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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
135.2016
Seite: 163
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erschienenen Publikationen auch dem NS-Regime gedient hatten. Als Anhänger der nationalsozialistischen
Weltanschauung waren sie aber trotzdem nur mit Einschränkungen zu bezeichnen
.84 Als Mommsen 1946 um seine Rehabilitierung kämpfte, unterstützte ihn Meinecke nach
Prüfung der Sachlage durch ein entsprechendes Gutachten.85

Über den hier vorgestellten Kreis der Meinecke-Schüler hinaus gab es eine Anzahl weiterer
Historiker, die zwar über mehrere Semester bei Meinecke in Freiburg studierten, von ihm be-
einflusst und auch dauerhaft gefördert wurden, ihre Doktorarbeit aber anderen Orts einreichten.
Für diese Gruppe ist vor allem der mit Kaehler eng befreundete und wie Rosenzweig aus dem
wohlhabenden jüdischen Bürgertum Kassels stammende Hans Rothfels (1891-1979) repräsentativ.
Als begeisterter Leser von „Weltbürgertum und Nationalstaat", das in ihm den Wunsch geweckt
hatte, Historiker werden zu wollen, und ausgestattet mit einer Empfehlung Rosenzweigs kam er
im Sommer 1909 nach Freiburg.86 Im Juli 1914 hielt Rothfels auf dem Jägerhäusle die studentische
Abschiedsrede87 auf Meinecke; im Februar 1954 auf der Gedenkfeier der Freien Universität
Berlin die akademische Trauerrede.88 Dazwischen lagen auch die Jahre der Weimarer Republik,
in denen es zu wachsenden Spannungen zwischen beiden Gelehrten gekommen war, da sich der
von Meinecke 1924 in Berlin habilitierte und mit seiner Unterstützung 1926 nach Königsberg berufene
Schüler politisch immer weiter nach rechts orientierte und bei der Reichspräsidentenwahl
von 1932 sogar Hitler wählte.89 Trotz seiner nationalistischen Gesinnung wurde Rothfels 1936 die
Lehrbefugnis entzogen. Er näherte sich Meinecke wieder an und emigrierte 1939 über Oxford in
die USA. Nach seiner Rückkehr aus dem amerikanischen Exil (1951) hat Rothfels vor allem als
Begründer der westdeutschen Zeitgeschichtsforschung bleibende Spuren hinterlassen.

Meineckes Freiburger Lehrveranstaltungen bildeten noch für andere, später zu Ansehen gelangte
Historiker einen Anziehungspunkt. Hans Herzfeld (1892-1982), als späterer Gründer der

te er sich bereits im Februar 1933 einem Vordenker der nationalsozialistischen Geschichtspolitik, dem
Hamburger Otto Westphal, als Mitstreiter zur Verfügung: Aber für eine Aktivierung unserer Wissenschaft
in Ihrem Sinne und mit der Forderung politisch zu führen und nicht nur abzubremsen, gehe ich
ganz mit Ihnen einig. Vgl. Wilhelm Mommsen an Otto Westphal, 10. Februar 1933 (Privatbesitz Prof.
Hans Mommsen; jetzt BA Koblenz). Zu seiner Amtsenthebung vgl. Anne Christine Nagel: „Der Prototyp
der Leute, die man entfernen soll, ist Mommsen." Entnazifizierung in der Provinz oder die Ambigui-
tät moralischer Gewissheit, in: Jahrbuch zur Liberalismus-Forschung 10 (1998), S. 55-91.

Uber Schüssler hatte das Amt Rosenberg für den internen Dienstgebrauch im Juni 1938 einen Vermerk
angelegt, in dem es bezeichnenderweise hieß: Schüssler besitzt Loyalität gegenüber dem neuen Staate,
aber er kommt aus seiner konfessionellen Gebundenheit heraus zu keinem Bekenntnis zur nationalsozialistischen
Weltanschauung. Zitiert nach Heiber (wie Anm. 55), S. 557.

Vgl. Meinecke an Wilhelm Mommsen, 2. Dezember 1945 und 20. Februar 1946, in: Meinecke (wie Anm.
11), S. 439 und 442. Zu den Hintergründen der Amtsenthebung, bei der - wie immer in solchen Fällen -
auch unschöne persönliche Animositäten ausgetragen wurden, hat sich sein Sohn geäußert: Interview mit
Hans Mommsen, in: Versäumte Fragen. Deutsche Historiker im Schatten des Nationalsozialismus, hg.
von Rüdiger Hohls/ Konrad H. Jarausch, Stuttgart 2000, S.163-180.

Antrittsrede von Hans Rothfels in der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, abgedruckt in: Sitzungsberichte
der Heidelberger Akademie. Jahresheft 1958/59, Heidelberg 1960, S. 27-30.

Jetzt abgedruckt in Friedrich Meinecke: Akademischer Lehrer und emigrierte Schüler. Briefe und Aufzeichnungen
1910-1977, hg. von Gerhard A. Ritter (Biografische Quellen zur Zeitgeschichte 23), München
2006, S. 124-128.

Hans Rothfels: Friedrich Meinecke. Ein Rückblick auf sein wissenschaftliches Lebenswerk, Berlin
1954.

Vgl. Gerhard A. Ritter: Friedrich Meinecke und seine emigrierten Schüler, in: Meinecke (wie Anm. 87),
S. 13-111, hier S. 36.

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