Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
135.2016
Seite: 193
(PDF, 38 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2016/0193
wissenschaftlichen Einsatz der an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg forschenden und lehrenden
Naturwissenschaftler. Hierzu passend folgt im Anschluss Arndt Schreiber, der über die Erfahrung und
Erinnerung des Ersten Weltkriegs an der Freiburger Alma Mater referiert und eine Kriegsbegeisterung
„am ehesten ... beim national gesinnten akademischen Milieu, insbesondere in der Studentenschaft"
feststellt. Anhand von populären Zeitdokumenten wie Kriegsliedern, -gedichten oder -tagebüchern sowie
Feldpostbriefen werden auch der Alltag der Menschen an und hinter der Kampflinie beleuchtet und
wieder lebendig. Aibe-Marlene Gerdes und Michael Fischer sowie Markus Eisen haben diese Quellengattungen
ausgewertet. Markus Eisen kommt dabei zum Ergebnis, „dass die Stimmung der Freiburger
Bevölkerung insgesamt eher zurückhaltend-bedrückt, denn nationalistisch-kriegsbegeistert war". Den
Schlusspunkt des Sammelbandes setzt Jan Merk mit einer Abhandlung über den heute fast in Vergessenheit
geratenen Dichter Rudolf Borchardt und dessen frustrierende Zeit als Offiziersaspirant bei dem in
der Garnison Müllheim stationierten Ersatzbataillon.

„Das Buch ist sehr gut: Kompetent und sachlich neu", so das Fazit von Gerd Krumeich bei der Vorstellung
des Werkes im Museum für Stadtgeschichte in Freiburg. Diesem Urteil kann man voll und ganz
zustimmen. Allein aus diesem Grund hätte der Sammelband eine höherwertigere Aufmachung verdient
gehabt. Es stellt eine wertvolle Ergänzung des vom US-Amerikaner Roger Chickering veröffentlichten
und ins Deutsche übersetzten Standardwerks „Freiburg im Ersten Weltkrieg. Totaler Krieg und städtischer
Alltag 1914-1918" sowie der Studie von Christian Geinitz über den Kriegsbeginn und das Augusterlebnis
in Freiburg dar. Hans-Peter Widmann

Gewalt und Widerstand in der politischen Kultur des späten Mittelalters, hg. von Martin Kintzinger,
Frank Rexroth und Jörg Rogge (Vorträge und Forschungen LXXX), Jan Thorbecke Verlag, Ostfildern
2015, 372 S.

Eine zentrale Frage, die sich die meisten Autoren dieses Bandes stellen, ist das Phänomen, das zu
Beginn des 14. Jahrhunderts zu beobachten ist: eine unvorstellbare Brutalität bei Bestrafungen durch
die Herrscher. Sie hat wohl in England ihren Ursprung, taucht aber in vielen anderen Ländern Europas
ebenfalls auf. War es eine zunehmende Unsicherheit der Herrschercliquen, die diese Gewalteruptionen
hervorriefen, wie manche Teilnehme an der Tagung meinen, oder sollte der immer manifester werdende
Widerstandsgeist so unterdrückt werden? Dabei muss man allerdings beachten, dass auch die
Gegner der Krone mit den Herrschern und ihren Ratgebern nicht eben zimperlich umgingen. Gerade in
England kam es nicht selten vor, dass abgesetzte Könige und ihre Günstlinge im Gefängnis ermordet
wurden. Dies hatte allerdings seine Begründung in der rechtlichen Situation des Souveräns. Er blieb
auch im Kerker legitimer Herrscher. Um einen Nachfolger zu küren, musste erst der alte König beseitigt
werden.

Hier seien nur einige Beispiele aus der Fülle von Gewaltanwendungen genannt, die die Autoren über
diese Zeit beschreiben. Es soll mit der Glimpflichsten begonnen werden: Um blutigen und verlustreichen
Begegnungen aus dem Weg zu gehen, gingen manche Städte in der Toskana dazu über, ihre Gegner
vor deren Stadtmauern mit Demonstrationen herauszufordern. Sie reichten von unflätigem Rufen bis zu
Umzügen von Soldaten mit Prostituierten. Umgekehrt aufgehängte Tiere oder auch anzügliche Münzprägungen
waren ebenfalls im Repertoire der Verspotter. Eine andere Besonderheit in dieser Zeit bildeten
vor allem in Frankreich die sogenannten „Rois des Ribauds" (Hurenkönige). Sie fungierten als offizielle
Amtspersonen oder Hilfstruppen, die nicht nur Bordelle und Spielhöllen kontrollierten, sondern auch die
Aufsicht über Spielleute und den Handel des Landes ausübten. Sie stellten auch oft die Rausschmeißer
vor dem Palast des Herrschers.

Um auf das eingangs genannte Phänomen zurückzukommen: Nicht nur im christlichen Abendland,
sondern auch in vom Islam beherrschten Gebieten wurde äußerste Brutalität als Ausdruck unbedingten
Herrscherwillens verstanden. Allerdings hatten Religions- und Rechtsgelehrte dort für eine dämpfende
Wirkung der Gewaltanwendung von Kalifen gesorgt. Zwar galt es Ungläubige gnadenlos zu vernichten
, wenn sie aber zum rechten Glauben zurückfanden, sollte man sie in Ruhe lassen. Auch christliche
Rechtsgelehrte plädierten für den Status eines gerechten Herrschers, der die Zuneigung seiner Unterta-

193


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2016/0193