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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
135.2016
Seite: 45
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von Judenhüten, die dabei gerade auch die flach nach vorne fallende Spitze der Kopfbedeckung
bieten - ganz ähnlich, wie das in Freiburg zu beobachten ist.6 Hinsichtlich der Geburtsszene mache
ich ebenfalls auf gewisse Parallelen (u. a. Abb. 3) aufmerksam.7 Es handelt sich dabei nicht
zuletzt um eine in der Regel8 bekrönte Frau, die nie einen Kerzenleuchter hält, zweimal indes
einen Kelch,9 einmal daneben noch einen Kreuzesstab,10 in einem Fall ferner - sozusagen statt
eines Kelchs - den mit einem Kreuzesnimbus versehenen Jesusknaben.11 Vom Betrachter aus
rechts neben dem Bett Marias (oder auch neben einer sitzenden Maria) wird überdies durchweg
das Judentum, die Synagoge, zur Darstellung gebracht, dreimal symbolisiert durch einen Mann,
durch Joseph mit dem Judenhut.12 Deshalb also votiere ich, wie einst Friedrich Kempf bzw. Karl
Schuster und wie Gustav Münzel, dafür, dass die beiden Freiburger Zeugnisse es doch mit der
Motivik, ja, mit dem Motiv „Kirche und Synagoge" zu tun haben werden.

Wiederaufnahme der Thesen: erste Reaktionen darauf und einige Präzisierungen

Diese Einschätzung, die sich von anderen Interpretationsversuchen absetzt und an ältere Vorschläge
anknüpft, ist recht freundlich aufgenommen worden. Sie kann im Übrigen wohl auch
noch zusätzlich abgesichert und konkretisiert werden.

Die Berner Kunsthistorikerin Naomi Lubrich13 - inzwischen Direktorin des Jüdischen Museums
der Schweiz in Basel - erklärte die von mir zur Identifizierung der genannten Figuren
vorgebrachten Argumente für sehr überzeugend. Und die junge Wissenschaftlerin äußerte zudem
: „Über den ,Fingerling'-Hut mit Gugel, wie ihn die Konsolfigur unter dem Pauluspfeiler
trägt, weiß ich übrigens von Felix Singermann, daß er für neueingewanderte bzw. fremde Juden
um 1290 in der Region um Nürnberg vorgeschrieben war - und unter Juden recht unbeliebt.
Diese trugen lieber Hüte mit Krempen und Kugelspitzen."14 Ähnlich erfreulich war die Reaktion
Konrad Kunzes. In der jüngsten Auflage seines Buchs „Himmel in Stein" heißt es nämlich:
„Am wahrscheinlichsten ist [...] doch, dass die [neben dem Bett Marias stehende] Figur die
Kirche versinnbildlicht. Vielleicht trug sie ursprünglich statt des Leuchters einen Kelch. Zusammen
mit Joseph, der am anderen Ende des Bettes sitzt und einen Judenhut trägt, könnte in

Wurzel Jesse im ca. 1310 entstandenen Chorgestühl des Kölner Doms; Codex Cremifanensis 243, fol. 24v
(vgl. fol. 32v), aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts. Siehe dazu Bachmann (wie Anm. 1), S. 104 samt
Abb. 14f.

U.a.: Blatt aus einem Evangeliar der Trierer Dombibliothek (Cleveland Museum of Art, J.H. Wade Fund,
Inv.-Nr. 1933.445.a), gegen Ende des 12. Jahrhunderts; Paris, Bibliotheque Nationale (BN) 1560, fol. 202,
13. Jahrhundert (Abb. 3); Biblia de San Luis , I, fol. 96, und II, fol. 4, erste Hälfte des 13. Jahrhunderts;
Codex Cremifanensis 243, fol. 53r. Siehe dazu Bachmann (wie Anm. 1), S. 100-102 samt Abb. 7-11.

Ausnahme: Blatt aus einem Evangeliar der Trierer Dombibliothek.

Paris, BN 1560, fol. 202; Biblia de San Luis, II, fol. 4.

Paris, BN 1560, fol. 202.

Biblia de San Luis, I, fol. 96; vgl. Biblia de San Luis, II, fol. 4; Codex Cremifanensis 243, fol. 53r.

Blatt aus einem Evangeliar der Trierer Dombibliothek; Paris, BN 1560, fol. 202; Codex Cremifanensis
243, fol. 53r.

In Kürze wird ihre sehr materialreiche und auch darüber hinaus beeindruckende Studie „The Jewish Hat:
An Iconography of Barbarians Slaves, and Outsiders" erscheinen, eingereicht bei der Zeitschrift „Jewish
History". Ein weiterer Aufsatz Lubrichs, nämlich „From Judenhut to Zauberhut: A Jewish Sign Proliferates
", wird demnächst in dem Periodikum „Asdiwal" (Revue genevoise d'anthropologie et d'histoire des
religions) veröffentlicht werden.

E-Mails von Naomi Lubrich an den Autor vom 20.5. und 21.5.2014.

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