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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
135.2016
Seite: 173
(PDF, 38 MB)
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sorge. Demnach sollten sich Menschen in erster Linie selbst helfen. Waren sie dazu nicht in der
Lage, sollte die nächsthöhere Ebene eingreifen. Bund und Länder hielten sich daher in sozialen
Fragen zurück, zugunsten der kommunalen Selbstverwaltung.9

Mit Blick auf Altenheime und -Wohnungen bedeutete das in der Praxis, dass Organisationen
der freien Wohlfahrtspflege - in Freiburg vor allem die katholische Caritas - Vorrang vor städtischen
Behörden hatten. Die Kommune, so die gängige Einstellung, solle die Angebote über
entsprechende Beschlüsse des Gemeinderates nur mitfinanzieren, sie aber nicht selbst verwirklichen
und durchführen. Letzteres sei nämlich insbesondere Aufgabe der freien Wohl fahr ts verbände
. Wollte die Stadt Freiburg also Wohnraum für ältere Menschen schaffen, führte kein Weg
an den gemeinnützigen Wohlfahrtsorganisationen vor Ort vorbei.10

Insgesamt ergab sich folgendes Problem: Einerseits steigerten Kriegszerstörungen und die
überdurchschnittlich hohe Zahl an älteren Menschen den Bedarf an Wohnraum und Pflegeeinrichtungen
in Freiburg. Diesen Bedarf zu erfüllen, war andererseits aber erschwert durch die
ungünstige Wirtschaftsstruktur, die mit einer tendenziell schwierigen Haushaltslage der Stadt
einherging, außerdem durch den überlasteten Wohnungsmarkt und die im Gesetz niedergeschriebene
Abhängigkeit der Stadtverwaltung von freien Trägern.

Vor diesem Hintergrund ist es umso bemerkenswerter, dass Freiburg schon Ende der
1960er-Jahre vermelden konnte, dass die Stadt unter anderem den Bedarf an Altenheimbetten
mehr als erfüllte und so die Empfehlungen nationaler Organisationen übertraf.11 Diese Entwicklung
hatte ihre Wurzeln in zwei wichtigen Faktoren: kulturellen Ansichten sowie dem Engagement
bedeutsamer Personen. An erster Stelle ist hier der langjährige Leiter des Freiburger Wohl-
fahrts- bzw. Sozialamtes12, Franz Flamm, zu nennen (Abb. 1). Flamm gehörte verschiedenen
Gremien auf Landes- und Bundesebene an, beispielsweise dem Altenhilfe-Fachausschuss des
Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge. Außerdem befasste er sich in zahlreichen
Fachartikeln und anderen Publikationen mit dem deutschen Sozialwesen und der Altenhilfe
.13

Flamm war somit ein Experte auf diesem Gebiet, der durch seine Gremienarbeit und das
daraus entstandene bundesweite Netzwerk stets die neuesten Entwicklungen in der Altenhilfe
mitverfolgen und für seine Arbeit vor Ort in Freiburg verwerten konnte. Zwar waren ihm, wie
oben beschrieben, wegen des Subsidiaritätsprinzips oft die Hände gebunden, doch gelang es
ihm immer wieder, das Thema in der Öffentlichkeit zu platzieren: sei es über Äußerungen in
den örtlichen Medien, sei es über den Wohlfahrts- bzw. Sozialausschuss des Freiburger Ge-

Vgl. Schäfer (wie Anm. 1), S. 235; vgl. Schneiders (wie Anm. 8), S. 19 und 46.

Siehe z.B. Niederschrift über die Sitzung des Wohlfahrtsausschusses der südbadischen Städte, 9.5.1957,
Staatsarchiv Freiburg (StAF), F 30/5-783; Schreiben des Sozialamts, 22.5.1969, Sozialamt Freiburg,
AZ 414-933.

Altenplan der Stadt Freiburg, 1.4.1969, S. 6f., StadtAF, C5/2495.

Das Freiburger Wohlfahrtsamt wurde im Gefolge des neuen Bundessozialhilfegesetzes 1962 in Sozialamt
umbenannt (Schreiben der Direktion des Städtischen Wohlfahrtsamtes, 6.6.1962, StadtAF, D. So. Gene-
ralia 12). Im Folgenden wird daher der Begriff ,Wohlfahrtsamf stets für die Zeit vor 1962 verwendet, der
Begriff, Sozialamt' für die Jahre danach.

Siehe z.B. Vortragsmanuskript für den Fachausschuss III „Altenpflege und Altersfürsorge" des Deutschen
Vereins für öffentliche und private Fürsorge, 16./17.7.1958, StadtAF, C5/2565; Franz Flamm: Sozialwesen
und soziale Arbeit in der Bundesrepublik Deutschland (Schriften des Deutschen Vereins für öffentliche
und private Fürsorge 250), Frankfurt a.M. 31980; vgl. Kenan H. Irmak: Der Sieche. Alte Menschen und
die stationäre Altenhilfe in Deutschland 1924-1961 (Schriftenreihe A: Darstellungen, Veröffentlichungen
des Instituts für soziale Bewegungen 20), Essen 2002, S. 91; vgl. Neisen (wie Anm. 7), S. 22f.

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