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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2015/0194
Sara Capdeville: Kaufleute - Abenteurer - Sammler. Die Brüder Carl Friedrich und Carl Wilhelm Rosset
und die ethnographische Wissensproduktion in Freiburg, 1867-1895 (Schriften zur Ideen- und Wissenschaftsgeschichte
13), Verlag Dr. Kovac, Hamburg 2014, 115 S., 13 S/W-Abb.

Das schmale Bändchen ist aus einer Freiburger Magisterarbeit vom Wintersemester 2010/11 hervorgegangen
, die den Titel „Wissenschaft im Praxistest: eine Untersuchung ethnographischer Wissensproduktion
in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Das Beispiel der ,Sammlung Rosset' in Freiburg4' trug.
Die Autorin beschäftigt sich darin mit der Entstehung der Ethnologischen Sammlung des heutigen „Museums
Natur und Mensch" Freiburg und legt dabei einen besonderen Schwerpunkt auf die Biografien der
Brüder Rosset, die der Sammlung eine Vielzahl an Objekten aus Afrika überließen. Anstoßgebend war
offensichtlich ein Praktikum in der Ethnologischen Sammlung des Museums während ihres Studiums,
bei dem sie u.a. die „Sammlung Rosset" inventarisierte (vgl. S. 14, Fußnote 23).

Capdeville gibt zunächst in den ersten drei Kapiteln einen Überblick über das Entstehen der Disziplin
„Völkerkunde", insbesondere in Freiburg. Als Vorläufer können die naturhistorischen Sammlungen
angesehen werden, die an der Freiburger Universität seit dem 17. Jahrhundert existieren. Wirklich etabliert
hat sich die Völkerkunde als wissenschaftliches Fach jedoch erst im 19. Jahrhundert, als sich in der
Wissenschaft (vor allem Anthropologie und Urgeschichte), im bildungsbeflissenen Bürgertum („Museumsgesellschaften
") und in der (Kolonial-)Politik das Interesse auf das Fremde, Exotische richtete. Dass
in Freiburg seit den 1850er-Jahren sowohl von Seiten der Stadt als auch der Universität Sammlungen für
archäologische wie ethnologische Objekte initiiert wurden, spiegelt symptomatisch die skizzierte Stimmung
wider. Zentrale Persönlichkeiten hierbei waren die Professoren Alexander Ecker und Heinrich Fischer
(korrekt Leopold Heinrich Fischer, nicht, wie die Autorin angibt, Heinrich Leopold F. - auch wenn
F. unter dem Vornamen Heinrich publizierte) sowie der damalige Stadtarchivar Cajetan Jäger und der
Freiburger Kolonialwarenhändler und Stadtrat Dominik Rosset, Vater der beiden im Buchtitel genannten
Brüder. Erst 1904 ging die universitäre Sammlung, die inzwischen als „Museum für Urgeschichte und
Ethnographie" firmierte, als Dauerleihgabe in das 1895 gegründete städtische Museum für Natur- und
Völkerkunde ein.

Im vierten Kapitel berichtet die Autorin über das Leben und die abenteuerlichen Reisen der beiden
Rosset-Brüder. Der ältere der beiden, Carl Friedrich Rosset, wanderte 1869 nach Kairo aus und brachte es
zum Vizekonsul in Khartum (für Deutschland und England) und schließlich bis zum Generalgouverneur
in Dafür - hier als Vertreter des britischen Empires. Als Verwandter des oben genannten Mineralogen Fischer
erwarb er auf dessen Anregung bzw. Bitten hin Ethnographica und verschickte diese nach Freiburg.
1878 verstarb Carl Friedrich Rosset unter nicht ganz geklärten Umständen in Dafür - es gab Gerüchte, er
sei ermordet worden. Sein neun Jahre jüngerer Bruder Carl Wilhelm Rosset folgte dem Bruder 1873 nach
Afrika, widmete sich jedoch nicht der Politik, sondern nahm an mehreren Forschungsreisen teil und stand
in engem Kontakt mit den Freiburger Professoren Ecker und Fischer.

Im nächsten Teil folgt der Versuch einer Rekonstruktion der Geschichte der Freiburger ethnologischen
Sammlungen. Der Blick der Autorin auf die Hintergründe der Sammlungs- und Ausstellungspraxis
des ausgehenden 19. Jahrhunderts ist interessant und aufschlussreich, indem sie aufzeigt, wie es dabei um
eine „imaginative [...] Neuerschließung der Welt" (S. 69) ging, also sozusagen um eine erneute Koloni-
alisierung, diesmal mit wissenschaftlichen Mitteln. Sie geht detailliert auf die Inventare der Freiburger
Sammlungen ein, insbesondere das der Sammlung Rosset, und kann aus zahlreichen Originaldokumenten
zitieren. Reiche Informationen zieht sie auch aus Artikeln der „Freiburger Zeitung". Dort wurde über
das Museum für Urgeschichte und Ethnographie, über die 1872 gegründete Akademische Gesellschaft
sowie über wissenschaftliche Vorträge berichtet. Auch die Brüder Rosset waren Thema von Zeitungsberichten
. 1878 erschienen unter dem Titel „Lebensbilder aus Afrika" Briefausschnitte von Carl Friedrich
Rosset an seine Familie, 1885 acht Reisebriefe seines Bruders Carl Wilhelm.

Abschließend nimmt Capdeville zur Frage Stellung, ob menschliche Überreste heute noch in Museen
und Sammlungen aufbewahrt werden sollen. Sie plädiert klar für eine Restitution. Dass sie für
ihre Stellungnahme jedoch das Eingangszitat der „Empfehlungen des Museumsbundes zum Umgang mit
menschlichen Überresten in Museen und Sammlungen" von 2013 (S. 93) aus seinem Zusammenhang

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