Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
135.2016
Seite: 190
(PDF, 38 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2016/0190
Fazit

Der Vergleich der Wohnversorgung für ältere Menschen in Freiburg und Castrop-Rauxel in der
Nachkriegszeit kontrastiert mit den Maßnahmen, die auf die Freiburger ,Zigeuner4 gerichtet
waren. Zugleich zeigt dieser die Vielfalt der Faktoren, die den Umgang mit hilfsbedürftigen
Menschen beeinflussten.

So spielte die Bevölkerungsentwicklung eine wichtige Rolle. Für die große Zahl älterer
Menschen entstanden in Freiburg sehr früh innovative Wohnangebote. Demgegenüber war die
Castrop-Rauxeler Bevölkerung lange überdurchschnittlich jung, sodass vergleichbare Einrichtungen
dort erst um 1970 geschaffen wurden. Ebenfalls von Bedeutung waren herausgehobene
Persönlichkeiten. Der langjährige Leiter des Freiburger Sozialamtes Franz Flamm war Experte
der Altenhilfe. Sein Wissen und seine Erfahrungen prägten die Entwicklung der Freiburger
Altenhilfe in den 1950er- und 1960er-Jahren. In Castrop-Rauxel fehlte ein solcher Fürsprecher.

Problematisch für die Entwicklung von Hilfsangeboten war dagegen sowohl in Freiburg
als auch in Castrop-Rauxel die finanzielle Lage der Städte. Geringe Steuereinnahmen und eine
zunehmende Verschuldung erschwerten die Umsetzung von Bauvorhaben für die ältere Bevölkerung
. In Anbetracht dieser begrenzten Ressourcen kamen kulturelle Ansichten zum Tragen.
Älteren Menschen wurde traditionell eine besondere Hilfswürdigkeit zugeschrieben, begründet
durch ihre angebliche Einsamkeit sowie den körperlichen und geistigen Verfall. Im Gegensatz
dazu galten die Freiburger ,Zigeuner4 lange Zeit als ,unwürdig4, was Versuche der Vertreibung
und zwangsweisen Anpassung an die Mehrheitsgesellschaft nach sich zog. Die ,Zigeuner4 in
Freiburg erhielten erst um 1970 Unterstützung, als ältere Menschen versorgt schienen und ein
neuer Sozialamtsleiter unter dem Einfluss bundesweiter ,Randgruppen4-Diskussionen sich ihrer
Probleme annahm.

Hilfsbedürftige Menschen waren somit darauf angewiesen, dass bestimmte sozioökonomi-
sche, politische und kulturelle Einflüsse zusammentrafen, damit Hilfsmaßnahmen eingeleitet
wurden. Gerade ,unwürdige4 oder zahlenmäßig kleinere Bevölkerungsgruppen waren dadurch
benachteiligt. Sie konnten aber immerhin darauf hoffen, dass sich die genannten Einflüsse mit
der Zeit doch zu ihren Gunsten änderten. Und sie konnten auch versuchen, die Entwicklung in
Bahnen zu lenken, die ihren Wünschen entsprachen - doch das kann in diesem Artikel nicht
mehr näher ausgeführt werden.62

62 Hierzu verweise ich auf meine Dissertation (siehe Anm. 3), dabei insbesondere die Kapitel 2.3.6 und
4.3.6.

190


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2016/0190