemessen für einen nationalsozialistischen
Beamten angesehen worden. 1942 erhob SS-Obersturmführer Friedrich (Fritz)
Geßler (1898-?) von der SS-Versorgungsstelle, die im selben Gebäude wie die Gestapo in der
Goethestraße 33 untergebracht war - die ehemaligen Besitzer, Familie Liefmann, waren am 22.
Oktober 1940 nach Gurs deportiert worden62 -, den Vorwurf gegen Selber, er habe sich über
einen Befehl der SS und deren Führer gehässig und abfällig geäußert.63 Nur dem Eingreifen
seines Vorgesetzten Karl Traub sei es zu verdanken gewesen, dass eine Meldung an höhere Stellen
unterblieben sei. Das Missfallen gegen ihn und einen weiteren Gestapobeamten habe sich
dann derart verdichtet, dass beschlossen worden sei, sie beide auf eine Dienstreise nach Könitz
in Oberschlesien - heute Chojnice - zu schicken, wo sie als unzuverlässige Gestapobeamte erschossen
werden sollten.64 Dieser Vorgang lässt sich nicht mehr genauer aufklären.

Kurz vor Kriegsende wurden Selber noch einmal neue Aufgaben zugewiesen. Am 16. April
1945 erhielt er den Befehl, in Neustadt Deserteure festzunehmen, die sich im Schwarzwald zu
verstecken suchten. Dies habe er jedoch nicht getan. Anschließend wurde er nach Waldshut
abgeordnet. Dort war allerdings die Dienststelle der Kriminalpolizei schon abgezogen. Selber
kehrte über Neustadt nach Freiburg zurück und meldete sich am 14. Mai 1945 bei den französi-

BA-LB, B 162/19727, Vernehmung vom 24.3.1961 (Staatsanwaltschaft Karlsruhe 22 Js 520/60 gegen
Dr. Faber, alt: AR 243/59, Bd. I, Bl. 59-65, hier Bl. 62f.). Bei einer Vernehmung in derselben Sache kurz
zuvor hatte Selber sich noch nicht erinnert, im Gundelfinger Fall selbst Ermittlungen angestellt zu haben:
BA-LB, B 162/19732, Vernehmung vom 15.3.1961 (alt: AR 243/59, Bd. IV, Bl. 860-864). Zwischen der
Haft in Karlsruhe und im KZ Dachau (Häftlingsnummer: 28747) war Gumulka noch im Gefängnis Nürnberg
, zwischen dem KZ und dem Freiburger Gefängnis im Gefängnis Bruchsal gewesen. Im StAF liegt
unter dem Namen Gumulka keine Akte vor (Jochen Rees, Mitteilung vom 29.5.2015). Vgl. GLA, 520 Zugang
1997-95 Nr. 78, lfd. Nr. 449 (Gefangenenbuch Karlsruhe; Martin Stingl, Mitteilung vom 1.6.2015);
KZ-Gedenkstätte Dachau, Zugangsbuch Nr. 111/028726; International Tracing Service (ITS) Digital
Archive, Bad Arolsen, 0.1/21961545, 1.1.6.7/10656064 (Schreibstubenkarte Dachau), 1.1.6.1/9894101
(Listenmaterial Dachau/Zugangsbuch), 1.2.2.1/11374995 (Listenmaterial Gruppe PP/ Gerichtsgefängnis
Freiburg), 11424753 (Listenmaterial Gruppe PP; bei den weiteren exekutierten Polen handelte es sich,
worauf auch Selber hinwies, um Franz Koletzki, 2.2.1906-17.3.1942 - Bollschweil -, Stefan Kozlowski,
25.5.1921-15.1.1942 - Hinterzarten - und Johann Krol, 22.5.1899-19.5.1942 - Bötzingen -) und 11503162
mit 11575318 (Listenmaterial Gruppe PP/Polizeigefängnis Nürnberg), 2.1.3.1/70805285 (Listen von Angehörigen
der Vereinten Nationen/Landkreis Freiburg), 2.3.3.1/77515160 und 61 (Kartei der Verfolgten
in der französischen Zone), 2.3.3.3/78100684 (Kartei der verstorbenen Verfolgten). Zum Verfahren bei
Hinrichtungen von Polen, hier in einem Fall in Freiamt, Stolle (wie Anm. 10), S. 248 (vgl. S. 244-252).
Geschichte der Stadt Freiburg (wie Anm. 1), S. 312, 337.

Geßler gehörte der NSDAP und der SS seit 1932 an. Er wurde später im Zusammenhang mit dem Prozess
zur Aufklärung des Brandes der Freiburger Synagoge 1949 vernommen. Über eine SS-Versorgungsstelle
ist bislang nichts Näheres bekannt, vermutlich handelte es sich um den „Fürsorgereferenten" in der Freiburger
SS-Einheit (Heiko Wegmann, Mitteilungen vom 7.5. und 26.6.2015).

StAF, F 30/1 Nr. 1956, Schreiben Selbers an das Ministerium des Innern, 21.6.1952; vgl. AOFAA, 1BAD
935, Schreiben Selbers an den Untersuchungsausschuss, 6.9.1948: Er habe dies 1945 im Gefängnis von
einer inzwischen verstorbenen Person erfahren. Ein Zeuge konnte am 30.9.1948 und 28.2.1949 das Gespräch
bestätigen, sich aber nicht mehr genau an den Wortlaut erinnern. Immerhin wusste er noch, dass
von einem Strafkommando die Rede gewesen war. Ein weiterer Gesprächszeuge, der Kriminalbeamte
Fritz Schaffner (s. Anm. 53), wurde anscheinend nicht vernommen.

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