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Buchb e spr e chungen

Landes- und regionalgeschichtliche Literatur

„Armer Konrad" und Tübinger Vertrag im interregionalen Vergleich. Fürst, Funktionseliten und „Gemeiner
Mann" am Beginn der Neuzeit, hg. von Sigrid Hirbodian, Robert Kretzschmar und Anton Schind-
ling (Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg: Reihe
B, Forschungen 206), W. Kohlhammer Verlag, Stuttgart 2016, 382 S., 10 Färb- und 17 S/W-Abb.

„Im Blick auf die Reformation sind wir leicht geneigt, uns über die Unterdrücker zu erheben und uns auf
die Seite der Unterdrückten zu stellen, auch wenn diese manche Maßnahmen geduldig ertrugen, die wir
aus dem heutigem Blickwinkel als brutal verurteilen würden": So formulierte im Jahre 2003 der britische
Historiker Diarmaid MacCulloch die gegenwärtige Einstellung gegenüber den volksaufständischen Bewegungen
, die ganz Europa während der Reformationszeit durchzogen. Auf eine Neuausrichtung dieser
verallgemeinerten geschichtlichen Rezeption zielt der Sammelband, der anlässlich des 500. Jahrestages
des sogenannter „Tübinger Vertrages" von 8. Juli 1514 erschienen ist.

Wie aus der Einführung (S. 1-6) zu entnehmen ist, bietet die Miszelle einen europaweiten Bezugsrahmen
für die städtisch-bäuerlichen Unruhen des 16. Jahrhunderts am Beispiel des niedergeschlagenen
Untertanenaufstandes des Beutelsbachers Peter Gaiß (1514). Die Hauptschwerpunkte liegen also auf der
Verknüpfung des „Falls Württemberg" mit anderen Vergleichslandschaften wie England, Skandinavien
oder Ungarn, auf der Analyse der vorreformatorischen Agrarunruhen in Europa am Anfang der Neuzeit
(erste Hälfte des 16. Jahrhunderts) und den Konfliktlösungsstrategien zwischen den verschiedenen
Machtgruppen im württembergischen Handlungsraum (S. 7-11).

Die Aufsätze des Sammelbandes sind in zwei Teile gegliedert: Der erste Abschnitt (S. 15-235) ist
auf den „Gemeinen Mann", auch als „Armer Konrad" in den Quellen bezeichnet, fokussiert. Der erste
Aufsatz von Peter Blickle (S. 15-32) gilt als Einführung für eine Vergleichs Studie der Volksaufstände auf
europäischer Ebene in einem Zeitbogen von der „Sizilianischen Vesper" 1282 bis zum Bauernkrieg im
süddeutschen Sprachraum 1525. Robert Kretzschmar und Peter Rückert (S. 33-62) fassen in acht Thesen
das vielseitige politische Ereignis des „Armen Konrad" zusammen. Vier Berichten des Markgrönin-
ger Vogts Philipp Volland an Herzog Ulrich von Württemberg aus dem Jahre 1514, die das Bemühen
Vollands bezeugen, den Aufstand in der Amtsstadt Grüningen (heute Markgröningen) nicht eskalieren
zu lassen, ist die Studie von Robert Kretzschmar gewidmet (S. 63-96). Klaus H. Lauterbach stellt in
seinem reich dokumentierten Beitrag (S. 97-132) die Verbindung zwischen Herkunftsort und Obrigkeit
anhand der Bundschuhverschwörungen im elsässischen Gebiet von 1493 bis 1517 dar. France M. Dolinar
untersucht darauf folgend den Verlauf der gescheiterten Bauernaufstände im innerösterreichischen Raum
mit besonderer Aufmerksamkeit auf der Steiermark (S. 133-147). Die ungarische Historikerin Märta Fata
deutet die Hinrichtung des Ritters György Szekely Dözsa am 20. Juli 1514 als Spiegelbild der Aufstände
gegen den etablierten Adel (S. 149-190). Ursachen und Folgen von Erhebungen des „Gemeinen Mannes"
zwischen 1434 und 1543 im Königreich Schweden bilden den Kernpunkt im Beitrag von Werner Buchholz
(S. 191-235). Bemerkenswert ist der beigefügte Quellenanhang (S. 230-235), der einen offenen Brief
(1434) auf Schwedisch an den norwegischen Reichsrat enthält sowie einen auf Niederdeutsch verfasstes
Schreiben an die Fürsten und Städte des Ostseeraumes. Eine , Schar nierfunktion' in der Gesamtgestaltung
des Bandes gewinnt der Beitrag von Andreas Schmauder (S. 239-252), der dem Leser mittels einer
genauen historischen Kontextualisierung eine detaillierte Analyse des „Tübinger Vertrags" bietet.

Der zweite Abschnitt (S. 255-372) analysiert die Rolle der sogenannten „Funktionseliten" zwischen
„Gemeinem Mann" und Fürst. Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Konflikte zwischen fürstlichen
Amtsträgern und „Gemeinem Mann" am Anfang des 16. Jahrhunderts in Bayern, Hessen, Sachsen und
Württemberg bilden den Kernpunkt der Darstellung von Christian Hesse (S. 255-275). Andre Holenstein
nimmt die Aufstände in Bern, Luzern und Solothurn in den Blick, die parallel zur „Tübinger Revolte"
von 1514 verliefen (S. 277-290). Anhand von Quellenbeständen wie einer Tübinger Reimchronik von

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