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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2015/0185
Buchbesprechungen

Landes- und regionalgeschichtliche Literatur

Adel in Südwestdeutschland und Böhmen 1450-1850, hg. von Ronald G. Asch, Vaclav Büzek und Volker
Trugenberger (Veröffentlichungen der Kommission für Geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg
: Reihe B, Forschungen 191), W. Kohlhammer Verlag, Stuttgart 2013, XXVII und 318 S., Abb.

Der vorliegende Band ist das Ergebnis einer deutsch-tschechischen Tagung in Sigmaringen vom Mai
2010. Im Mittelpunkt standen dabei Berichte über neuere Forschungen der Adelsgeschichte in beiden
Regionen von der frühen Neuzeit bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts. Für den mit dieser Materie wenig
Vertrauten stellt sich zunächst die Frage, was denn beide Gebiete miteinander verbunden haben könnte.
In den Beiträgen kommt aber zum Ausdruck, dass es zahlreiche Berührungspunkte zwischen Südwestdeutschland
und Böhmen (und auch Mähren) gab. Der Adel hatte nicht nur durch „Konnubien", also
Heiraten zwischen den Adelsabkömmlingen, sondern auch mittels Landerwerb in anderen Territorien für
vielfältige Kontakte gesorgt.

Nicht weniger als 15 Historikerinnen und Historiker aus Tschechien und der Bundesrepublik legen
nun in diesem Band ihre Forschungsergebnisse dar. Zunächst wird festgehalten, dass es sich in beiden
Bereichen um höchst unterschiedliche Territorien handelte. Während das Königreich Böhmen eine in
sich geschlossene, von Wien beherrschte Region war, stellte sich der habsburgische Besitz in Südwestdeutschland
reichlich zersplittert dar. Im Grunde ging es dem Adel aber überall darum, möglichst repräsentative
Positionen am Wiener Hof zu erlangen und gleichzeitig durch Besitzerwerb in anderen Ländern
ihre politische und materielle Situation zu verbessern.

Dabei spielte die Konfession - katholisch beziehungsweise protestantisch - eine wesentliche Rolle,
weil Wien alles daran setzte, die in der Reformation gebildeten protestantischen Gebiete zu rekatholisie-
ren. Während bis 1620, der Schlacht am Weißen Berg bei Prag, eine relative Toleranz den evangelischen
Adeligen gegenüber herrschte, hatten sie nach der militärischen Niederlage von 1620 kaum eine Chance
mehr ihre Konfession beizubehalten, wollten sie nicht Besitz und Einfluss verlieren. Nur in einzelnen
Gebieten Südwestdeutschlands, wo sich der Adel auf protestantische Herrscherhäuser in Württemberg,
der Pfalz und Baden stützen konnte, blieb man von Repressalien Wiens einigermaßen verschont.

Nicht unerheblich war der erzkatholische Einfluss des spanischen Königshauses auf die konfessionelle
Entwicklung in den habsburgischen Territorien. Es fand etwa in den Fürsten von Lobkowitz aus
Böhmen unerbittliche Lobbyisten des Katholizismus. Dafür wurde diese Adelsfamilie mit höchsten Ämtern
am Wiener Hof belohnt.

Eine Besonderheit sei noch erwähnt: der Konflikt zwischen Maria-Theresia und dem vorderöster-
reichisch-breisgauischen Adel in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Der Grund war ein dringender
Finanzbedarf der Kaiserin wegen der Aggressionen des preußischen Königs Friedrich II. Um gegen ihn
bestehen zu können, entschloss sich der Wiener Hof dazu ein stehendes Heer aufzubauen. Die dazu erforderlichen
Geldmittel hoffte Maria-Theresia durch eine Finanzreform einzutreiben, die auch den hohen
Adel und den Prälatenstand steuerpflichtig machte. Die hiesigen Adeligen versuchten ihrerseits wiederum
, durch zahlreiche Tricksereien den steuerfreien Status weiter zu behaupten. Als wichtiges Argument
galt dabei der Hinweis auf die enormen Zerstörungen, die die Franzosen in dieser Region angerichtet
hatten. Am Ende kam es zu einem Vergleich bei dem der Adel seine Führungsrolle behielt und der Einfluss
des Prälatenstandes sank.

Dies sind nur einige Aspekte, wie sie in den zahlreichen Beiträgen beschrieben werden. Insgesamt
gesehen ist der Sammelband ein wertvolles Mittel, die Geschichte des Adels in der frühen Neuzeit in den
beiden Territorien kenne zu lernen. Um eine größere Leserschaft an dieser Thematik zu interessieren,
wäre es sinnvoll, bestimmte Begrifflichkeiten, die uns heute fremd sind, in einem Glossar zu erklären.

Detlef Vogel

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