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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2015/0201
klarer Sprache. Das Werk wurde mit aller Vorsicht dem Genre „Erinnerungen/Memoiren" gegenüber
wissenschaftlich erschlossen, Daten und Fakten überprüft und kommentiert im Abgleich mit den archivierten
Originaldokumenten und der Literatur. Über die Vorgänge in Baden am Ende des Ersten Weltkriegs
kennt sich niemand besser als Furtwängler, der die 2012 erschienenen „Protokolle der Regierung
der Republik Baden" bearbeitet hat.

Geiß schreibt aber nicht nur über seine Rolle und Karriere als Politiker; ausführlich geht er auf
seine Kindheit und Jugend ein: Während seiner sieben Volksschuljahre wurde er den Sommer über
als Hüte- oder Hirtenkind auf fremde Bauernhöfe geschickt. Nach der Schreinerlehre, die er in seiner
Heimat in Bayerisch Schwaben absolvierte, begab er sich auf Wanderschaft, die ihn durch Südwestdeutschland
und in die Schweiz führte, bis er in Mannheim hängen blieb. Es lohnt sich zu lesen und zu
staunen, wie er Widriges überwunden hat, was er mit seiner „fröhlichen aufgeweckten Veranlagung"
(S. 8f.) erklärt.

Es überrascht, dass diese vielseitige und gewichtige Persönlichkeit bisher relativ geringe Beachtung
fand. Es mag damit zusammenhängen, dass Geiß im Gegensatz zu manchen Mitakteuren aus den frühen
Jahren der Republik im Dritten Reich relativ unbehelligt blieb. Die Erinnerungen schrieb er laut Vorwort
für seine Nachfahren; gerne hätte er sie gedruckt gesehen. 70 Jahre nach seinem Tod ging dieser Wunsch
in Erfüllung. Renate Liessem-Breinlinger

Migration in Freiburg im Breisgau. Ihre Geschichte von 1500 bis zur Gegenwart, hg. von Ulrich P. Ecker
und Nausikaa Schirilla unter Mitarbeit von Christiane Pfanz-Sponagel und Hans-Peter Widmann,
Stadtarchiv Freiburg, Freiburg 2014, 304 S., zahlr. Färb- und S/W-Abb.

Seine „Heimat raste ins Nichts". So gab die Schriftstellerin Lotte Paepke eine der Migrationserfahrungen
ihres Vaters Max Mayer wieder. Der politisch engagierte Lederkaufmann aus der Freiburger Schusterstraße
war von den Nazis wie viele andere verfolgt und vertrieben worden. In den USA fand er keine
gelungene Existenz - er war ein Flüchtling geworden und blieb es. Auch wenn der Begriff „Heimat" für
manche ambivalent oder fragwürdig ist, verweist er auf existenzielle Werte, die durch Migration gefährdet
sind.

Warum Menschen ihre vertrauten Lebenswelten verlassen, wie ihr Ankommen in fremden Lebenswelten
- in Freiburg - gelingt oder scheitert, wie Migration gestaltbar ist, damit nicht die verlassene Heimat
und auch nicht die gesuchte neue im „Nichts" enden, solchen Fragen widmet sich die von der Stadt
Freiburg initiierte Veröffentlichung „Migration in Freiburg im Breisgau. Ihre Geschichte von 1500 bis zur
Gegenwart". Das Stadtarchiv unter der Leitung von Ulrich P. Ecker und die Freiburger Professorin Nausikaa
Schirilla haben die 300-seitige Publikation zusammen mit vielen anderen Beitragenden erarbeitet,
die es alle verdienten, einzeln genannt zu werden.

Das Buch wird durch Geleit- und Grußworte des Oberbürgermeisters und der Vorsitzenden des
Migrantinnen- und Migrantenrates in Freiburg eröffnet. Diese Doppelung setzt eine Ankündigung: Dass
es nicht nur um Zugänge zum Thema entlang den tradierten städtischen Institutionen geht, sondern dass
auch Migranten und Migrantinnen selbst in von ihnen getragenen Einrichtungen zu Wort kommen - ein
markantes Merkmal dieses Buches.

Ein Überblick über die Migrationsgeschichte im Allgemeinen und ein spezieller über die Geschichte
der Migration in Freiburg führen zum Thema hin. Darauf folgen 44 Beiträge in zwei Hauptteilen; der
erste ist mehr chronologisch aufgebaut und beginnt mit der Zuwanderung um 1500, der zweite wendet
sich intensiv den Fragen zu, wie heute von der Migration bestimmte Einzelne und Gruppen ihre neuen
Lebenswelten in Freiburg gestalten können.

Einige Beiträge sind wissenschaftliche Darstellungen, z.B. über die Auswanderung aus Freiburg
in die USA, über die Vertreibungen in der NS-Zeit oder über die aktuelle Migration in den Freiburger
Medien. Aber selbst diese vermitteln mit ihren konkreten Schilderungen und mit Verweisen auf Einzelschicksale
intensive Eindrücke und vermögen auch emotional zu wirken.

Das gilt auch für viele kürzere Texte, die wie Schlaglichter Migranten oder Migrantinnen ins Bild
setzen, etwa die Schneiderfamilie Schmidt auf dem Weg nach Amerika oder eine gewerkschaftlich akti-

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