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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2015/0146
Moment glaubt Geismar, im Namen seiner „arischen" Ehefrau das Geschäft erwerben zu können
. Doch die Antwort der Freiburger Handelskammer macht diesen Hoffnungsfunken schnell
zunichte: Else hätte sich dazu von ihm als Juden scheiden lassen müssen - und dazu ist sie nicht
bereit.

Obwohl in einer „privilegierten Mischehe" lebend, wird er im November 1938 nach Dachau
deportiert. Dort erleidet er die erbarmungslose Härte des Regimes und kehrt einen Monat später
mit einer nachhaltigen Beeinträchtigung seiner Gesundheit zurück. Erneut fällt er in die Arbeitslosigkeit
; ein kleiner Trost mag sein, dass er sich voll und ganz dem Neugeborenen widmen
kann.

Dann rettet ihn der Gartenbaubetrieb Ludwig Bensei, der neben dem Hauptgeschäft in der
Freiburger Hansjakobstraße auch eine Filiale in Kirchzarten betreibt, mit seiner Einstellung:
Herr Fritz Geismar war vom 16. Mai 1940 bis 13. Februar 1945 in meinem Betrieb als Gartenarbeiter
in Stellung. In dieser Zeit erhielt er einen Stundenlohn von 60 Pf. Später 63 Pf. Und zuletzt
65 Pf]6 Natürlich ist er dienstverpflichtet und fernab seiner Qualifikation eingesetzt. Aber mit
dem Tag seiner Entlassung wird er einer weiteren, bedrückenderen Art von Zwang unterworfen,
bei der er nicht mehr die bei Bensei erfahrene Achtung seiner Menschenwürde erhoffen kann.

Freiburger „Mischlinge": Milli Günzburger und Wolfgang Axmann

Weil im israelitischen Glauben erzogen, leben die beiden Kinder von Julius und Antonia Günzburger
, geb. Feger, in einer „einfachen Mischehe" und gelten als „Geltungsjuden". Am Beispiel
von Milli Günzburger wird besonders deutlich, wie der Alltag dieser Gruppe von „Mischlingen"
jahrelang von Lebensbedrohung und beruflicher Diskriminierung geprägt ist. Milli wird 1921
in Freiburg geboren. Wir folgen ihrem Lebenslauf:17

An Ostern 1937 kam ich aus der Schule [in Burg bei Kirchzarten] und meldete mich
ein Jahr später in der Frauenarbeitsschule, weil ich Kunstgew erbler in werden wollte.
Nach einem Jahr kam die Verordnung, daß jüdische Schülerinnen die Schule nicht
mehr weiter besuchen dürfen. Somit waren meine Berufsaussichten zerschlagen, zumal
im selben Jahr mein Vater die Handelsgenehmigung entzogen bekam und wir
sparsamer leben mußten. In unserer Nachbarschaft arbeitete ich dann, bis der Krieg
ausbrach, bei einem Bauern. Der Ortsgruppenleiter von Kirchzarten verbot ihm aber
dann, mich weiterhin zu beschäftigen. Von da ab machte ich mit meiner Mutter Handarbeiten
im Auftrag. Im Frühjahr 1942 sollte ich dann mit meinem Bruder nach Polen
deportiert werden, was aber durch eine Eingabe meiner Mutter nach Karlsruhe
verhindert wurde. Im Frühjahr 1943 bekam ich dann vom Arbeitsamt Freiburg die
Weisung, beim Bürgermeister von Mengen meine Arbeit als landwirtschaftliche Hilfe
aufzunehmen. Im Laufe des Sommers wurde ich aber krank. Durch einen Beschluß
des Amtsarztes wurde ich von der landwirtschaftlichen Arbeit suspendiert. Ich wurde
dann in die Sümofag in Kirchzarten als Hilfsarbeiterin eingewiesen und blieb dort bis
die Deportation nach Theresienstadt am 13. Februar erfolgte. Auch mußte ich laut
Verordnung den Judenstern tragen.

StAF, F 196/1, Nr. 1871 (Fritz Geismar);.

StAF, F 196/1, Nr. 1969 (Milli Axmann). Der Lebenslauf wurde am 24.11.1955 von Milli Günzburger,
verheiratete Axmann, geschrieben und zum Zweck ihrer Wiedergutmachung dem Landesamt in Freiburg
zugesandt.

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