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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2017/0152
Resümee und Ausblick

Wie unsere Durchsicht der eingangs referierten Auswanderungsakten gezeigt hat, lässt sich
Klemens Seiinger, der mutmaßliche Vater des US-amerikanischen Malers Jean Paul Seiinger,
einer Gruppe von Migranten zuordnen, die im Jahr 1832 ihre südbadische Heimatgemeinde
Merdingen in Richtung Nordamerika wohl für immer verließ. Die Familie des Künstlers - ihre
genaue Zusammensetzung wäre im Rahmen weiterreichender Recherchen näher zu bestimmen
- ließ sich zu einem bislang nicht präzise feststellbaren Zeitpunkt in Boston nieder, wo sie
über einen längeren Zeitraum hinweg durch mehrere Angehörige in der damals florierenden
Wirtschaftsbranche der Klavierproduktion vertreten war. Jean Paul Seiinger nimmt - soweit
erkennbar - innerhalb seiner Familie als Kunstmaler eine besonders prominente Stellung ein,
wobei die Anfangsgründe seines Wirkens wohl wiederum im Bereich des Instrumentenbaus
anzusiedeln sein dürften. Allerspätestens bei den Vertretern seiner Generation - also bei
den „Secondos" - scheinen die ursprünglich wohl noch relativ lebendigen Erinnerungen an
die badischen Wurzeln zunehmend verblasst zu sein. In seinen mittleren Jahren unternahm
Jean Paul mittels einer wohl anfangs in brieflicher Form erfolgten Kontaktaufnahme mit einem
vermeintlichen Verwandten, der ebenfalls aus dem Badischen, jedoch nicht aus dem
Freiburger Raum, sondern aus der Umgebung der Stadt Oberkirch stammte, einen Versuch,
näheren Aufschluss über die Provenienz seiner unmittelbaren Vorfahren zu erlangen, ein
Unterfangen, das sehr wahrscheinlich an der „gestörten" (lediglich mündlichen?) Weitergabe
der Herkunftsbezeichnung {Maidingen statt Merdingen) alsbald gescheitert sein dürfte, während
sein Korrespondenzpartner hingegen über relativ genaue und differenzierte Informationen
zur eigenen Familiengeschichte verfügt haben muss. Vor dem Hintergrund der überlieferten
Lebenszeugnisse ergeben sich nun eine Reihe von Forschungsdesideraten, die weniger Joseph
Seiinger als vielmehr die Persönlichkeit und das Umfeld seines vermeintlichen „cousins"
Jean Paul Seiinger betreffen. Die in Washington archivierten Teile der Privatkorrespondenz
des Künstlers, die nicht nur Briefe Josephs an Jean Paul, sondern auch eine Vielzahl von
häufig in sehr persönlichem Ton gehaltener Schreiben an Seiingers Nichte Marie (Abb. 10)
umfassen, gewähren mancherorts weiterreichende familiengeschichtliche Einblicke, die im
Prinzip einer umfassenden und detaillierten Analyse und Interpretation bedürfen. Die verhältnismäßig
langen und teilweise wohl sehr beschaulichen Sommeraufenthalte in den White
Mountains boten dem Maler offensichtlich wiederholt Gelegenheit, seiner ihm nahe stehenden
Verwandten ausführliche Briefe zu schreiben, in denen er nicht nur auf prominente Hotelgäste
zu sprechen kam,92 sondern auch Bemerkungen zum gemeinsamen familiären Umfeld

(jew. o. P.)] aufgeführt wird. Die Jahresangabe „1963" bei Brommer (s.o.) S. 78, Anm. 3, ist falsch, und
der bei Brommer (s.o.), S. 59, nicht berücksichtigte Posten Nr. 5 bezieht sich auf einen Juchart Reben und
Ackerland außerhalb des Dorfes auf den hewißen stich).

So findet sich - um nur ein interessantes Beispiel ins Feld zu führen - in einem am 23.7.1907 in „Craw-
ford House", New Hampshire, abgefassten vierseitigen Brief Jean Paul Seiingers an Marie (Smithsonian
Archives [wie Anm. 4]) eine längere Textpassage mit Hinweisen zum illustren Schauspielerehepaar (seit
1894!) John Craig (1868-1932) und Mary Young (1879-1971), das offensichtlich abends zuvor mit dem
Auto angereist war, sodann einige Stunden zusammen mit den Seiingers verbracht hatte und am Morgen
des 23.7. das Studio der beiden Künstler durch einen Besuch beehrte, bevor es dann in Richtung Bethlehem
(Grafton County, New Hampshire) weiterreiste. Dass Jean Paul Seiinger über nähere Kenntnisse
zum beruflichen Wirken seiner beiden Bekannten verfügte, zeigt unter anderem der im gleichen Brief
platzierte Hinweis auf deren Rolle als the leading actors of the Castle 5g[uare] Theatre, das sich in
Seiingers Heimatstadt Boston (South End, Ecke Arlington und Tremont Street) lokalisieren lässt. Hierzu
siehe neuerdings wieder Hope J. Shannon: Legendary Locals of Boston's South End Massachusetts,

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