Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
135.2016
Seite: 201
(PDF, 38 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2016/0201
Forschen schuf sie mit ihrem Buch ein Schatzkästlein, das die Kirchen- und Frömmigkeitsgeschichte
dieser Landschaft von der Christianisierung bis zur Reformation einprägsam darlegt, an Orten und Menschen
festmacht, alles wissenschaftlich hinterfragt und mit Anmerkungen und reichhaltigem Literatur-
und Quellenverzeichnis belegt. Ihrem Ehemann, dem Historiker Norbert Ohler, dankt sie für Begleitung
und Assistenz. In der Einleitung wird geklärt, wie der Breisgau hier geografisch definiert wird: Es geht
um den Bereich des Archidiakonats Breisgau, einen Verwaltungsbezirk der Diözese Konstanz, das später
Markgräflerland genannte Gebiet, das protestantisch wurde, ist also inbegriffen.

Wie langsam und - verglichen mit der linksrheinischen Nachbarschaft - verzögert sich das Christentum
im Breisgau entfaltete, vermittelt sie in einer der optisch ansprechenden handgezeichneten Kartenskizzen
: Im 7. und frühen 8. Jahrhundert gab es im Elsass die Klöster Odilienberg (690), Murbach (727) und
Luxeuil (610), am Bodensee Reichenau (727) und St. Gallen (719). Auf der vom Rheinknie umrandeten
Fläche ist zu lesen: „Im Breisgau entsteht nur eine Pilgerstätte (643), Waldbrüder hüten das Grab des hl.
Trudpert". Im Text wird diese frühe und dünn belegte Phase ausgiebig aus verschiedenen Blickwinkeln
betrachtet. Die heidnischen Alemannen praktizierten, was Pirmin, der erste Abt von Reichenau, seinen
Mönchen verbot: „bei Felsen und Bäumen, Ecksteinen, Quellen und Kreuzwegen" göttliche Kräfte zu feiern
. Geheimnisvolle Wälder spielen auch in den Viten der ersten Zeugen des neuen Glaubens eine Rolle. Es
waren „Einsiedler, die in aller Stille Gott dienen wollten: Landelin im Wald der Ortenau, Gallus in einsamen
Bergen am Bodensee, Trudpert in einem Schwarzwaldtal. Von jedem dieser drei sagte man später, er
stamme aus Irland. Unbestritten ist das nur für den Gründer von Luxeuil, für Columban". In Wort und Bild
weist die Verfasserin auf den von Archäologen bei den Alemannen im Breisgau festgestellten Übergang
zu neuem Begräbnisbrauchtum hin. Ab der Mitte des 7. Jahrhunderts, also vor der Unterwerfung der Alemannen
durch die Franken, bestatteten sie ihre Toten nach christlichem Verständnis nicht mehr außerhalb
in Reihengräbern, sondern ohne Grabbeigaben nahe beim Gehöft oder der Siedlung.

St. Trudpert ist ein Leitmotiv in diesem Buch. Das Bild der bestehenden Klosteranlage auf dem
Einband lädt ein zu einer realen Wanderung ins Münstertal, der Text zum Studium der Vita des Heiligen
und der Geschichte des 815 geweihten ältesten Klosters im Breisgau. Die Trudpert-Vita wurde von einem
St. Galler Mönch verfasst. Die Bedeutung des Klosters St. Gallen als Wahrer alemannischer Interessen in
den Auseinandersetzungen mit den Franken wird ausführlich angesprochen. Der Wanderweg dazu führt
jedoch nicht nur nach Ebringen, das im frühen 8. Jahrhundert im ältesten schriftlichen Dokument aus
dem Breisgau erwähnt wird, sondern auch nach Wittnau, wo St. Gallen ein Verwaltungszentrum unterhielt
. Eine dort gefertigte Urkunde von 786, die den Nachlass des Heimo von Merzhausen regelte, wird
ausschnittweise in Faksimile gezeigt. Klar steht darin die wohltuende Nachricht, dass ein Höriger seine
Freiheit erhielt. Weitere solcher Fälle finden sich im Abschnitt „Christliche Freiheiten für Unfreie". Im
Kapitel „Schulen christlicher Kultur" fragt die Verfasserin nach der Ausbildung der Landpriester oder
Leutpriester, ein Thema, das sie immer wieder aufgreift. Nicht alle beherrschten gutes Latein.

St. Margareten im Elztal, das Zweitälteste Kloster im Breisgau, 918 auf Reichsland für Frauen gegründet
und von Kaiserin Adelheid geschützt, ist ein lohnendes Ziel. Auch das war anfänglich eine Waldgeschichte
, in der Nachbarschaft entstand bald danach Waldkirch. Die vom Investitur streit ausgelösten
Erneuerungsbewegungen werden gewürdigt: Ulrich kommt aus Cluny nach Rimsingen und bleibt
dauerhaft an dem Ort, der bis heute seinen Namen trägt, im Möhlintal. Eindrucksvoll ist St. Blasiens
Strahlkraft dargestellt auf der Karte „1070-1161: eine bunte Klosterlandschaft entsteht". Die Pfeile zeigen
auf St. Cyriak, Gutnau, Bürgeln, Sitzenkirch, Weitenau und Berau. Den Zisterziensern, „wirtschaftlich
tüchtigen Mönchen", ist ein Großkapitel gewidmet. Auch das Kloster Tennenbach strahlt aus und bietet
Wanderziele: Altäre aus dem 1829 abgebrochenen Kloster in den Pfarrkirchen von Kiechlinsbergen und
Günterstal. Ein starkes Kapitel vermittelt den Inhalt des „Liber Decimationis", eines Steuerverzeichnisses
des Bistums Konstanz von 1275. Das Archidiakonat Breisgau war in fünf Dekanate eingeteilt.
Mancher der darin genannten Pfarrorte verdankt dieser Quelle seine Erstnennung. Freiburg gehörte wie
die Stadt Kenzingen mit 33 weiteren Kirchorten zum Dekanat Glotter. Auf zwei Karten lassen sich die
Strukturen auf einen Blick erfassen. Herdern bei Freiburg hat schon seine eigene Kirche. Die Fußnoten
verweisen u.a. auf Wolfgang Müllers im Jahrbuch Schau-ins-Land 94/95 (1976/77) veröffentlichte Forschungen
zur Pfarrorganisation im Breisgau.

201


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2016/0201