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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
135.2016
Seite: 94
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2016/0094
Christian Berrolla konnte seine Lehre bei Meister Anselm Reydet nicht nachweisen. Seinerzeit
waren die Bedingungen für seine Lehre nur mündlich vereinbart worden. Inzwischen
war sein Lehrmeister verstorben und ein Lehrbrief daher nicht mehr zu erhalten. Ersatzweise
legte Berrolla nun auf Anforderung des Magistrats ein Schreiben vor, das der königliche Notar,
Burgvogt und Secretarius der Gemeinde Magland, Joseph Maniguet, verfasst hatte. Es wurde in
französischer und deutscher Sprache vorgelegt und berichtete über das, was seinerzeit zur Lehre
von Berrolla nur mündlich vereinbart wurde. Maniguet fügt hinzu, dass sich Berrolla während
seiner Lehrzeit als ein honeter junger Gesell aufgeführet, und hat niemandem Gelegenheit zu
einer Clage über seinen Lebenswandel gegeben, wie auch sich gebürent in guten Sitten, sowohl
zu Vergnügenheit als Zufriedenheit seinen Lehrmeisters Herr Reydet und mit denjenigen er umgegangen
erzeiget. Auf Glauben habe er unterschrieben zu Clus in seinem Studierzimmer am
29. September 1769.40

Die Freiburger Uhrmachermeisterschaft setzte sich hiermit kritisch auseinander. Dieses
Schreiben sei kein ordnungsgemäßer Lehrbrief. Es sei nicht auf Pergament geschrieben, enthalte
nicht die Namen und Unterschriften der Meister, das Zunftsiegel fehle. Abgesehen von
diesen formalen Fehlern habe der Notar keinen der örtlichen Uhrmachermeister zu Rate gezogen
, sondern sich ausschließlich auf die Aussagen Berrollas verlassen. Zudem sei die Lehrzeit
mit drei Jahren erheblich zu kurz gewesen. Eine ordentliche Lehrzeit für einen Großuhrmacher
betrage vier Jahre, für einen Kleinuhrmacher sechs Jahre. Dazu kämen mehrere Jahre der
Wanderschaft. Außerdem werde über das Freisprechen des Lehrlings nichts berichtet, das bei
aufgeschlagenem Zunftbuch und offener Lade geschehen müsse. Für das Ableben eines Meisters
, bevor er den Lehrbrief ausgestellt hatte, müsse die Zunft eine Bestätigung geben; hierzu
benötige man keinen königlichen Notar und Sekretär. Daher sei es nicht möglich, das Schreiben
als Lehrbrief anzuerkennen, und daher müsse die Aufnahme Berrollas in die Uhrenmacher-
meisterschaft und die Zunft abgelehnt werden.

Auch in dieser Angelegenheit wandten sich Kränckel und Berrolla an die vorgesetzte vorderösterreichische
Regierung und Kammer. Bereits am 2. August 1769 war von dort der Bescheid
ergangen, dass Kränckel die vorgelegte Rechnung zu bezahlen sei und dieser an Berrolla
sein Geschäft abtreten könne, wann letzterer wie nicht zu zweifeln, seine Profession wohl und
gut versehet. Berrolla solle die bürgerliche Aufnahme nicht versagt werden, falls nicht anderweitig
gegründete Anstände obwalten, darzumahlen keine neue Werckstatt errichtet, mithin denen
übrigen Uhrmacheren kein Eintrag andurch beschiehet.41 Nach weiteren Einwänden der
Uhrenmachermeisterschaft erging am 12. Dezember 1769 ein abschließendes Schreiben der
Kammer. Hierin werden die Bedenken der Uhrmacher gegen das Zertifikat des königlichen
Notars Maniguet beiseitegeschoben, da ihm die Glaubwürdigkeit nicht abgesprochen werden
könne. Weiter heißt es: Da nun auch über dieses die gute Aufführung des ersagten Berola wehrend
seiner Lehr Jahren in vollem Maas darin bestäthiget wird, er auch bereits Proben genug
von der Gründlichkeit seiner Profession, als worauf es hauptsächlich ankommet, abgelegt hat.
So habt ihr euch auch dabey zu begnügen, und den Supplicanten [...] seine Profession nach der
mit ihme ausgemachten Art ungehindert treiben zu lassen.42

In beiden Fällen setzte sich die Regierung und Kammer über die Entscheidungen von Magistrat
und Zunft hinweg. Im Fall Berrollas wurde deutlich: Die Ausübung des Berufs sollte
nicht mehr durch die Zunft geregelt werden, sondern im beruflichen Können begründet sein.

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Ebd.
Ebd.
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