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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
135.2016
Seite: 139
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des Patriotismus zu den wichtigsten Aufgaben des Ordens zähle und folglich der Zionismus
mit den nationalen Aufgaben der Logen und des Ordens unvereinbar sei. Bestrebungen, die auf
die Errichtung eines national-jüdischen Staates abzielten, müssten zurückgedrängt werden. Zu
diesem Schluss kam auch das Generalkomitee und nahm den folgenden Antrag mit neun gegen
fünf Stimmen an: Das General-Comite erklärt, dass die Bestrebungen des Zionismus, soweit
sie die Gründung eines national-jüdischen Staates herbeiführen wollen, den Grundsätzen der
Loge und ihrer nationalen Gesinnung widersprechen. Von der Erörterung über diesen Gegenstandseitens
der Logen wird indess abgerathen [sie!], weil die Diskussionen darüber leicht das
Gebiet der Religion und Politik treffen könntet

Die lokale Umsetzung dieses Beschlusses war recht unterschiedlich. In Freiburg musste
sich die Loge intensiv mit der zionistischen Bewegung beschäftigen, da die Stadt zu einem „Ort
konzentrierter Auseinandersetzung mit zionistischem Gedanken- und Ideengut" avancierte.44
Eine zionistische Ortsgruppe entstand 1897, die sich vor allem aus Studenten und Jungakademikern
zusammensetzte. Aus einem Schreiben an die Breisgau Loge geht hervor, dass sich die
jüdischen Vereine Freiburgs geeinigt hatten, bei gemeinsamen Veranstaltungen und Vorträgen
stets einen neutralen Charakter zu bewahren. Anlässlich eines Vortrages von Dr. Meinrath aus
Konstanz zum Thema „Palästina" im Juni 1911 kam es jedoch zum Streit, da der zionistischen
Ortsgruppe vorgeworfen wurde, sich nicht an die Vereinbarung zu halten. Meinrath habe nicht
über die tatsächlichen Verhältnisse in Palästina berichtet, sondern vielmehr die Propagierung
des Zionismus zum Ziel gehabt.45 Die Loge weigerte sich daher den von der zionistischen Ortsgruppe
geforderten Beitrag für den Vortrag zu zahlen: Sie sei nicht dazu berufen, zionistische
Propaganda zu fördern oder zu bekämpfen.46 Auch der Leseverein beklagte den mangelnden
neutralen Charakter der gemeinsamen Veranstaltungen, die in überwiegender Mehrzahl nicht
zur Belehrung und Weiterbildung der Hörer geeignet seien, sondern vielmehr darauf abzielten
für eine gewisse Anschauung oder für bestimmte politische Zwecke Anhänger zu werben und
Mitglieder zu gewinnen. Dadurch widersprechen sie völlig dem, was — wenigstens von unserer
Seite — als Absicht der Vereinbarung gedacht war.47 Trotz dieses Konfliktes bestanden weiterhin
Beziehungen zu zionistischen Vereinigungen, die sich insbesondere durch Einladungen
der zionistischen Studentenverbindungen zu Vorträgen der Breisgau Loge - und umgekehrt zu
Semestereröffnungsreden - ausdrückten.

Mit der „Balfour-Deklaration"48 und der Möglichkeit der jüdischen Ansiedlung in Palästina
wurde die Frage der Haltung gegenüber dem Zionismus wieder aktuell und löste Debatten in
der Großloge aus. Eine erste Stellungnahme erfolgte 1921, als die jüdische Auswanderungsfrage
mit der Palästinafrage verbunden wurde. Diskutiert wurde eine Beteiligung der deutschen Logen
an der Aufbauarbeit in Palästina, wo bedingt durch die englische Politik eine hohe Anzahl
an jüdischen Auswanderern siedelte. Die Mithilfe durch die Logen könne jedoch nur erfolgen,
wenn betont werde, dass es sich um ein rein religiös-soziales Hilfsprojekt handelte und die Proklamation
eines politischen national-jüdischen Zionismus verhindert werden würde. Durch die
Mitarbeit der deutschen Logen versprach sich der Orden auch eine Stärkung des Einheitsgedan-

43 Aus dem Bureau der Großloge, in: Bericht der Großloge für Deutschland U.O.B.B. (1897), S. 44.

44 Clausing (wie Anm. 1), S. 58.

45 StadtAF, M 69.5/5 [1] lllOf.

46 Ebd., 1114f.

47 Ebd., lllOf.

48 In der „Balfour-Deklaration" vom 2. November 1917 erklärte sich Großbritannien einverstanden mit dem
1897 festgelegten Ziel des Zionismus, in Palästina eine „nationale Heimstätte" des jüdischen Volkes zu
errichten, wobei die Rechte bestehender nicht-jüdischer Gemeinschaften gewahrt bleiben sollten.

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