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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
135.2016
Seite: 165
(PDF, 38 MB)
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sehen Soziologie verfassen sollte und schon vor 1933 Gegner des Nationalsozialismus war, dankte
Meinecke durch einen Beitrag zu dessen Festschrift zum 60. Geburtstag (1922) und blieb mit ihm
besonders in seiner Eigenschaft als Burckhardt-Forscher dauerhaft verbunden.98

Eine Rückschau auf den Freiburger Kreis der Meinecke-Schüler wäre unvollständig, wenn
dabei nicht auch an zwei „Ehemalige" erinnert würde, die fast gleichzeitig mit Meinecke nach
Berlin übersiedelten, dort wieder mit ihrem alten Lehrer verkehrten bis sie schließlich dem Terror
des NS-Regimes zum Opfer fielen. Die Studienrätin Lisa Eppenstein (1887-1942/Promotion
1913)" stammte aus einer hoch angesehenen jüdischen Kaufmannsfamilie aus Breslau, die ihren
alten Glauben aber nicht mehr praktizierte und stolz auf ihre preußische Staatsbürgerschaft war
(Abb. 7). Im Ersten Weltkrieg konvertierte Eppenstein, die wie ihre fünf Geschwister christliche
Schulen besucht hatte, zum Protestantismus. In der Zeit des Nationalsozialismus weigerte sich
die glühende Patriotin kategorisch, eine Auswanderung in Betracht zu ziehen. Als im Oktober
1941 die ersten großen Deportationen von Berliner Juden stattfanden, suchte sie Schutz bei den
Familien ihrer in Jena lebenden Geschwister. Trotz aller Bemühungen ein Bleiberecht zu erhalten
, wurde sie am 9. Mai 1942 in das Ghetto Belzyce bei Lublin deportiert, wo sie schließlich
im Oktober 1942 umgebracht worden ist. Unmittelbar vor ihrem Weggang aus Berlin hatte ihr
Meinecke seine gerade fertiggestellten Jugenderinnerungen mit einer persönlichen Widmung
übersandt. Unter den wenigen Habseligkeiten, die sie nach Belzyce mitbringen durfte, befand
sich neben Familienfotos auch ihre Freiburger Doktorurkunde - ein deutlicher Hinweis, wie
sehr sie die Erinnerung an die glückliche Freiburger Studienzeit festhalten wollte. Ein Schwager
Lisa Eppensteins, der Jenaer Arzt Ernst Wandersieb, informierte Meinecke im Mai 1946 in einem
erschütternden Brief über das Schicksal seiner einstigen Schülerin und dankte ihm für sein
freundschaftliches Wohlwollen bis zuletzt.™

Abb. 7

Die Freiburger Meinecke-Schülerin Lisa Eppenstein
(1887-1942): Studienrätin für Geschichte
und Erdkunde an der Fürstin-Bismarck-Schule
in Berlin. Im Mai 1942 als „nichtarische" Christin
in den Distrikt Lublin/Ostpolen deportiert
und dort Mitte Oktober ermordet (Sammlung
Meineke).

Alfred von Martin: Weltanschauliche Motive im altkonservativen Denken, in: Deutscher Staat (wie
Anm. 62), S. 342-384; von Martin an Meinecke, 16. Juni 1949, in: GStAPK Berlin-Dahlem, NL Meinecke
, Nr. 26.

Ausführlicher Stefan Meineke: Lisa Eppenstein, in: Jüdische Lebenswege in Jena. Erinnerungen, Fragmente
, Spuren, hg. vom Stadtarchiv Jena in Zusammenarbeit mit dem Jenaer Arbeitskreis Judentum, Jena
2015, S. 223-230.

Ernst Wandersieb an Meinecke, 29. Mai 1946, in: GStAPK Berlin-Dahlem, NL Meinecke, Nr. 51

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