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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
135.2016
Seite: 218
(PDF, 38 MB)
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Silvester; Gesellschaftsspiele, Bolzen im Hof und einmal sogar Völkerball Jungen gegen Mädchen (sonst
waren die Geschlechter streng getrennt); kleine Geschenke, die nicht gleich weggenommen wurden; Ausflüge
in die Umgebung, auch zum Schauinslandrennen, sowie eine Fahrt auf dem Rhein. Zeitweilig kam
einmal im Monat eine Frau und steckte ihnen durch das vergitterte Fenster eine Leckerei zu; erst später
erfuhr Pater Hans S. (geb. 1952, 1955-1962 im Haus), wer die gute Fee war: Gertrud Luckner, die Juden
das Leben gerettet und mit knapper Not das KZ Ravensbrück überlebt hatte.

In den Biografien überwiegen die Schattenseiten. Am meisten hatten Kinder zu leiden, um die sich
kein Außenstehender kümmerte: Ausbeutung durch harte Arbeit in Haus, Stall und Garten; „pure und
perverse Gewalt" (brutale Prügel, oft heimlich verabfolgt; Terrorregime älterer Jungen); ekelhafter Essenszwang
; individuelle und kollektive Strafen (Entzug der Lieblingspuppe, Fernsehverbot); unflätige
Beschimpfungen; tief verletzende Erniedrigungen (vor allem, aber nicht nur von Bettnässern). Mädchen
hatten unter der unterlassenen sexuellen Aufklärung, Jungen unter gröbster Missachtung der Schamschwelle
und sexuellem Missbrauch zu leiden. Wer sich widerborstig zeigte, geriet vom Regen in die
Traufe, wurde als Hütebub zu Bauern oder in ein Heim für Schwererziehbare geschickt, ohne vorherige
Aussprache. Die Ordensschwestern wurden als scheinheilig und heimtückisch erlebt; dem Pfarrer ist
nicht vergessen, dass er das Beichtgeheimnis bedenklich gehandhabt hat. Dazu kam, dass Kinder nicht
ihren Fähigkeiten entsprechend gefördert, der Wunsch, eine weiterführende Schule besuchen zu dürfen,
abgeblockt wurde. Wenige Zöglinge haben das Abitur geschafft, noch weniger ein Studium abgeschlossen
. Es verwundert nicht, dass Erlittenes in Worten wie „der reinste Horror", „bestialisch", „Sadismus"
zusammengefasst wird. Seit etwa 1967/1970 hat sich eine gewisse Humanisierung angebahnt, erst recht,
als 1975 die Schwestern in ihr Mutterhaus oder in Altenheime umzogen.

Zu den Langzeitfolgen der „Hölle auf Erden" gehört, dass viele Ehemalige bis heute ihren Rachedurst
an Nonnen kühlen möchten, aus der Kirche ausgetreten sind, die Religion hassen. Nicht wenige sind
straffällig geworden, leiden unter Traumata, Drogenproblemen und der Unfähigkeit, sich langfristig zu
binden. Von anderen ist der vorzeitige Tod bekannt geworden.

Wie hat es dazukommen können? Die Schwestern waren unzulänglich ausgebildet und überfordert,
was zu Alkoholproblemen führte. Es fehlte an wirksamen Kontrollen und vor allem an geeignetem Personal
.

Weltweit müssen Millionen von Waisen ohne Familie aufwachsen. Frauen und Männer, denen sie
anvertraut sind, sollten wissen, welchen Versuchungen das Personal ausgesetzt ist. Dazu eine Anregung:
Damit Kinder weniger zu leiden haben, sollte man aus dem gewichtigen Werk (Großformat 21 x 27,5 cm;
1,375 kg) die Einleitung und ein Konzentrat des Hauptteils zusammenfassen und in einer Internet-Broschüre
denen zugänglich machen, die es angeht. Norbert Ohler

Ulrich Zasius: „Geschichtbuch" der Stadt Freiburg im Breisgau. Eine Sammlung exemplarischer Einzelfälle
zur städtischen Politik, Rechts- und Verwaltungspraxis im Spätmittelalter, hg. von Hans Schadek,
Bd. 2: Biographien, von Rosemarie Merkel und Hans Schadek (Veröffentlichungen aus dem Archiv der
Stadt Freiburg im Breisgau 40/2), Stadtarchiv Freiburg, Freiburg 2015, 504 S., 25 Abb.

Vor drei Jahren legte Hans Schadek eines der wertvollsten Zeugnisse zur spätmittelalterlichen Stadtgeschichte
Freiburgs in einer kritischen Edition vor: Das „Geschichtbuch" der Stadt Freiburg im Breisgau.
Dessen Autor war kein Geringerer als der damalige Stadtschreiber und spätere Professor des Zivilrechts
Ulrich Zasius. Ihm verdankte die Stadt auch eine Neufassung ihres Rechtes. Während der kurzen Zeit
seines Schreiberamtes suchte er der Verwaltung eine neue Struktur zu geben und führte neben den bereits
bestehenden Buchserien neue Reihen ein, darunter auch das buch der stat geschickten oder der stat
geschiht. Er wollte damit ein Instrumentarium schaffen, mit dem künftige städtische Politik und Rechtsvertretung
effektiver gestaltet werden konnte. Die Aufzeichnung der hendel, so der stat begegnen, sollte
zuo einer ewigen gedachtnus dienen, das man sich hienach wisse darnach zu richten. Erwartungsgemäß
bietet der Text viele Namen von Personen, die darin verwickelt waren. Ihre Zahl war so groß, dass sie den
Anmerkungsapparat der neuen Edition schlichtweg gesprengt hätte. Er ist ohnehin mit fast 1.100 Anmerkungen
schon stattlich genug geworden.

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