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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2017/0035
Das „Große Sterben" am Kaiserstuhl

Eine Bestandsaufnahme

Von

Konrad M. Müller

Die Pestgeschichte des Breisgaues1 soll mit diesem Beitrag über den Kaiserstuhl nach Westen
erweitert werden. Erste aussagefähige Quellen zum Vorkommen der Pest im Abendland stehen
ab der Mitte des 14. Jahrhunderts zur Verfügung. Die aus der Antike im römischen Reich
belegten verheerenden Pestwellen können bislang am Oberrhein nicht nachgewiesen werden,
sodass es Spekulation bleibt, ob auch die hiesige provinzialrömische Bevölkerung von der
Krankheit dezimiert wurde. Zweifelsfrei grassierte am Kaiserstuhl die Seuche in den Jahren
1473, 1477, 1480, 1492, 1501, 1518, 1519, 1526, 1532, 1564, 1575, 1583, 1586, 1594, 1610, 1611
und 1633. Jeder der Kaiserstühler Orte kann in einem der Jahre davon betroffen gewesen sein.
Was aber für (fast) alle diese Gemeinden gilt, ist, dass in den Pfarrkirchen und Kapellen ein
„Pestheiliger"2 verehrt wird.

Breisach

Anhand von Quellen, einem Augenzeugenbericht, einer Sage und archäologischen Funden lassen
sich Aussagen über die Pest in Breisach machen.

Als sich in der Mitte des 14. Jahrhunderts die Kunde von angeblichen Brunnenvergiftungen
durch Juden verbreitete, wurden bald auch die Mitglieder der großen jüdischen Gemeinde in
Breisach diesbezüglich beschuldigt und angeklagt.3 Meiger Nase aus Freiburg soll demnach vier
Breisacher Juden (Uele Smeriandes, Juedeli, Schoebeli und Vivelmann) beraten haben. Dem
unter der Folter erpressten Geständnis des Juden Salman zufolge soll das Gift für 20 Gulden in
Villingen besorgt worden sein und Meiger Nase wäre dabei gewesen, als das Gift in die Brunnen
gelegt wurde. Die Juden hätten die Zeitumstände nutzen wollen, um sich in den Besitz der
Oberstadt zu bringen. In den Freiburger Protokollen wird statt Meiger Nase der Jude Jeckli Joliep
beschuldigt, von einem Straßburger Juden namens Swendewin das Gift für 20 Gulden erhalten
zu haben. Auch zwei Basler Juden (Koeppeli und Anscheli) sollen als Rädelsführer mitgewirkt
haben. Durch diese „Geständnisse" bestärkt, wurden die Breisacher Juden zum Tode verurteilt
und nach dem 23. Januar 1349 verbrannt. An welchem Platz hierfür der Scheiterhaufen errichtet
wurde, ist bislang nicht eindeutig zu beantworten. Die Überlieferung nennt einerseits einen Ort
namens „Judenloch". Andererseits lokalisiert der Breisacher Präbendar Protas Landolin Gsell

Siehe Konrad M. Müller: Das „große Sterben" im Freiburger Umland, in: Schau-ins-Land 129 (2010),
S. 77-109.

Konrad M. Müller: Die Pest. Pestheilige, Pestkapellen, Pestsäulen. Von himmlischer Hilfe in irdischer
Not, Wallerstein 2015.

Michael Longerich: Judenverfolgungen in Baden im 14. Jahrhundert. Am Beispiel Breisachs, Endingen,
Freiburg und Waldkirch, in: s Eige zeige 4 (1990), S. 33-46; Hans David Blum: Juden in Breisach. Von
den Anfängen bis zur Schoäh 12.-19. Jahrhundert, Bd. 1, Konstanz 1998, S. 16; Günter Boll: Die erste
jüdische Gemeinde in Breisach am Rhein, in: Schau-ins-Land 119 (2000), S. 55-60.

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