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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2017/0159
Von der Alpenbegeisterung zeugen beispielsweise die Gründung eines eigenen „Alpine
Club" der Briten in London 1857, der sich die Eroberung der letzten noch unbestiegenen Gipfeln
in der Schweiz zum Ziel setzte, und - nicht zu vergessen - der Tod von Conan Doyles Romanfigur
„Sherlock Holmes" in den Reichenbach-Wasserfällen bei Meiringen in der Schweiz. Gleichzeitig
sprach sich auch die Schönheit des malerischen Mittelrheintals bei den Inselbewohnern herum.
In den 20er-Jahren des 19. Jahrhunderts sollen Briten jährlich zu Tausenden ins Rheinland ge-
tourt sein. Dichter und Maler der Romantik trugen zur Verbreitung von Bildern dieser vermeintlichen
Ideallandschaft bei. So stellte zum Beispiel Lord Byron das Rheintal in seinem Gedicht
„Castled Crag of Drachenfels" als Seelenlandschaft der Träume dar und William Turner, der
1817 seine erste Rheinreise machte, malte den Loreley-Felsen. 1832 erschien in England eine
ganze Druckgraphikserie unter dem Titel „68 Views of the Rhine". Die Briten hatten also durchaus
beträchtlichen Anteil an der Entwicklung des modernen Rheintourismus. Als 2014/2015 im
Siebengebirgsmuseum von Königswinter eine Ausstellung darüber stattfand, wurde mit deren
Titel „Sind Briten hier?" auf Goethes Faust (11,2) Bezug genommen, wo Mephisto räsoniert
mit den Worten: „Sie reisen sonst soviel, Schlachtfeldern nachspüren, Wasserfällen, gestürzten
Mauern, klassisch dumpfen Stellen. Das wär hier für sie ein würdig Ziel."

Freiburg lag sozusagen an der Strecke zwischen Mittelrheintal und Alpenwelt, mit dem
schönen Schwarzwald im Rücken und Thermalquellen, deren Heilkraft gerühmt wurde, nahebei
. Die Breisgaumetropole war durchaus ein eigenständiges Reiseziel und ihre Entwicklung zur
Verwaltungs-, Universitäts- und Fremdenverkehrs Stadt mit ansprechenden kulturellem Angebot
machte sie ebenso wie ihr mildes, den diesbezüglich Kummer gewohnten Briten wohl fast
schon mediterran anmutendes Klima zu einem reizvollen Aufenthaltsort - vorübergehend oder
auch dauerhaft. Heinrich Schreiber hat sich in seinem 1825 erschienenen Büchlein „Freiburg
im Breisgau mit seinen Umgebungen" auch über die Attraktivität seiner Stadt für Fremde ausgelassen
. So schrieb er: „Theils die immer mehr bekannt werdenden lieblichen Umgebungen
von Freiburg und der köstliche Naturgenuß, theils die gesellschaftlichen Vergnügungen jeder
Art, verbunden mit einer Wohlfeilheit der Lebensmittel, haben von jeher viele Fremde in der
Hauptstadt des Breisgaus versammelt. Man kann annehmen, daß sich ihre Zahl gegenwärtig
über dritthalbhundert Familien beläuft, wovon manche schon längere Zeit hier verweilen [...].
Mit geringer Vorsicht entgeht man den Einflüssen des Klimas, das hier, trotz der häufigen
Temperaturänderung, nichts weniger als ungesund, vielmehr von heilsamer Wirkung ist. Man
hat Beispiele genug von Fremden, welche mit zerrüttetem Körper nach Freiburg kamen, und
bewundernswert schnelle Fortschritte zu ihrer Herstellung machten."12

Natürlich waren diese Fremden nicht alle Briten, aber die waren zahlreich darunter, wie
wir noch sehen werden. Die Gesamtzahl der Mitglieder der „Englischen Colonie" in Freiburg
zu bestimmen, ist freilich schwer. Erst zum Jahrhundertende hin kann man etwas klarer sehen
. Eine Statistik gibt es zwar nicht, aber einen Anhaltspunkt mag die Auflagenhöhe des
„Parish Register" („Nachrichtenblatt der Gemeinde") der anglikanischen Kirchengemeinde von
1898 geben.13 Danach dürften die Anglikaner etwa 200 Gottesdienstteilnehmer gehabt haben.
Leider präsentiert auch eine Werbeanzeige der Stadt Freiburg im „Freiburger Fremdenblatt und
Vergnügungsanzeiger" von 1890 keine genaue Zahl, aber immerhin werden die Briten ausdrücklich
genannt, wenn es dort heißt: „Seit einem Decennium haben sich gegen 1000 Familien aus
Norddeutschland, England, Frankreich, Amerika etc. hier niedergelassen und ihre Villegiaturen

Heinrich Schreiber: Freiburg im Breisgau mit seinen Umgebungen. Geschichte und Beschreibung, Freiburg
1825, S. 171f.

Schniewind (wie Anm. 1), S. 107.

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