Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
135.2016
Seite: 138
(PDF, 38 MB)
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das Bild des „Viehjud" und „Bändlejud" (Kurzwarenverkäufer) hervorriefen, und zweitens die
Tatsache, dass der Wirtschaftszweig finanziell wenig rentabel war.39

Erste Projekte zur Förderung der Landwirtschaft existierten bereits mit der Israelitischen
Gartenbauschule in Ahlen bei Hannover, die von dem Hannoveraner Logenmitglied Moritz
Simon gegründet wurde. Dieser entwickelte zusammen mit Gustav Tuch, Mitglied der Hamburger
Loge, das Konzept der „Inneren Kolonisation", das sich für die Sesshaftmachung jüdischer
Landwirte auf deutschem Boden einsetzte. Sie sahen es als die Pflicht der deutschen Juden an,
sich an allen Arbeitsgebieten des Staates zu beteiligen. Somit sei es ein soziales Gebot, dass
der Übergang zum Landbau zu beschleunigen sei.40 Auch der Verbund der süddeutschen Logen
entschloss sich, die Förderung der Landwirtschaft unter den jüdischen Jugendlichen voranzutreiben
, allerdings gelang dies erst 1912 mit der Abhaltung von landwirtschaftlichen Ferienkursen
in Rexingen im württembergischen Schwarzwald. Dort sollten die Söhne der Logenbrüder,
die zwischen 14 und 17 Jahren alt waren, bei ausgewählten jüdischen Familien untergebracht
werden und zwei bis dreimal wöchentlich jeweils zweistündige Unterweisung im Gartenbau
und eine Einführung in die botanische und geologische Eigenart der Region erhalten. Die „Verwertung
der gärtnerischen Produkte im Haushalt und die Verwendung der landwirtschaftlichen
Erzeugnisse für Handel und Industrie" war ein weiteres Thema, mit dem sich die Lehrlinge des
Ferienkurses beschäftigen sollten.41

Der Wandel in der Zionismus-Frage

Wie sehr sich der Orden im Kaiserreich zu seiner nationalen Identität bekannte, lässt sich auch
am Umgang mit dem Zionismus, der Bewegung zur Gründung und Siedlung eines nationalen
jüdischen Staates, festmachen. Gleichzeitig lässt sich daran auch erkennen, dass sich der Orden
in der Weimarer Republik gewandelt hatte. Durch seine neutrale Position und den Versuch, Anhänger
aller religiösen Richtungen im Orden zu vereinigen, waren neben Orthodoxen auch Befürworter
der zionistischen Bewegung vertreten. Während diese zwar im Orden aufgenommen
wurden, lehnte man gleichzeitig eine Zusammenarbeit mit dem Zionismus ab. Erste Konflikte
traten zutage, als die Münchner Loge gegen die Abhaltung des ersten Zionistenkongresses in
der bayerischen Landeshauptstadt protestierte und der Kongress letztlich aufgrund dieser massiven
Kritik nach Basel verlegt werden musste. Nachdem einige der Mitglieder zur Gründung von
lokalen zionistischen Gruppen aufgerufen hatten, erließ die Rheinland Loge eine Resolution
zur Bekämpfung des Zionismus.42 Das Thema führte auf einer Tagung der Großloge zu einer
intensiven Debatte: Auf der einen Seite wurde angeführt, dass der Zionismus eine Gewissensfrage
sei und somit ein Eingriff Unfrieden stiften könnte, da es das Recht jedes Einzelnen sei,
religiöse Bestrebungen nach eigener, innerer Überzeugung zu fördern. Andererseits wurde jedoch
die heimatliebende Grundhaltung des U.O.B.B. betont und argumentiert, dass die Pflege

Bernd Martin: Assimilation, Integration oder Zwangsanpassung? Streiflichter zur Geschichte der Juden
in Deutschland, Baden und Freiburg in der Zeit des Deutschen Reichs (1871-1945), in: Freiburger
Universitätsblätter 162 (2003), S. 91-105, hier S. 97. Zur näheren Entwicklung des Landjudentums und
dem jüdischen Viehhandel siehe Monika Richarz: Viehhandel und Landjuden im 19. Jahrhundert. Eine
symbiotische Wirtschaftsbeziehung in Südwestdeutschland, in: Menora 1 (1990), S. 66-88.

Gustav Tuch: Innere Kolonisation, in: Bericht der Großloge für Deutschland U.O.B.B. (1897), S. 39-42,
hier S. 39.

StadtAF, M 69.575 [1] 1725.
Reinke (wie Anm. 26), S. 333.

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