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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
135.2016
Seite: 197
(PDF, 38 MB)
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ben sich Querbezüge wie zu Ernst August Göler von Ravensburg (1837-1912), dem beliebten langjährigen
Präsidenten des badischen Landesvereins für Innere Mission, den Heike Vierling-Ihrig vorstellt.

Eine typische Überschrift für die Lebensbilder der jüngeren Jahrgänge lautet: „Landespfarrer für
Diakonie in schwierigen Zeiten", womit Jörg Winter andeutet, dass Wilhelm Ziegler (1901-1993) „anfängliche
Sympathien mit dem NS" und den „Deutschen Christen" hegte. Ziegler, der väterlicher- und
mütterlicherseits aus einer Pfarrfamilie stammte, engagierte sich früh in der Wohlfahrtspflege, wirkte
in der Nachkriegszeit auf die Zusammenführung des Gesamt Verbandes der Inneren Mission und des
Evangelischen Hilfswerks hin und profilierte sich als Hauptgeschäftsführer des Diakonischen Werks
und durchsetzungsfähiges Mitglied der Pflegesatzkommission der Liga der Freien Wohlfahrtsverbände
in Baden-Württemberg. Christian Möller schreibt über den in Galizien geborenen und fast hundertjährig
in Karlsruhe verstorbenen Professor für Diakoniewissenschaften Herbert Krimm (1905-2002), der
nach Kriegsteilnahme als Militärgeistlicher und Gefangenschaft vermittelt von Eugen Gerstenmaier an
verantwortlicher Stelle im Zentralbüro des Hilfswerks der EKD in Stuttgart wirkte, ehe ihn 1961 die
Berufung nach Heidelberg erreichte. Auch Erich Kühn (1902-1979), der langjährige Pfarrer in Mannheim
-Neckarau, war Kriegspfarrer und stand als solcher „in außerordentlich hohem Ansehen", so Udo
Wennemuth, der Kühns selbstkritischen Umgang mit der Vergangenheit hervorhebt und mit einem Zitat
von 1945 belegt: „Wir gestehen, dass wir oft um das Kreuz herumgegangen sind". Nachhaltig wirksam
sind die „Neckarauer Liebeswerke" mit Einrichtungen für Alte und Behinderte und deml956 gegründeten
Johann- Sebastian-Bach- Gymnasium.

„Herausgefordert durch die Krankenmorde 1941-1944", so überschreibt der württembergische Kirchenhistoriker
Jörg Thierfelder das zentrale Kapitel seiner Studie über Pfarrer Adolf Meerwein (1898-
1969), den langjährigen Leiter der Heil- und Pflegeanstalt für Epilepsie in Kork, der lebenslang darunter
litt, dass er nur wenige seiner Pfleglinge retten konnte. Dieses Lebensbild ist auch von den äußerlichen
Ereignissen her aufwühlend und turbulent: 1939 bei Kriegsbeginn, wenige Monate nach Meerweins
Ankunft in Kork, wurde das Gebiet an der französischen Grenze evakuiert. Im September zog er mit
Mitarbeitern und Patienten sowie Insassen des Altersheims, insgesamt 393 Personen, nach Stetten im
Remstal, eine Kork vergleichbare diakonische Einrichtung mit 750 Pfleglingen. Hier erreichten ihn die
Maßnahmen der NS-Euthanasie: die Meldebogenaktion, eine erste „Verlegung" von Patienten. Nach dem
Frankreichfeldzug kehrten die Korker wieder zurück.

Thierfelder ist mit einem weiteren bewegten und bewegenden Lebenslauf vertreten: Gertrud Hammann
(1910-1990), in Karlsruhe geborene Christin jüdischer Herkunft, kirchliche Kindergärtnerin in
Neumühl bei Kehl, der 1937 die Arbeitserlaubnis entzogen wurde. Neumühler Gemeindemitglieder halfen
ihr, elsässischen Boden zu erreichen; die Oberin des Diakonissenhauses in Bischwiller vermittelten
sie in eine Familie in Montpellier. Als deutsche Staatsbürgerin wurde sie bei Beginn des Frankreichfeldzuges
1940 von französischen Behörden interniert und in das Lager Gurs gebracht, wo sie einige
Wochen vor ihrer Entlassung im Herbst die Ankunft der badischen und Pfälzer Juden erlebte. „In
Frankreich überlebt" und „Zurück nach Deutschland" überschreibt der Autor die weiteren Kapitel, ehe
er auf Gertrud Hammanns Leistungen als Landesfürsorgerin und in der evangelischen Frauenarbeit
eingeht. Um für die Nachkriegskarriere gerüstet zu sein, hatte sie die Evangelische Soziale Frauenschule
in Freiburg besucht. Der Herausgeber ordnete diese Frauen-Biografie dem Kapitel Diakonie zu,
wo er auch Regine Jolberg und das von ihm selbst verfasste Lebensbild der Henriette Frommel, geb.
Gambs (1801-1865), einfügte. Henriette Frommel, die Gattin des Maler-Professors und Direktors der
Karlsruher Kunstgalerie Carl Ludwig Frommel, hat sich um den „Verein der Kleinkinderbewahranstalt
Karlsruhe" verdient gemacht.

In den drei Beiträgen des Kapitels „Theologinnen" geht es um akademisch gebildete und examinierte
Frauen und ihren Weg zum und im kirchlichen Dienst. Mit dem Titel „Vikarin" wurden sie in den
Kriegsjahren zur Vertretung auf Pfarrstellen eingesetzt. Ab 1962 durften sie den Titel „Pfarrerin" führen
, jedoch ohne Ordination und volle Gleichstellung. Erst 1971 machte die Landessynode den Weg frei
zur Übernahme einer Pfarrgemeinde. Im selben Jahr wurde Pfarrerin Hilde Bitz als erste Frau in Baden
in ein Gemeindepfarramt eingeführt (Paul-Gerhardt-Gemeinde Mannheim-Neckarstadt). Sie schreibt
über zwei profilierte Vorkämpferinnen, die sie persönlich kannte: Grete Gillet (1895-1970) und Doris

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