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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2015/0186
Karlheinz Deisenroth: Elsass - Land zwischen den Fronten. 1699-1870, 1914-1918, 1939-1945. Kriegsschauplätze
in den Vogesen und am Oberrhein (Historische Zeitbilder 8), Mörstadt Verlag, Kehl 2014,
349 S., zahlr. Färb- und S/W-Abb.

Mit der Traditionspflege haben es die französischen Streitkräfte leichter als die deutschen. In Colmar
prangt ein roter Teufel („diable rouge"), das Symbol des „152e regiment dTnfanterie", an einer vielbefahrenen
Straße auf einem Kreisverkehr vor den Kasernen aus wilhelminischer Zeit. Dem roten Teufel
begegnet der Besucher auch am Hartmannsweilerkopf auf Wegweisern zu den Relikten der erbitterten
Kämpfe, die sich im Ersten Weltkrieg hier konzentriert hatten. Auf dem Schlachtfeld von einst halten die
„Diables Rouges" alljährlich ihren Regimentstag. „Dabei ertönen in einem geschickten symbolischen
Arrangement in Erinnerung an den ersten deutschen Angriff im Januar 1915 ... Claironrufe von der Höhe
des Gipfels." Das ist nachzulesen in Karlheinz Deisenroths Buch über die Kriege und Kriegsschauplätze
im Oberelsass vom 17. bis ins 20. Jahrhundert mit Schwerpunkt auf dem Ersten Weltkrieg und innerhalb
dessen mit besonderem Gewicht auf dem Hartmannsweiler- und dem Lingekopf.

Der Hartmannsweilerkopf nimmt eine Sonderstellung ein wegen der unglaublich hohen Zahl von
Gefallenen und Verwundeten. Hier wurde um jeden Meter gekämpft, die Soldaten in den vorderen Schützengräben
konnten sich in die Augen sehen; im Lauf der Kriegsjahre 1915 bis 1918 wurde der Berg durchlöchert
durch den Bau von Unterständen und Munitionsbunkern; auf dem steilen Ostabhang entstand eine
abenteuerliche Serpentinenstraße. Nach dem Kriegsende ließ die französische Regierung im „Silberloch
", einer zentralen Stelle des ehemaligen Kampfgebiets, einen Soldatenfriedhof für die für Frankreich
Gefallenen anlegen, 1921 stellte sie das gesamte Schlachtfeld Hartmannsweilerkopf (französisch = Vieil
Armand) unter Denkmalschutz, bald darauf entstand das Monument National an der Departementale
431, wo sich im August 2014 der französische Präsident Hollande und Bundespräsident Gauck trafen.
Sie legten den Grundstein für das erste deutsch-französische Museum zum Ersten Weltkrieg, das 2017
eröffnet werden soll.

Der Besucherstrom zum Hartmannsweilerkopf aus Frankreich und Deutschland riss nie ab, intensivierte
sich aber im Vorfeld der Erinnerungsfeiern 2014, und natürlich sind es nicht nur Teilnehmer von
Studienfahrten mit kundiger Führung, wie sie der Autor des Öfteren mit Soldaten der deutsch-französischen
Brigade unternahm, sondern auch Besucher unterschiedlicher Couleur, die von der Tourismusbranche
angelockt und bedient werden. Mit höflicher Skepsis erwähnt der Verfasser die „mittlerweile dichte
Beschilderung" sowie einen projektierten „animierten Lehrpfad" von 4,5 km Länge. Das Engagement
für die Pflege und Erhaltung der authentischen Spuren und Denkmäler teilt er mit vielen Gleichgesinnten
, darunter General a.D. Pierre Alain Paulus, dem ehemaligen Präsidenten des Linge-Vereins, der das
Vorwort zu diesem Buch geschrieben hat. Paulus betont das besondere Schicksal der Elsässer, auf deren
Kriegerdenkmälern die in Frankreich übliche Formel „mort pour la France" ersetzt wird durch: „ä nos
morts"; denn die Elsässer waren 1914 Angehörige des Deutschen Reichs. Auf der französischen Seite
der Front hat aber mancher Soldat gestanden, dessen Eltern 1871 für Frankreich optiert und nach Innerfrankreich
umgezogen waren. Diese Situation - Mutter Elsass mit zwei gefallenen Söhnen - ist das Motiv
zweier Kriegerdenkmäler, die Paulus erwähnt: in Straßburg (Place de la Republique) und in Wintzenbach
im Unterelsass.

Deisenroth beschreibt detailliert das Kriegsgeschehen; die Ereignisse eines Tages können mehrere
Seiten füllen wie die des 21. Dezember 1915, an dem die französischen Einheiten unter maßgeblicher Beteiligung
der Diables Rouges in einem Überraschungsangriff die deutschen Stellungen überrannten und
den Gipfel des Hartmannsweilerkopfes einnahmen. Dieser Sieg war mit hohen Verlusten erkauft, „ca. ein
Drittel bei den Diables Rouges" (S. 134). Die deutschen Gegenmaßnahmen setzten umgehend ein, am
Folgetag wurden die alten Stellungen wieder besetzt. Der dramatische Hergang und die traurige Verlustbilanz
ist dem Text auf S. 136 und dem Gefechtskalender für den Abschnitt Hartmannsweilerkopf zu entnehmen
: Die Diables Rouges verloren 48 Offiziere und 1.950 Mann. Eine solche Übersicht hat der Verfasser
auch für den Abschnitt am Lingekopf zusammengestellt. Als Quelle nennt er u.a. das Kriegstagebuch
des Generals Hans Gaede (1852-1916), der seit 1907 in einer Art Vorruhestand in Freiburg lebte, bei
Kriegsausbruch als 62-Jähriger reaktiviert, in Karlsruhe zum Stellvertreter des Oberkommandierenden

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