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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
135.2016
Seite: 164
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Historischen Kommission zu Berlin führend an der Neuorganisation der deutschen Geschichtswissenschaft
nach 1945 beteiligt, wurde als Hörer der von Meinecke im Sommersemester 1911
angebotenen Vorlesung über „Europäische Geschichte im Zeitalter der Restauration und Revolution
(1815-1850)" in nichts weniger als einen Rausch der Begeisterung versetzt. Was Meinecke
brachte, war eine Paragraph für Paragraph sorgfältig ausgearbeitete Geschichte der behandelten
Epoche [...]. Der Stoff war überaus sorgfältig gegliedert, die Ausführlichkeit oder Knappheit ganz
bewusst und exakt geregelt. [...] Das war [...] im höchsten Grade anziehend.9® Dieser Eindruck war
so prägend, dass Herzfeld noch ein Semester länger in Freiburg blieb und fortan auch Meinecke
zu seinen Lehrern zählte. Bei der 1957 gestarteten Neuausgabe der Werke Meineckes beteiligte
er sich führend. Auch für den Schweizer Wirtschaftshistoriker Hermann Bächtold (1882-1934),
Sohn eines Polizisten aus dem Kanton Schaffhausen, bildeten die vier in Freiburg verbrachten
Semester (1906-1908) einen unvergesslichen Lebensabschnitt. Er fand Anschluss an den im Winter
1907/08 in schönster Blüte stehenden Freundeskreis um Sohm und blieb Meinecke wegen
seines unbändigen Erkenntnishungers in Erinnerung.91 Mit einer mehr als dreihundert Seiten umfassenden
Untersuchung zum „Norddeutschen Handel im 12. und beginnenden 13. Jahrhundert"
wurde er 1908 von Below promoviert und hatte 1920 das Glück, auf den Basler Lehrstuhl Jacob
Burckhardts berufen zu werden.92 Mit Willy Andreas (1884-1967) und Alfred von Martin (1882-
1979) versuchte Meinecke gegen Ende seiner Freiburger Zeit zwei bereits profilierten Nachwuchswissenschaftlern
in Freiburg die Habilitation zu ermöglichen, was aber in beiden Fällen an dem
ebenso hartnäckigen wie rätselhaften Widerstand Finkes scheiterte. Trotz seiner eigenen starken
Stellung wagte er es nicht, sich über das Veto des Kollegen hinwegzusetzen. Aufgrund seiner vielfältigen
Beziehungen fand Meinecke aber auch in diesen Fällen einen Ausweg: Andreas konnte
1912 seine im Auftrag der Badischen Historischen Kommission verfasste und von Meinecke als
dem zuständigen Berichterstatter betreute Darstellung zur „Verwaltungsorganisation und Verfassung
Badens" in Marburg als Habilitation einreichen.931916 bereits o. Professor in Rostock, wirkte
er ab 1923 in Heidelberg und trat 1932 durch eine Politik, Wirtschaft und Kultur gleichermaßen
erfassende Gesamtdarstellung „Deutschland vor der Reformation" hervor.94 Martin, der bei Finke
über den Humanisten und Kanzler der Republik Florenz, Coluccio Salutati, geforscht hatte,95 aber
von seinem Lehrer plötzlich fallen gelassen worden war, erhielt durch den ihm bereits seit einem
Burckhardt-Seminar (1906) näher bekannten Meinecke Empfehlungsschreiben, sodass er sich
1915 in Frankfurt habilitieren konnte.96 Die sofortige Veröffentlichung einer erweiterten Salutati
-Studie ermöglichte Meinecke durch die Aufnahme des Werkes in die von ihm herausgegebene
„Historische Bibliothek".97 Martin, der im Verlauf seines Lebens grundlegende Werke zur histori-

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Herzfeld (wie Anm. 37), S. 98.

Uber ihn Kaehler an Johannes Kramer, 30. August 1910, in: Kaehler (wie Anm. 42), S. 125f. sowie Meinecke
(wie Anm. 4), S. 196.

Vgl. Eduard Vischer: Hermann Bächtold. Gesammelte Schriften, Aarau 1939; Max Ammann: Die Evangelische
Politik' des Basler Historikers Hermann Bächtold, Zürich 1954; Hermann Bächtold, Emil Dürr
und der Historische Zirkel Basel - eine Gedenkschrift, hg. von Andreas Amiet, Basel 1984.

Darüber hat Andreas selbst anschaulich berichtet in: Willy Andreas: Lehrjahre eines jungen Historikers
in Karlsruhe (1908-1912). Erinnerungen von Willy Andreas, in: Badische Heimat 33 (1953), S. 7-19.

Willy Andreas: Deutschland vor der Reformation, Stuttgart 1932. Zuletzt erschien 1972 eine 7. Auflage.

Alfred von Martin: Coluccio Salutati's Traktat „Vom Tyrannen": eine kulturgeschichtliche Untersuchung
nebst Textedition, Freiburg 1913.

Meinecke an Walter Goetz, 12. März 1914, in: Meinecke (wie Anm. 11), S. 188f.

Alfred von Martin: Mittelalterliche Welt- und Lebensanschauung im Spiegel der Schriften Coluccio
Salutatis. München 1913.

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