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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
135.2016
Seite: 202
(PDF, 38 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2016/0202
Es lohnt sich, dem individuellen Blick der Verfasserin auf und in das Freiburger Münster zu folgen
und die Kapitel über die neuen Orden des 13. Jahrhunderts zu studieren. Innerhalb Freiburgs Mauern
ließen sich zwischen 1233 und 1298 fünf Bettelordensgemeinschaften nieder: Dominikaner, Franziskaner
, Wilhelmiten, Augustinereremiten und Antoniter; in der nämlichen Zeit wurden sechs Frauenklöster
gegründet; um die Jahrhundertmitte erwarben die Johanniter und der Deutsche Orden Hofstätten in der
Neuburg, wo sich auch der Hof der Tennenbacher Zisterzienser befand. Eine Planskizze zeigt ihre Lage.
Die Mönche der Bettelorden waren in der Bürgerschaft gut integriert, sie wirkten in der Seelsorge, die
Dominikaner boten Bildung an, „Ordensritter und Bürger blieben sich fremd". Die Autorin legt einen
Schwerpunkt auf Frauenklöster, die sie am Beispiel von Freiburg den gesellschaftlichen Schichten zuordnet
, die sie gründeten und trugen: St. Maria Magdalena den Zünften, St. Katharina der bürgerlichen
Oberschicht, Adelhausen den Adelsfamilien. Sie führt durch den Alltag der Nonnen, der nicht nur aus
Kontemplation bestand, sondern irdisch bewältigt werden musste; ein wichtiges Amt hatte die Kellermeisterin
. Im Kapitel „Schlichte Frauenmystik" zeigt sie an einem Freiburger Beispiel, dass sich die
Frömmigkeit bis in den Grenzbereich von Visionen steigern konnte. Für Wonnental nennt sie uns besser
verständliche Ausgewogenheit zwischen klugem Wirtschaften und „frommer Fürbitte für die Menschen
in der Welt draußen".

Um zu zeigen, wo in Freiburg für Kranke und Altersschwache gesorgt wurde, führt Annemarie Ohler
den Leser auf den Münsterplatz, wo sich das Heiliggeistspital befand, dessen Geschichte durch den
Kunsthistoriker Sebastian Bock (2005) und den Historiker Hans-Peter Widmann (2006) gut erforscht ist.
Während das „Gotteshaus der armen Kranken" mitten in der Stadt lag, wurden die Aussätzigen außerhalb
der Stadt im Gutleut- oder Leprosenhaus abgesondert untergebracht. Die Kapelle bei dieser Einrichtung
wurde 1268 von Albertus Magnus eingeweiht. Die Autorin erinnert nicht nur an den großen gelehrten
Dominikaner, sondern auch an die „tüchtigen Spitalmägde" die die schmutzigen Arbeiten ausführten,
und gleichermaßen an die Beginen in den Regelhäusern, die freiwillig solche Dienste auf sich nahmen.
Überschrieben mit den Stichwörtern „fremd, verleumdet, verfolgt" geht die Verfasserin auf die Geschichte
der Juden in Freiburg ein. Zu Beginn des Kapitels führt sie den Leser in die Vorhalle des Freiburger
Münsters und zeigt Synagoge und Ecclesia und Josef, der „in Nachdenklichkeit bei der Krippe" sitzt. Der
Skulpteur des 13. Jahrhunderts hat ihn durch den „Judenhut" seinen Zeitgenossen als Juden kenntlich
gemacht. Auch im Fensterschmuck fand sie Abbildungen zum Thema. Das Pogrom von 1349 war nicht
das Ende der Freiburger Judengemeinschaft. Ab 1424 waren durch Ratsbeschluss Juden in Freiburg jedoch
unerwünscht und durften die Stadt „höchstens auf der Durchreise betreten". Diese Entscheidung
fiel, als Freiburg freie Reichsstadt war von 1415 bis 1427, nachdem der Landesherr Herzog Friedrich von
Osterreich, der dem in Konstanz abgesetzten Papst Johannes XXIII. zur Flucht nach Freiburg verholfen
hatte, vom König mit dem Bann belegt worden war.

Als Lichtblick im konfliktreichen 15. Jahrhundert, dessen „ungeheilte Risse in der Kirche" die Autorin
offen legt, erscheint die Gründung der Freiburger Universität 1457. Als berühmten Absolventen und
Lehrer stellt sie den Kartäusermönch Gregor Reisch und sein enzyklopädisches Werk „Margarita philo-
sophica" vor, das der Erkenntnis entsprach, dass weltliches Wissen auch für Theologen unverzichtbar sei.
Den Alltag der Studenten in den „Burse" genannten Hausgemeinschaften mit ihren geistlichen Lehrern
illustriert sie mit einem Bild aus den „Statuta Collegii Sapientiae" von 1495, das zwei Studenten vor dem
Bursengericht zeigt. Die letzte der mehrfach hervorgehobenen Kartenskizzen zeigt wieder das Archidi-
akonat Breisgau, im Norden und Westen begrenzt vom Bistum Straßburg, im Süden vom Bistum Basel,
nun gehören die badischen Territorien aber nicht mehr zum Bistum Konstanz. Mit dem Jahr 1556, in dem
der Markgraf von Baden-Durlach die Beschlüsse von Augsburg - cuius regio, eins religio - umsetzte,
beendet die Autorin die Wanderungen durch das Mittelalter.

Ihr Buch ist in jeder Beziehung ein Unikat, man möchte sagen ein Hausbuch, das man gern immer
wieder zur Hand nimmt, ansprechend und aussagekräftig illustriert, verfasst in gepflegter freundlicher
Sprache, die sich eignet, auch komplizierte Zusammenhänge zu vermitteln. Ein Register wäre eine nützliche
Zutat. Renate Liessem-Breinlinger

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