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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
135.2016
Seite: 137
(PDF, 38 MB)
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Reaktion auf Antisemitismus

Obwohl sich der U.O.B.B. in erster Linie als eine Reaktion des jüdischen Bürgertums auf den
modernen Antisemitismus gebildet hatte, strebte der Orden keine offene Auseinandersetzung
mit dem Thema an. Vielmehr versuchte er, durch Erziehung seiner Mitglieder im Sinne einer
Stärkung des jüdischen Selbstbewusstseins oder mit Projekten wie der Berufsumschichtung
antisemitischen Vorurteilen die Grundlage zu entziehen und so zum Kampf gegen antijüdische
Auswüchse seinen Teil beizutragen. Mit dem Wiederaufleben der Judenfeindlichkeit in der
Weimarer Republik forderten einige Logen ein aktiveres Vorgehen und wünschten, den Kampf
gegen den Antisemitismus als eine der Hauptaufgaben festzulegen. Das Generalkomitee lehnte
dies jedoch ab und erklärte die Abwehr des Antisemitismus zur verpflichtenden Privatsache der
Mitglieder, da die Logen selbst nicht geeignet seien, öffentlich gegen diesen einzutreten.34

Bereits 1885 wurde in Freiburg der „Verein zur Förderung des Handwerks und der technischen
Berufsarten unter den Israeliten" gegründet, der sich ab 1889 in ganz Baden ausbreitete
und bis in die Weimarer Republik bestehen blieb. Ziel des Vereins war es, eine berufliche
Umorientierung der Juden zu fördern, um antisemitischen Vorwürfen gegen die jüdische Vorherrschaft
im Handel und in den sogenannten „Freien Berufen" die Grundlage zu entziehen.35
Unterstützung erhielt der Verein ab 1900 nicht nur finanziell von der Breisgau Loge, sondern
auch in praktischer Hinsicht, da sich diese bereits kurz nach ihrer Gründung für eine Förderung
des Landjudentums und der Landwirtschaft unter den badischen Juden einsetzte. Eine
erste Grundlage für das weitere Vorgehen, das in Zusammenarbeit mit den badischen Logen
aus Heidelberg, Karlsruhe und Mannheim erfolgen sollte, bildete eine Untersuchung der wirtschaftlichen
Lage der jüdischen Landbevölkerung im Großherzogtum Baden, die im Auftrag
der August-Lamey Loge Mannheim von Bruder Alfons Blum durchgeführt wurde. Blum kam
darin zu dem Schluss, dass die Hauptberufe der Juden vor allem durch die wirtschaftliche Entwicklung
Badens geprägt seien und somit hauptsächlich auf den Handel mit Vieh, Grund und
Boden, Landesprodukte und Geld entfielen, wobei 60 % dem Viehhandel und Warengeschäft
zuzurechnen waren.36 Weiter stellte er fest, dass viele jüngere Juden, die ein Handwerk gelernt
hätten, dies durch Druck ihrer Umgebung und der religiösen Anschauung zugunsten des Viehhandels
wieder aufgegeben hätten.37 Um dieser einseitigen Berufsstruktur entgegenzuwirken,
förderte die Breisgau Loge die landwirtschaftliche und handwerkliche Ausbildung. Es müssten
Wege und Mittel gesucht werden, um das jüdische Hausierertum, welches nur eine moderne und
hässliche Form des gewöhnlichen Schnorrertums sei, zu bekämpfen. Nicht bloß die Belästigung
der ansässigen Juden, sondern auch der nach außen hervorgerufene Eindruck, daß die Juden
Schundwaren durch das Land tragen, und die große Inanspruchnahme der Wohltätigen würden
es rechtfertigen, dass der Logentag sich mit dieser Frage beschäftigt?* Hier werden zwei
Aspekte deutlich: Erstens die antisemitischen Vorurteile, die der Handel mit Trödelwaren sowie

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U.O.B.B. 11 (1928), S. 197-202, hier S. 200.

Alfred Goldschmidt: 134. Generalkomitee-Sitzung am Sonntag, dem 25. April 1920, in: Bericht der
Großloge für Deutschland VIII U.O.B.B. 5 (1920), S. 53-59, hier S. 58.

Gabriele Blod/Heiko Haumann: Zwischen Integration und Judenhaß: Geschichte der jüdischen Gemeinde
, in: Geschichte der Stadt Freiburg, Bd. 3: Von der badischen Herrschaft bis zur Gegenwart, hg. von
Heiko Haumann und Hans Schadek. S. 507-512. hier S. 508.

Alfons Blum: Die wirtschaftliche Lage der Jüdischen Landbevölkerung im Großherzogtum Baden. Eine
socialpolitische Studie, Mannheim 1901, S. 15.

37 Ebd.. S. 20.

StadtAF, M 69.5/5 [1] 467.

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