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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
135.2016
Seite: 51
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Kind und seine Mutter nicht nimbiert sind. Zudem wird im übergreifenden Gesamt-Tympanon
ohnehin niemand durch einen „Heiligenschein" ausgezeichnet - auch nicht die Apostel —, außer
Jesus bei seiner Gefangennahme, seiner Geißelung und als Richter, der zwischen Maria und
Johannes dem Täufer thront.

Die nativitas-SzQnQ: heilsgeschichtlich zu begreifen und erst durch

Fritz Geiges mit der Kerze ausgestattet

Was den Bezug der soeben angesprochenen Szene auf das Motiv „Kirche und Synagoge" angeht
, sei noch zweierlei knapp zur Sprache gebracht. Zum einen soll etwas nachdrücklicher als
in meinem ikonografischen Aufsatz von 2013 ausgeführt werden, dass bei der Darstellung der
nativitas ohnehin nicht eben selten jene „heilsgeschichtliche" Konstellation im Blick ist. Zum
anderen möchte ich meine damals aufgestellte - überdies ja auch von Konrad Kunze erwogene
- Hypothese nun immerhin ein wenig detaillierter bedenken, nach der die jetzt einen Kerzenleuchter
tragende „rätselhafte Figur" 27 früher „vielleicht doch einen Kelch hielt".28

Dass die Geburtsszene sogar ohne eine von Maria (und Joseph) unterschiedene, eigens die
ecclesia symbolisierende Figur in zahlreichen Fällen gerade auch auf „Kirche und Synagoge"
zu beziehen ist, wird man, wie ich 2013 bereits ansprach, zunächst an der Präsenz von Ochs
und Esel ablesen können. Diese Anspielung auf Jes 1,3 wurde nämlich schon in der Antike
„im Sinne von Judentum und Heidentum"29 begriffen. Im Freiburger Tympanon ist der Ochse
denn auch, man möchte sagen, konsequenterweise auf der Seite Josephs platziert, während der
Esel entsprechend nahe an Maria und auch an die etwas in ihren Händen haltende, stehende
Person herangerückt wurde. Zudem hat Erika Dinkler-von Schubert bereits 1964 hinsichtlich
der ikonografischen Einordnung der aus dem 13. Jahrhundert stammenden nativitas-Scheibe
des Marburger Elisabethschreins (Abb. 6) mehrere einigermaßen analoge Zeugnisse und außerdem
mittelalterliche Aussagen (z.B. der „Glossa ordinaria") verglichen, und die Gelehrte
kann aufgrund dieser Daten formulieren: „Figurales Denken [bzw. „Typologie"] spannt das
nativitas-Bild des Hochmittelalters in den Rahmen heilsgeschichtlicher Deutung, ähnlich wie
es beim Kreuzigungsbild der Fall ist. Joseph [mit dem Judenhut] vertritt dabei die Rolle, die
unter dem Kreuz von der Synagoge gespielt wird", wobei „eine Ikonographie, wie der Elisabethschrein
sie gibt, das Alte Testament nicht als ,zerbrochen', sondern als ,erfüllt' versteht.
Wichtiger jedoch als Joseph, der nur den Gegenspieler abgibt, ist Maria; ihr fällt die Hauptrolle
zu [...]. Wie Joseph für die Synagoge, so steht Maria für die Ecclesia".30

Bei der Freiburger Tympanon-Szene ist nun freilich, vom Betrachter aus links, offenkundig
eine weitere Gestalt einbezogen, und diese „rätselhafte Figur" wird, wie nicht zuletzt die
eingangs erwähnten Entsprechungen nahelegen, ihrerseits die Kirche symbolisieren. Schon deshalb
scheint es gut möglich, dass sie früher nicht einen Kerzenleuchter in den Händen hielt,
vielmehr einen Kelch, also ein ziemlich häufig begegnendes ecclesia-Attribut.31 Für die durch

27
28
29
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31

se „Sonderform": ebd., Tafel 11, Abb. 21-23 und 25f. (zu Tafel 11, Abb. 21 siehe auch unten Abb. 6);
Schreckenberg (wie Anm. 16), S. 143, Abb. 22.

Kunze (wie Anm. 15), S. 73 (entsprechend auch: ebd., S. 72 [und zwar in der Uberschrift]).

Bachmann (wie Anm. 1), S. 102 (samt Anm. 34). Vgl. unten (bei) Anm. 46-48.

Ebd., S. 99 (samt Anm. 15). Vgl. bes. Dinkler-von Schubert (wie Anm. 24), S. 19.

Dinkler-von Schubert (wie Anm. 24), S. 18f. (vgl. überhaupt: ebd., S. 17-20). Vgl. Morsch (wie Anm.

23), S. (126-)127.

Siehe dazu (zunächst) nur Wolfgang Greisenegger: Artikel „Ecclesia", in: Lexikon der christlichen Iko-

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