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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
135.2016
Seite: 205
(PDF, 38 MB)
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schäftigung mit Lyrik. Nervt Lyrik wirklich? Martina Backes untersucht diese interessante Frage an
den Liebesliedern des Brunwart von Auggen. Heute scheint die Lyrik als literarische Gattung von der
Lebenswelt und der sprachlichen Alltagspraxis weit entfernt. In der Liebeslyrik des Mittelalters wird
ausdrücklich die didaktische und erzieherische Funktion herausgehoben, die allein eine umfassende
Bildung vermittelt. Die Liebeslieder des Minnesängers Brunwart von Auggen sind auf diesem kulturgeschichtlichen
Hintergrund zu sehen, die in der berühmten „Manessischen Liederhandschrift" enthalten
sind. Politisch betätigte er sich im 13. Jahrhundert als Schultheiß von Neuenburg am Rhein. Die beiden
Beiträge von Jörg W. Busch und Heinz Krieg beschäftigen sich mit dem Reichschronisten Matthias
von Neuenburg. Hierbei vor allem mit der Frage, wo er Lesen und Schreiben gelernt hat. Unter 1.600
Neuenburger Urkunden finden sich nur elf Belege für einen Schulmeister oder scolasticus, weniger für
eine Schule. Ein Schulbesuch des Matthias von Neuenburg (1295-1365/1366) steht außer Frage, denn in
den Matrikeln der Universität Bologna ist sein Studium bezeugt. Die Bedeutung seiner Chronik wird
wissenschaftlich untersucht und kann zu den „wichtigsten erzählenden Quellen zur Reichsgeschichte
des 14. Jahrhunderts gerechnet werden". Thomas Zotz untersucht die Bedeutung der Lateinschulen am
Oberrhein, die an die örtlichen Pfarrschulen angeschlossen waren. Am Anfang standen die Dom- und
Stiftsschulen in Basel und Straßburg mit dem Chordienst der Schüler. Die Veränderungen in Zeiten des
Humanismus und die Entwicklung der Lateinschule als Basis der Universität werden ausführlich bis
zum Jahr 1773 am Beispiel Freiburgs beschrieben, in dem die Lateinschule zur Staatlichen Normalschule
umgewandelt wurde. Sind Schulen politische Instrumente? fragt Dieter Speck in seinem Beitrag.
An verschiedenen Beispielen werden Schulkonzeptionen jesuitischer und protestantischer Prägung dargestellt
, wobei die Tätigkeit der Jesuiten das Ziel hatte, das vorderösterreichische Territorium wieder
vollständig zu rekatholisieren. In dem Beitrag von Eric Ettwiller wird gezeigt, wie die Germanisierung
des Elsasses nach dem Anschluss an das Deutsche Kaiserreich vorangetrieben wurde. Das Elsass war
zwar im Wesentlichen deutschsprachig, das Nationalbewusstsein aber bei allen Volksschichten französisch
. Der Beitrag beschäftigt sich mit der schulpolitischen Zielsetzung, den weiblichen Teil der Bevölkerung
über die Struktur des höheren Mädchenschulwesens zu „germanisieren". Sowohl die Akteure
als auch der Erfolg werden kritisch betrachtet. Die Gründung der Universität Straßburg 1872 ist das
Thema von Eckard Wirbelauer, vor allem aber die politischen Dimensionen des vielfach verwendeten
Begriffs „Reichsuniversität". Beleuchtet werden alle Aspekte und Positionen über die Ausrichtung der
neuen „Reichsuniversität", besonders das Interesse des neuen Staates an der Einrichtung einer „Rechtsund
Staatswissenschaftlichen Fakultät". Wolfgang Hug zeichnet die Reformstufen der Lehrerbildung in
Baden nach, von den Präparandenanstalten des 18. Jahrhunderts über die Schullehrerseminare des 19.
Jahrhunderts bis zu den Lehrerbildungsanstalten und Pädagogischen Hochschulen des 20. Jahrhunderts.
Bei allen Institutionen werden die politischen und gesellschaftlichen Kräfte und Strömungen untersucht.
Auch der durch die 68er-Bewegung eingeleitete pädagogische Paradigmenwechsel wird beleuchtet. In
allen Ausführungen wird erkennbar, dass es „auf die Lehrperson ankommt". Gesellschaftliche Wandlungsprozesse
zwischen 1945 und 1980 werden anhand von Abitursfeiern und Abitursreden verdeutlicht
(Torsten Gass-Bolm). Im Wandel der Abiturreden und -feiern spiegeln sich gesamtgesellschaftliche Prozesse
, die einen Paradigmenwechsel sichtbar machen: nach 1968 Demokratisierung statt Bildung.

Insgesamt ist der Tagungsband ein wertvolles Mittel, die Geschichte der Schule und verschiedener
Bildungsmöglichkeiten am Oberrhein vom Mittelalter bis heute kennen zu lernen. Positiv erscheinen die
unterschiedlichsten Sichtweisen, die durch ausführliche Quellen belegt und ergänzt werden. Die Beiträge
zeigen durchgehend die wissenschaftliche Intensität der Autoren für die Thematik in der Verarbeitung eines
umfangreichen und aktuellen Quellenstudiums. Friedrich Schöpflin

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